Geschlossen gesammelt
Das 20. Jahrhundert sorgte mit seinen politischen und wirtschaftlichen Umwälzungen nicht zuletzt für eine Dezimierung der in Jahrhunderten aufgebauten Sammlungen ehemals regierender und adliger Häuser. Verkäufe waren die Konsequenz der ökonomischen Folgen des Endes der Monarchie nach 1918; nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden für viele Adelssammlungen in Ost- und Mitteldeutschland Verluste durch den Transfer von Kulturgütern in die damalige UdSSR – die sogenannte Beutekunst, die nicht nur museale Sammlungen betraf – sowie durch private Mitnahmen. Hinzu kamen die Enteignungen im Zuge der sogenannten Bodenreform, die als „Schlossbergungen“ Bestandteil von Museen oder zu öffentlichen Einrichtungen umgewidmeten ehemaligen privaten Residenzen wurden. Die Vereinigung beider deutscher Staaten ermöglichte nach 1990 die Restitution dieser unrechtmäßig enteigneten Bestände auf Basis des Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes (EALG); vieles verblieb im Rahmen einer Nießbrauchsregelung den Museen zunächst erhalten (vgl. Arsprototo 1-2016). Auch die drei hier vorgestellten Adelssammlungen konnten am Ende der Nießbrauchsfrist im November 2014 nach ihrer Restitution angekauft werden, so wie die Kunstwerke und Kulturgüter in Schloss Hinterglauchau und Schloss Kochberg, oder durch gütliche Einigungen mit den Erben der Eigentümer erworben werden, wie in Schloss Burgk. Für Arsprototo haben sich Robert v. Lucius und Robert Eberhardt dort umgesehen und berichten über die große regional- wie kulturhistorische Wirkung, welche die Objekte nun dauerhaft an authentischen Orten entfalten. (Anm. d. Red.)
Die Kleinstaaten im frühneuzeitlichen Deutschland wurden oft als Duodez-Fürstentümer verspottet. Dennoch haben einige – Anhalt oder Sachsen-Weimar-Eisenach etwa – das deutsche Geistesleben in hohem Maße bereichert. Die Residenzen Weimar und Dessau sind, nicht nur dank Goethe oder dem Bauhaus, beliebte Ziele von Besuchern. Weniger bekannt sind die schönburgischen Lande und die Stadt Glauchau, obwohl die Gegend auch dank der Textilindustrie zu den am dichtesten besiedelten Gebieten in Sachsen – 1837 lebten dort immerhin 743.000 Menschen – zählte.
Glauchau, auf sieben Hügeln im Erzgebirgsvorland gelegen, kann auf eine patriotische Gesinnung bauen: Wer in der Bahnhofsbuchhandlung sucht, findet gleich acht Bildbände mit alten Postkartenmotiven von Glauchau – mehr als zu Dresden, Chemnitz oder Weimar. Die Grafen von Schönburg-Glauchau – wie die beiden fürstlichen Zweige Schönburg-Waldenburg und Schönburg-Hartenstein – sind nach Adelsrecht den regierenden Häusern ebenbürtig, selbst wenn ihre reichsunmittelbaren Sonderrechte ab 1740 Schritt für Schritt von den sächsischen Kurfürsten übernommen wurden. Sie kamen in Sachsen, neben den Grafen zu Solms-Wildenfels, gleich hinter den Wettinern. Sichtbar wurde das bei Hoffesten: Da liefen die Schönburgs und Solms’ gleichberechtigt nebeneinander direkt hinter den königlichen Prinzen. Sie gründeten indes, dank vieler Erbteilungen, einen Hof nach dem anderen – zeitweise waren es neun. Das als Inbild für zerteilte Standesherrschaften geltende Thüringen hatte dagegen insgesamt „nur“ bis zu zwanzig Fürstentümer. Anders die Schönburger: Selbst der Marktplatz in Glauchau wurde diagonal in zwei Teile gedacht – wie ihr Schloss kontrollierte je ein Familienzweig je zwei Häuserzeilen.
Wo das Schloss der evangelischen Linie, Hinterglauchau, beginnt und jenes der katholischen Linie Forderglauchau endet – sichtbar an den Dachziegeln –, wissen nur Eingeweihte. Das spätgotische Wohnschloss in Glauchau, erbaut 1470 bis 1485, wurde an Stelle einer vor gut 800 Jahren gebauten Burg am Rande des Muldentals errichtet.
