London – Kopenhagen – Celle. Caroline Mathilde, Königin

Drei kurze Statements aus dem späteren Interview:
• Es geht um eine der größten politischen Affären des 18. Jahrhunderts.
• Man muss sich vorstellen, dass ein Bürgerlicher versuchte, diesen Staat in einen modernen, aufgeklärten Staat zu überführen. Das war eine Ungeheuerlichkeit.
• Ein ganz besonderes Objekt ist ein sehr kleines Objekt, das ich sehr mag. Das ist ein goldener Ring.

Teaser: Ein Podcast von der Kulturstiftung der Länder.

Interviewer: Ich grüße Sie herzlich zu diesem Podcast, in dem es um eine Affäre in einem Königshaus geht, die sich schließlich zu einem Skandal und zu einer Staatsaffäre ausweitet. Am Ende geht es unglücklich aus. So viel verrate ich jetzt schon mal. Zwei Sätze vorab zu diesem Podcast: Wir, die Kulturstiftung der Länder, stellen in einer Podcast-Serie die von uns geförderten und allesamt natürlich fantastischen Ausstellungen, die ja schließlich aus guten Gründen gefördert wurden, jeweils in einem kurzen Podcast vor. Und dafür sprechen wir mit den Macher:innen dieser Ausstellungen. Wenn Sie also künftig nach einer wirklich herausragenden Ausstellung suchen, finden Sie einen Überblick auf der Website der Kulturstiftung und dort unter Media. Heute spreche ich mit der Leiterin vom Residenzmuseum in Celler Schloss, Juliane Schmieglitz-Otten. Ich grüße Sie.

Juliane Schmieglitz-Otten:
Guten Tag! Ich freue mich auch, dabei zu sein.

Interviewer:
Was thematisieren Sie denn in dieser Ausstellung, die ich gerade kurz umrissen habe?

Juliane Schmieglitz-Otten:
Es geht um eine der größten politischen Affären des 18. Jahrhunderts, die sich in Europa abspielten die sogenannte Struensee-Affäre. Die wurde damals nicht nur in der deutsch dänischen Öffentlichkeit wahrgenommen, sondern wirklich von der gesamten intellektuellen Welt in Europa. Und die Affäre dreht sich im Wesentlichen um drei Personen. Genau im Mittelpunkt steht die dänische Königin Caroline Mathilde. Sie war die Schwester des englischen Königs Georg des Dritten und war mit einem psychisch labilen König verheiratet, Christian dem Siebten. Und sie liebte einen revolutionären Arzt, Johann Friedrich Struensee. Und aus dieser Gemengelage ergab sich nicht nur eine dramatische persönliche Affäre, sondern tatsächlich eine große politische Staatsaffäre.

Interviewer:
Wie muss ich mir jetzt diese Ehe vorstellen, die Caroline Mathilde ja nicht freiwillig eingegangen ist?

Juliane Schmieglitz-Otten:
Ja, das war natürlich eine Verheiratung aus politischen Gründen, um die Außenhandelsbeziehungen zu sichern, um die protestantische Verbindung abzusichern und eine Verbindung bei der üblicherweise die beiden Ehepartner sich einander vorher nicht kannten und auch nicht um ihre Einwilligung gefragt wurden. Sie wurde schon mit 13 Jahren verlobt und musste dann mit 15 Jahren die Reise ins dänische Ausland antreten, um dort dänische Königin zu werden. Trotzdem war die Beziehung zu ihrem Bruder zeit ihres Lebens sehr eng. Er war immer ein enger Vertrauter und auch guter Ratgeber für sie. Aber in den großen politischen Fragen stand natürlich das Interesse der eigenen Dynastie im Vordergrund.

Interviewer:
Und die Struensee-Affäre, wie sie heute genannt wird, die war dann irgendwann in aller Munde …
Juliane Schmieglitz-Otten:
Das war ein so dramatischer Aufstieg. Man muss sich vorstellen, dass praktisch ein Vierteljahrhundert vor der Französischen Revolution ein Bürgerlicher in Dänemark auf einmal die Geschäfte regierte. Die Staatsgeschäfte, und versuchte, diesen Staat vom Absolutismus in einen modernen, aufgeklärten Staat zu überführen. Das war eine Ungeheuerlichkeit und ein Traum vielleicht von einer neuen Welt, den er versuchte dort umzusetzen, der am Ende aber eben sehr dramatisch scheiterte und mit einer Hinrichtung endete.

Interviewer:
Also der Struensee, der war einerseits der Leibarzt vom König und andererseits auch ein sehr überzeugter Aufklärer. Und diese Ideen hatte dem König nahegebracht?

Juliane Schmieglitz-Otten:
Ja, Struensee gehört zu den großen Medizinern des 18. Jahrhunderts. Er war ein aufgeklärter, kluger, sehr fortschrittlicher Mensch, den man als Arzt an den Hof in Dänemark geholt hatte, um den psychisch labilen König Christian sensibel zu behandeln und aus dieser Enge zum Königspaar entwickelte sich ein großer Einfluss, den Struensee nahm und der die Chance sah, hier seine neuen Ideen nicht nur einer medizinischen, sondern auch einer sozialen Reform jetzt tatsächlich in die Tat umzusetzen. Und er hat damals zunächst den König dafür gewonnen, später auch die Königin. Und am Ende selber praktisch die Regierungsgeschäfte geführt.

