Das Interview im Podcast:
Herr Schuster, Sie waren Mitbegründer des Jungen Freundeskreises der Kulturstiftung der Länder. Warum sind Sie damals nicht Mitglied im schon existierenden Freundeskreis geworden?
Schuster: Ich bin mit dem „alten Freundeskreis“ aufgewachsen. Wir haben damals als Gruppe von noch unter 30-jährigen gesagt, es wäre schön, einen jungen Freundeskreis zu gründen, der dieses Konzept, das Fördern und das Bewahren von Kunst und Kultur in Deutschland, einer jüngeren Zielgruppe vermittelt. Ich glaube, dass wenn man Kulturförderung betreibt, jede Generation auch ihren eigenen Schwerpunkt setzen muss. Besonders wertvoll ist eben die Erfahrung und die Expertise auf der einen Seite unseres Freundeskreises, verbunden mit vielen innovativen und kreativen Ideen der Jungen Freunde. Und daraus entsteht ein gutes Gesamtbild, wie Kulturförderung aussehen kann.
Frau Scheller, Sie sind ja vergleichsweise erst seit kurzer Zeit dabei. Gab es bei Ihnen einen Anknüpfungspunkt?
Scheller: Ich habe im Rahmen meines juristischen Referendariats meine Wahlstation bei der Kulturstiftung der Länder absolviert und dabei einen vielfältigen Eindruck von der Kulturstiftung der Länder erhalten und so auch den Jungen Freundeskreis kennengelernt.
Es heißt, dass heutzutage gerade jüngere Menschen sich weniger gerne institutionell engagieren, sondern lieber projektorientiert arbeiten für eine absehbare Zeit. Wie sehen Sie das?
Schuster: Projekte sind gut und wichtig, aber sie haben eben nicht diese kontinuierliche Wirkung und Funktion. Wenn es solche Institutionen wie die Kulturstiftung der Länder gibt, ist es, glaube ich, ganz wichtig, dass es dann auch ein ehrenamtliches bürgerschaftliches Engagement gibt, das sich langfristig für die Kultur in Deutschland einsetzt.
Scheller: Es ist ja gerade unser Anliegen, im Jungen Freundeskreis die junge Generation für die Arbeit und die Ziele der Kulturstiftung der Länder zu begeistern, damit sie sich langfristig für deren Inhalte und Projekte einsetzt. Dadurch soll auch die Zukunft des bestehenden Freundeskreises der Kulturstiftung gesichert werden.
Was sind denn Ihre Aufgaben als Vereinsvorstand?
Schuster: Wir haben natürlich regelmäßig gemeinsame Vorstandssitzungen. Das ist immer sehr spannend, weil das auch einen guten Einblick in die Arbeit der Kulturstiftung der Länder und die avisierten Förderprojekte gibt, die der Freundeskreis auch außerhalb des Jungen Freundeskreises plant und umsetzt. Besonders gefallen mir die Diskussionen und Debatten, wenn es darum geht, was gefördert und was nicht gefördert werden soll.
Scheller: Das umfasst natürlich die Arbeit nach innen und nach außen: Öffentlichkeitsarbeit, die Leitung von Arbeitskreisen, unsere Wirkung nach außen durch Medienpräsenz, auch durch Instagram-Präsenz, und daneben auch die Arbeit im Dachverband der Kulturfördervereine in Deutschland, kurz DAKU. Dort bin ich im Jungen Think-Tank als Sprecherin des Jungen Freundeskreises tätig. Und dabei ist uns als Jungem Freundeskreis natürlich wichtig, dass wir Netzwerke bilden mit anderen jungen Kulturfördervereinen, uns austauschen und Erfahrungen an andere Engagierte weitergeben.
Ein solches Netzwerk sind die Macher des Formats „Couchkultur“. Da haben Sie gerade vor wenigen Wochen die bei der Kulturstiftung der Länder angesiedelte Kontaktstelle für Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten vorgestellt.
Scheller: Der Junge Freundeskreis hat sich dabei mit anderen jungen Berliner Kulturvereinen zusammengetan, um gemeinsam eine digitale Vortragsreihe zu organisieren. Und in diesem Rahmen haben wir uns natürlich gefreut, einen Bereich der Kulturstiftung der Länder vorzustellen. Professor Markus Hilgert und María Leonor Pérez, die Koordinatorin der Kontaktstelle für Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten in Deutschland haben in das Thema des Umgangs mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten in Deutschland eingeführt. Gerade in diesen Diskursen, die für unsere Gesellschaft und Kultur so relevant sind, wollen wir uns als Junger Freundeskreis auch bewegen, also unseren Mitgliedern die Möglichkeit geben, ein Gespür für aktuelle Themen im Kunst- und Kulturbereich zu entwickeln.
Kommen wir mal auf die Projekte zu sprechen, die der Junge Freundeskreis durchführt: Sie vergeben Reisestipendien zur Kunstmesse Art Basel.