Hinterglauchau birgt heute ein städtisches Museum, mit Abteilungen zur Familiengeschichte sowie einer Kunst- und Mineraliensammlung; in Forderglauchau – erbaut 1527 bis 1534 –, das als einer der frühesten profanen Renaissancebauten Mitteldeutschlands gilt, befinden sich eine Kunstgalerie, die Kreisbibliothek, die Musikschule und ein Konzertsaal.
Dass die im ausgehenden zwölften Jahrhundert begründete Hauptresidenz Hinterglauchau mit ihrer für die Region identitätsstiftenden Sammlung bemerkenswert ist, beruht weniger auf einzelnen Prunkstücken denn auf der Geschlossenheit dieser alten Adelssammlung. Die Glauchauer versuchten, ihre politische Sonderstellung als reichsunmittelbarer Kleinstaat und innerhalb Sachsens nicht durch Militär, sondern durch Repräsentation zu wahren. Die Ahnenporträts – einige dutzend – sowie Pastelle und Miniaturen sind ungewöhnlich. Ihre Kontinuität über drei Jahrhunderte hinweg dient überregional der Familien- und Porträtforschung und der Verknüpfung der Kunst- mit der Herrschafts- und Territorialgeschichte. Fast alle haben das rot-silberne Wappen der Schönburgs in einer Ecke. Oft wandten die Maler der Familienbilder dem Familienwappen mehr Sorgfalt zu als der Person – das sollte die Ansprüche der Familie belegen. Zahlreiche barocke Kinderbildnisse, großteils vom Hofmaler Chretien Hermes Reicholdt (1744/49 –1789), fallen dem Besucher auf: Die Kinder wurden – wie im Barock üblich – in ernster Gesichtsform auf kleinen Rümpfen und in ihrer Kleidung als „erwachsen“ dargestellt, die Wirkung ist drollig.
Der Kurator des Schlossmuseums – mit seinem Gründungsjahr 1884 eines der ältesten kommunalen Museen Sachsens – kennt seit mehr als 30 Jahren jede Nische und die Geschichte jedes Gemäldes und jedes Fürsten. So bemühten er und das Museumskollegium sich mit Hilfe des Landes Sachsen, der Stadt und der Kulturstiftung der Länder um den Erwerb von Möbeln und Gemälden – ein Jahr nach Ende der Frist gelang das. Dank des umfangreichen Ankaufs spiegeln weite Teile des ausgedehnten und verwinkelten Hauses mit 30 Räumen weiterhin die Atmosphäre des Herrschaftssitzes – wären sie dem Museum verlorengegangen, hätte Hinterglauchau viel von seiner Bedeutung eingebüßt.
Einige der wichtigsten Stücke verließen das Museum: Die zwei Flügel des Callenberger Altars des Zwickauer Bildschnitzers Peter Breuer konnten im Grassi Museum in Leipzig nach über 100 Jahren wieder mit dem dazugehörigen Schrein vereint werden (vgl. Arsprototo 1-2017). Und ein paar begehrte Prunkstücke gingen an die Familie, darunter der Graßlitzer Schreibschrank aus dem Jahr 1763 mit Porträts der Schönburger Auftraggeber am Aufsatzteil und eine Empire-Wiege aus Mahagoni, die von vergoldeten Schwänen gehalten wird. Der nun erworbene Bestand umfasst eine Vielzahl von Objekten, von lombardischen Armlehnstühlen bis zur einspännigen Kalesche aus Prag mit Lederfaltdach und einem venezianischen Kronleuchter. Das älteste Möbel ist ein Fassadenschrank von 1607 mit zahlreichen Einlagen, der wie viele der Glauchauer Stücke nach 1945 aus der Residenz Wechselburg verlagert wurde.
Höhepunkte sind die Empiremöbel: Konsoltische, Bücher- und Sammlungsschränke, Stühle mit vergoldeten Greifenköpfen, eine kostbare grüngold bezogene Recamière, fast alle aus der Zeit um 1820. Graf Alban von Schönburg (1804 –1864) hatte das Ensemble von Mahagonimöbeln einst auf der Leipziger Messe erworben. Adelskultur kann so dank der Einigung in historischen Räumlichkeiten gezeigt werden – und das nicht nur im Festsaal, im spätgotischen Erker, im Korridor mit Kassettendecke, sondern in einer Vielzahl von Räumen, die mit ihrer Gestaltung und dem Mobiliar gleichsam die Kulturgeschichte in ihrer mitteldeutschen Ausprägung aneinanderreihen: Barock, Rokoko, Klassizismus, Empire, Biedermeier, Historismus.