Interviewer:
Und jetzt mag sich mancher Hörer fragen: Warum gibt es eine Ausstellung über einen Skandal am dänischen Hof in Celle?

Juliane Schmieglitz-Otten:
Ja, tatsächlich endet die Geschichte nicht in Kopenhagen. Dort findet zwar Struensee sein blutiges Ende, indem er hingerichtet wird, aber das Ende der Geschichte spielt in Celle. Caroline Mathilde wurde nach dieser Affäre geschieden und durch die Vermittlung ihres Bruders, des englischen Königs, nach Celle gebracht. Warum nach Celle? Weil in dieser Zeit, da eine Personalunion zwischen dem britischen Königshaus und dem Kurfürstentum Hannover bestand und Georg entschied, dass seine Schwester in seinem hannoverschen Heimatland untergebracht werden sollte.

Interviewer: Was zeigen Sie denn jetzt in Ihrer Ausstellung?

Juliane Schmieglitz-Otten:
Man kann in der Ausstellung einerseits ihren Lebensweg verfolgen, von der Herkunft in England, ihre Abstammung aus dem britischen Königshaus über die Verheiratung in Kopenhagen bis hin zur Affäre mit Johann Friedrich Struensee und ihren letzten Zeiten in Celle. Da sind bedeutende Gemälde aus dieser Zeit zu sehen, Leihgaben sowohl aus England wie auch aus Dänemark. Und gleichzeitig haben wir aber auch versucht, viele Zonen zu schaffen, in denen wir aus diesem historischen Thema immer wieder Brücken in die Gegenwart geschlagen haben. Denn das ist das Spannende, dass diese Geschichte im Grunde im Kern so viele Bezüge in unsere heutige Zeit hat. Das 18. Jahrhundert ist eben genau wie unsere Zeit eine enorme Umbruchzeit gewesen, in der sich Strukturen änderten. Und der Wechsel vom Absolutismus zur Aufklärung ist mit einem ungeheuren Bruch von Vorstellungen und neuen Ideen verbunden gewesen. Und wir erleben in dieser Zeit auch bestimmte Mechanismen, mit denen unliebsame Personen in der Öffentlichkeit diffamiert werden. So wird gegen Struensee eine große Flugschriftenkampagne entfacht, die viele Züge hat, die wir heute auch in Fake News beispielsweise finden.

Interviewer:
Gibt es so was wie ein Lieblingsobjekt von Ihnen, das vielleicht stellvertretend für die ganze Ausstellung steht?

Juliane Schmieglitz-Otten:
Ein ganz besonders Objekt ist ein sehr kleines Objekt, das ich sehr mag. Es ist ein goldener Ring, eine Leihgabe aus den königlichen Sammlungen in Dänemark, in Kopenhagen, ein goldener Ring mit einem Miniaturporträt, also ein ganz kleines Porträt, das auf Elfenbein gemalt ist und auf diesen Ring aufgebracht wird. Und es zeigt Caroline Mathilde im Kostüm. Sie ist damals auf Anraten Struensees geritten und hat sich in der Öffentlichkeit reitend, im Sattel gezeigt, auch in Hosen. Das war etwas, was ihrem Bild in der Öffentlichkeit damals sehr geschadet hat. Aber es ist eben Ausdruck des Wunsches, eben sich frei bewegen zu können, auch eines gewissen Rückzugs in die Natur, der Möglichkeit, auch Zeit für sich alleine verbringen zu können. Und das tat sie. Sie ritt alleine aus. Sie ritt gemeinsam mit Struensee aus und das ist etwas, was man in der Öffentlichkeit sehr, sehr kritisch gesehen hat und was dann auch in vielen Flugschriften diffamierend über sie in der Öffentlichkeit publiziert wird.

Interviewer:
Wie Sie auf die Ausstellung gekommen sind, das liegt ja auf der Hand. Es gibt ein Jubiläum.

Juliane Schmieglitz-Otten:
Der Anlass ist der 250. Todestag Caroline Mathilde, die hier in der Fürstengruft in der Stadtkirche in Celle begraben ist. Und wir haben diesen Anlass genutzt, nicht nur diese Ausstellung zu zeigen, sondern uns in der gesamten Stadt sehr stark mit dieser Person zu beschäftigen.

Interviewer:
London, Kopenhagen, Celle Die dänische Königin Caroline Mathilde, so heißt die Ausstellung zur Affäre Struensee im Residenz Museum im Celler Schloss. Sie läuft noch bis zum 12. Oktober 2025. Bei deren Besuch wünsche ich viel Freude und gute Fahrt nach Celle. Weitere Hinweise auf von uns geförderte Ausstellungen und auch andere Podcasts finden Sie regelmäßig auf unserer Webseite, auf Facebook, Instagram, LinkedIn und YouTube und auf unseren Kanälen Spotify und iTunes. Mein Name ist Hans-Georg Moek und Ihnen, Frau Schmieglitz-Otten, vielen Dank für das inspirierende Gespräch.

Juliane Schmieglitz-Otten:
Ich danke Ihnen auch herzlich.