Altarbild mit drei geschnitzen Personen
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Heilige in Not

Das Stadt- und Bergbaumuseum Freiberg möchte ein herausragendes Werk spätgotischer Sakralkunst restaurieren / Karl Klemm

Mit Hochdruck arbeitet das Museum seit 2018 an der Konzeption und Realisierung seiner neuen Dauerausstellung. Besonders berücksichtigt wird dabei die bedeutende Sammlung von Sakralkunst, zu deren Höhepunkten weit mehr Kostbarkeiten als ein „Christus in der Rast“ von Peter Breuer (1472–1541) gehören – so der hier vorgestellte restaurierungsbedürftige Mittelschrein eines spätgotischen Altarretabels. Der umfassende Sammlungsbestand ist nahezu ausschließlich bürgerschaftlichem Engagement zu verdanken: Zwischen 1861 und ca. 1910 trug ihn der damalige Träger des Museums, der Freiberger Altertumsverein, zusammen. Der Sakralkunstbestand zeichnet sich vor allem durch spätgotische Werke aus Obersachsen aus und veranschaulicht zugleich die überregionale Bedeutung der Freiberger Kunstwerkstätten im 15. und frühen 16. Jahrhundert. In seiner Gesamtheit zählt er zu den bedeutendsten Beständen dieser Art im Freistaat Sachsen.

Das Altarretabel aus der Kirche Dorfschellenberg bei Augustusburg ist ein herausragendes Sakralkunstobjekt. Aufgrund seines Erhaltungszustands kann es jedoch seit Jahrzehnten nicht mehr öffentlich gezeigt werden. Die kunstvolle Schnitzarbeit gehört zu den qualitativ hochwertigsten spätmittelalterlichen Altaraufsätzen, die sich aus Freiberger Werkstätten erhalten haben. Um das Jahr 1505 entstanden, ist der Aufsatz zwischen 1903 und 1906 in die Sammlung aufgenommen worden. Von dem ursprünglich einfach wandelbaren Retabel ist neben einer Gesprengefigur nur der Mittelschrein (170 × 115 × 19 cm) mit drei Heiligenfiguren erhalten geblieben. Im Zentrum steht Maria auf der Mondsichel als Himmelskönigin mit Krone und Strahlenkranz, auf dem Arm hält sie den Jesusknaben. Sie ist umgeben vom Apostel Andreas mit dem Kreuz zu ihrer Rechten und einem heiligen Diakon zu ihrer Linken. Es handelt sich wohl um den heiligen Erz-diakon und Märtyrer Laurentius, der in seiner heute fehlenden linken Hand einst sein Attribut, einen Rost, hielt. Besonders in der feinen Modellierung von Gesichtern und Händen folgen die Skulpturen dem Duktus einiger Apostelfiguren aus dem benachbarten Freiberger Dom St. Marien. Hervorzuheben ist außerdem das geschnittene und vergoldete Brokatmuster aus stilisierten Granatapfelblüten am Schreinhintergrund und den Innenflächen der seitlichen Rahmenbretter.

Die in unterschiedlichen Graden erhaltene originale Fassung ist ernstlich gefährdet, da sie in vielen Bereichen bereits die Haftung zum Bildträger verloren hat. Sie wird hauptsächlich von den Resten eines im Zuge früherer Restaurierungsmaßnahmen aufgetragenen Wachs-(Harz-)Überzuges an ihrer Position gehalten. Diese fast vollflächig aufgetragene, dicke und stark vergilbte Schicht bindet oberflächlich Stäube, weist zum Teil deutliche Laufspuren auf und beeinträchtigt die ursprüngliche Farbwirkung erheblich, weshalb sie abgenommen werden muss. In mehreren Durchgängen müssen folgend umfangreiche Festigungen gelockerter Fassungsbereiche vorgenommen, Hohllagen unter Kaschierungen gesichert, verfüllt und geklebt sowie Kittungen reprofiliert werden.

Vor Beginn der eigentlichen Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen ist zunächst eine fachgerechte Entfernung der kristallinen Oberflächenbelege notwendig, die durch das zu DDR-Zeiten eingebrachte flüssige Holzschutzmittel gebildet wurden. Aufgrund seines DDT-Gehaltes (Dichlordiphenyltrichlorethan) ist es hochgradig gesundheitsgefährdend und erfordert entsprechende Schutzmaßnahmen während der Bearbeitung. Nach der Oberflächenreinigung und dem Abschluss aller Konservierungsmaßnahmen wird das gesamtästhetische Erscheinungsbild so weit harmonisiert, dass das Objekt für Museumsgäste wieder in seiner Schönheit erfahrbar wird.

Liebe Leserinnen und Leser von Arsprototo, wir bitten Sie herzlich um Ihre Unterstützung, damit dieses einzigartige Zeugnis der spätgotischen Bildhauerkunst nach vielen Jahrzehnten in der neuen Dauerausstellung des Freiberger Stadt- und Bergbaumuseums wieder der Öffentlichkeit präsentiert und langfristig erhalten werden kann!

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