Ebenso erleichtert ist man auf Schloss Burgk nahe Schleiz in Ostthüringen über die gütliche Einigung nach den Restitutionsverhandlungen mit der Erbengemeinschaft der Nachfahren der Fürsten Reuß ältere Linie, die seit 1596 Eigentümer der Burganlage waren. Mehr als 800 wichtige Objekte verbleiben dank des Engagements des Landkreises, des Freistaats Thüringen und der Kulturstiftung der Länder im Schloss. Dazu gehörten etwa das Porträt von Heinrich II. Reuß ältere Linie von Plauen mit der ältesten Darstellung von Schloss Burgk aus dem 17. Jahrhundert, nahezu die komplette Raumausstattung mit Tapeten, Leuchtern und Öfen, eine umfangreiche Sammlung an Rüstungen, Hellebarden, Partisanen und Speeren des 17. bis 19. Jahrhunderts, Wandgemälde mit elf Darstellungen aus Vergils „Äneide“ und die national bedeutsame Orgel von Gottfried Silbermann (1683 –1753).
Heinrich II. Reuß ältere Linie (1575 –1639) begründete 1616 die selbstständige Residenz Burgk und baute die 1403 errichtete Anlage zum Residenzschloss aus. Mit der Zentralisierung der Reuß’schen Herrschaft in Greiz diente Burgk seit 1697 als Jagd- und Sommerschloss, erfuhr aber stets modernisierende Anpassungen und weist daher eine vielgestaltige Baugeschichte auf. So wurde erst 2016, beim Öffnen einer barocken Wand, die älteste Bohlenstube des Freistaates gefunden. Die in braun, rot und schwarz gefassten Stabbohlen künden aus der ritterlichen Zeit der Burg, die ursprünglich Bastion an der Außengrenze zu den Slawen war.
Burgk ist die einzige in Gänze erhaltene mittelalterliche Randhausburg Thüringens und verlor trotz Umgestaltungen nie ihren spätmittelalterlichen Wehrcharakter. Nur neun Kilometer von der stark befahrenen Autobahn A9 von Berlin nach München entfernt, liegt sie verwunschen auf einem Felssporn aus Schiefer, der auf beiden Seiten von der Saale umflossen wird. Vorhof, Zwinger, Zisterne, die Schlossküche mit dem größten Rauchmantel Deutschlands sowie ein bereits im 18. Jahrhundert installierter mechanischer Drehgrill verleihen der Anlage samt Hellebarden, Spießen und Rüstungen eine dezent obskure Ritterromantik – wie auch der 1739 gefundene Hund, der bei Errichtung der Burg lebend als Bauopfer eingemauert wurde.
Gerade während der Nutzung als Sommersitz seit dem 18. Jahrhundert erfuhren die Innenräume herrschaftliche Umgestaltung. Ausladende Barocktüren wurden in die Wände geschlagen, Prunkräume mit Tapisserien der Berliner Manufaktur Charles Vigne, Leinwandtapeten, Kristallleuchtern und Stuckaturen gestaltet, ein Musiksalon eingerichtet. 1886 wurde zudem ein historisierend nachempfundenes barockes Prunkschlafzimmer geschaffen. Am wertvollsten ist dort eine Tapisserie aus dem 17. Jahrhundert, auf der Meleager der Atalante den Kopf des Kalydonischen Ebers übergibt. Vergleichbare Raumensembles sind nur noch selten am authentischen Ort erhalten.
Bedeutend ist die Silbermann-Orgel von 1743 in der Schlosskapelle, die dreijochig von Kreuzgratgewölben überspannt wird. In bescheidener Größe und umso überraschenderer Klangschönheit in Chortonlage kann hier dem am besten erhaltenen Instrument des sächsischen Orgelbauers gelauscht werden. In einer Nische ist das „Bornkinnl“ zu entdecken – eine im Vogtland, zu dem Burgk regional- und mentalitätsgeschichtlich zuzuordnen ist, bis ins 18. Jahrhundert lebendige Tradition: ein Christus-Püpplein, das von den Bräuten eines Jahres stets mit feinen Stoffen eingekleidet wurde.