Schuster: Gerade wenn man so wichtige internationale Plattformen hat wie Kunstmessen, geht es ja dort nicht nur um den Markt, um Kaufen und Verkaufen von Kunst, sondern es ist letztendlich ja auch eine der Hauptdiskursplattformen über Kunst. Und deswegen haben wir gesagt, wir wollen diese Reisestipendien für Volontäre ausschreiben, die ihre ersten Ausstellungsprojekte oder Forschungsprojekte im kunsthistorischen Bereich realisieren, und mit denen gemeinsam auf die Art Basel fahren und ihnen dort die Möglichkeit geben, sich quasi mit den Großen ihrer Branche zu treffen, also mit Museumsdirektoren, mit den großen Stars der internationalen Kuratorenszene, mit den Kunsthändlern, mit den Experten und den Galeristen.
Scheller: Dort bekommen immer fünf Volontärinnen und Volontäre die Möglichkeit, von Experten fachkundig über die Art Basel geführt zu werden. Das ist natürlich auch für unsere Mitglieder im Jungen Freundeskreis unfassbar spannend, einmal den Bezug zu dem kunsthistorischen Nachwuchs und die Diskussionsmöglichkeiten zu erhalten, aber auch Fragestellungen zu Kunstmarkt und Museen auch kontrovers zu diskutieren.
Darüber hinaus vergibt der Junge Freundeskreis einen Volontärspreis.
Schuster: Ja genau: den Y. Stellvertretend für die Generation Y, das ist unsere Generation, die wir auch ansprechen wollen. Aber ehrlich gesagt, der Name kam uns in einem ganz anderen Zusammenhang: Die Jungen Freundeskreismitglieder Johanna und Friedrich Gräfling haben einen kleinen Dackel namens „Y“, der ist nun quasi Maskottchen unseres Preises.
Scheller: Volontärinnen und Volontäre sind dabei aufgerufen, ihre Ideen für eigene Projekte vorzustellen, die über ihre Arbeit im täglichen Museumsalltag hinausgehen und das sie gern umsetzen möchten. Und eine Jury, die sich aus Mitgliedern des Jungen Freundeskreises zusammensetzt, wählt dann aus diesen zahlreichen Bewerbern für den Preis Y ein Gewinnerteam.
Gibt es eigentlich eine Vernetzung zwischen dem Jungen und dem „älteren“ Freundeskreis?
Scheller: Ja, es soll ja gerade ein Austausch von Generationen stattfinden. Deswegen nimmt auch der Junge Freundeskreis an Veranstaltungen des Freundeskreises teil, damit die Einheit des Freundeskreises insgesamt gefördert wird. Und dieser Austausch findet sich beispielsweise bei der jährlichen Mitgliederversammlung des Freundeskreises. Ich habe bei diesem Generationendialog immer besonders geschätzt, dass man bei den Mitgliederversammlungen gemeinsam Ausstellungen besucht und andere Perspektiven kennenlernt. Und denke jetzt gerade an einen Besuch des Humboldtforums im letzten Jahr zurück, in dem ich mich ganz spannend zum Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten mit dem Freundeskreis unterhalten habe und in diesem Rahmen dann auch Ansichten ausgetauscht habe.
Schuster: Und der Begriff Freundeskreis ist ja kein Euphemismus, sondern es sind ja wirklich Freunde, die da zusammenkommen. Und das Schöne ist eben, dass man seit vielen Jahren eine gemeinsame Leidenschaft teilt. Der generationenübergreifende Austausch über Kunst und Kultur ist ein großer Mehrwert für uns alle.
Wie nah sind Sie eigentlich dran an dem, was die Kulturstiftung der Länder so tut?
Schuster: Für die Mitglieder ist sicher „Arsprototo“, die Zeitschrift der Kulturstiftung der Länder, neben den digitalen Angeboten, das Schaufenster der Stiftung. Für mich persönlich ist der Austausch mit dem Generalsekretär in den Vorstandssitzungen des Freundeskreises immer eine Bereicherung, um einen Einblick in die aktuelle Arbeit der Stiftung zu bekommen.
Wenn Sie jetzt mal Werbung machen dürften, womit würden Sie an dieser Stelle junge Menschen zu überzeugen suchen, Mitglied im Jungen Freundeskreis zu werden?
Scheller: Wir schaffen eine Plattform für einen Austausch und es ist uns dabei vor allem wichtig, junge Menschen zu motivieren, sich für den Erhalt von Kulturgütern zu engagieren, ein Bewusstsein unserer jungen Mitglieder zu schaffen für die Kulturlandschaft in Deutschland, aber auch für die Bedeutung unseres nationalen Kulturerbes und dessen langfristiger Förderung.
Schuster: Kultur braucht einen prominenten Platz in der Mitte der Gesellschaft und lebt vom Austausch und vom Diskurs. Beides können wir im JFK anbieten. Gerade in Zeiten, wo wir viel Polarisierung erleben, sind Kunst und Kultur auch immer ganz wichtige Brückenbauer. Wir leisten einen Beitrag, den Standpunkt von Kultur und Kunst in unserer Gesellschaft zu stärken und für die junge Generation einfache und unkomplizierte Zugänge zu schaffen. Das eröffnet nicht nur persönlich neue Horizonte, sondern verdeutlicht, dass Kultur ein wichtiger Eckpfeiler einer starken Demokratie im 21. Jahrhundert sein muss.
Vielen Dank für das Gespräch!