Schon früh öffnete das Haus Reuß seinen Sommersitz interessierten Besuchern. Seit 1846 können die Repräsentationsräume und die Ansammlung an Altertümern besichtigt werden.
Letzte Eigentümer von Burgk waren Ida, Prinzessin Reuß ältere Linie (1891–1977), und ihr Ehemann Christoph Martin Fürst zu Stolberg-Roßla (1888–1949), die die Besitzung 1933 von Idas Schwester Hermine, Prinzessin Reuß ältere Linie (1887–1947), seit 1922 Ehefrau des abgedankten Kaisers Wilhelm II., übernahmen.
Nach der Enteignung verblieb das über 500 Jahre gewachsene Inventar von Schloss Burgk in den Magazinen und Ausstellungsräumen des 1952 eröffneten Museums. Ab 1984 erfolgte der Aufbau einer Exlibris-Sammlung, deren Grundstock eine rund 13.000 Blatt umfassende Schenkung war und die mit mehr als 80.000 Blättern eine der größten Sammlungen dieser Art in öffentlicher Hand ist. Mit wechselnden Ausstellungen zu Buchkunst und zeitgenössischer Kunst weitet die Direktorin Sabine Schemmrich, die seit 25 Jahren im Haus arbeitet und seit fünf Jahren die leitende „Burgfrau“ ist, das Profil der regional bedeutsamen Einrichtung.
Schloss Burgk wird getragen vom Saale-Orla-Kreis, der sieben Stellen für die markante Museums-Burg finanziert. Dass die Anlage nicht zur Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten zählt und weit entfernt der Tourismuszentren Eisenach, Gotha, Erfurt und Weimar liegt, erschwert den Kampf um mediale Aufmerksamkeit und bietet gerade Individualreisenden eine Burganlage, welche von der Moderne unangetastet zu sein scheint. Fast alle Kriege sind spurlos an Burgk vorbeigegangen, selbst im Dreißigjährigen Krieg verschwanden sieben Schweden wieder schnurstracks.
Am südlichen Ende des Felsporns liegt der in perfekter Proportion errichtete Sophienpavillon. Als Schallhaus bietet dieses elegante lichtdurchflutete Gebäude einen Kontrapunkt zur Trutzhaftigkeit der Burggemäuer. Auf der Wiese davor ertönen im Sommer klassische Konzerte, die höchstens von Eichhörnchen gestört werden. Schloss Burgk zeigt architektonische und kunsthistorische Realien, die das Ergebnis der Jahrhunderte dauernden feudalen Ordnung und des fruchtbaren Wettstreits der kleinen Herrschaften sind. Allerdings hatte man auch nach der Erhebung der älteren Linie Reuß in den Fürstenstand 1778 in Reußischen Landen mit deutlich geringeren Mitteln als in den benachbarten wettinischen Herzogtümern zu wirtschaften und zu bauen. Auf Schloss Burgk kann man so die Mischung aus Form- und Repräsentationswillen, Kreativität und Beschränkung in einem eigentümlichen Lokalkolorit staunend nachvollziehen.
In mindestens zwei Punkten unterscheidet sich die Adelssammlung in Schloss Kochberg von Glauchau und Burgk. Sie ist überschaubar, delikat und auf eine kurze Zeitspanne konzentriert – die Weimarer Klassik –, während Hinterglauchau und Burgk massiv, groß und mehrere Jahrhunderte vertretend sind. Und im südostthüringischen Hügelland geht es nicht um dynastische Pracht und Hochadel, sondern um die Sammlung einer Adelsfamilie, die dem Geist und anderen Menschen huldigt, nicht sich selbst. Aber der Sammeleifer war allen drei Familien gemein.
Auch wenn Friedrich Schiller, Herzog Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach, Johann Gottfried Herder, Jacob Lenz und manch andere das von einem Landschaftspark umgebene Wasserschloss des öfteren besuchten: Hier geht es um Goethe. Und um seine Seelenfreundschaft mit Charlotte von Stein (1742–1827), die Goethe zu mehreren Frauengestalten in seinem Werk, darunter Iphigenie, inspiriert haben dürfte. Die geheimnisumwobene und fast poetische Liebesgeschichte des jungen Goethe und der sieben Jahre älteren verheirateten Frau hat, nicht zuletzt wegen seiner 1.700 Briefe an sie, viele Literaturhistoriker zu Studien und Mutmaßungen inspiriert. Anschauungsmaterial finden sie in Großkochberg allenthalben. Dabei gibt es zwei Höhepunkte: Schattenrisse und zwei Schreibtische, die mit Hilfe der Klassik Stiftung Weimar, des Landes Thüringen und der Kulturstiftung der Länder von den Erben erworben wurden.
Einer der Schreibschränke steht im „Goethe-Zimmer“, in dem der Dichterfürst während seiner Besuche wohnte und dichtete – auch die zweite Fassung seines „Leiden des jungen Werther“ (1774). Er schrieb, nur noch schwer leserlich, mit Tinte auf die Schreibplatte „Goethe 6 Dec 75“, und dann zwei weitere Male. Andere Gäste folgten mit ihren Namenszügen auf diesem „Gästebuch“. Der andere Schreibtisch, ein frühklassizistisches Rollbureau, besticht dagegen durch seine Fertigung. Goethe gab den Damenschreibtisch für den Roten Salon bei einem Weimarer Tischlermeister in Auftrag, überwachte die Fertigung bis ins letzte („meine Sorge, meine Puppe“, belegt durch mehrere Briefe) und schenkte sie seiner geliebten Hofdame.
In mehreren der insgesamt neun Ausstellungsräume im Obergeschoss des vierstöckigen Hohen Hauses hängen Scherenschnitte der Familie von Stein und Charlottes elterlicher Familie von Schardt – besonders fein ziseliert beim Schachspielen mit einem aufspringenden Hündchen –, aber auch von Goethe. Den weitaus größten, Charlottes Sohn Fritz, könnte Goethe selber gefertigt haben – mit Borten und Rüschen der Kleidung des jungen Fritz, auch seine Handgeste, mit der er, das Schattenspiel im Schattenriss nachspielend, einen Hasen zu gestalten sucht. Goethes Einfluss wird zugeschrieben, dass Silhouetten im Hause des herzoglichen Oberstallmeisters von Stein, aber auch in anderen in Weimar, geachtet und gesammelt wurden – in Kochberg sind sie Beleg für das enge Familienbewusstsein. Goethes Werther hatte Lottes Schattenbild besonders verehrt. In Kochberg hängen zudem zahlreiche Zeichnungen mit Bleistift, Pinsel, Feder, Kreide oder Kohle, ein Ofenschirm mit ländlicher Idylle sowie Pastelle: viele von Goethes Hand. Er zeichnete die Stein’schen Familienangehörigen und das Landgut, dessen Garten damals wild bewachsen war, während heute die Hecken akkurat geschnitten sind. Dorthin ging Johann Wolfgang von Goethe bisweilen zu Fuß – nach eigenen Angaben über Höhen hinweg in vier Stunden, obwohl es 28 Kilometer entfernt liegt von Weimar, in einem von Fachwerk geprägten Dorf. Näher liegt es an Rudolstadt, wo Goethe und Schiller sich zum ersten Mal begegneten.
Die Klassik Stiftung Weimar, die das Ensemble aus barock umgestaltetem Wasserschloss, Park und einem klassizistischen Liebhabertheater pflegt, empfindet es als besonderes Kleinod. Der Präsident Hellmut Seemann spricht von einem arkadischen Ort, an dem die Weimarer Bildungsgeschichte und Pflege der Muse sich bündeln – so etwas wie das von einem Freundeskreis getragene Liebhabertheater gebe es in Deutschland an anderer Stelle „fast gar nicht“. Schon in DDR-Jahren, von 1964 an, wurde Kochberg zur bedeutenden Goethe-Gedenkstätte. Wie ein Brennspiegel zeigt es, wie eine Familie über mehr als zwei Jahrhunderte hinweg das ihr Anvertraute und von ihr Gesammelte hütet.
Museum und Kunstsammlung Schloss Hinterglauchau
http://www.schloesserland-sachsen.de
Förderer dieser Erwerbung:
Kulturstiftung der Länder, Land Sachsen, Sächsische Landesstelle für Museumswesen an den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Kulturraum Vogtland-Zwickau
Museum Schloß Burgk
http://www.schloss-burgk.de
Förderer dieser Erwerbung:
Kulturstiftung der Länder, Freistaat Thüringen
Schloss Kochberg
http://www.klassik-stiftung.de
Förderer dieser Erwerbung:
Kulturstiftung der Länder, Freistaat Thüringen