Hilfe für russischen Bestandskatalog

Ob die Septemberbibel von Luther oder die Originalpartitur von Mozarts „Don Giovanni“, ob Erstausgaben von Cervantes oder Handschriften von Goethe und Schiller – allein dieser kleine Ausschnitt bibliophiler Kostbarkeiten vermag einen Einblick in den einstigen Reichtum einer der bedeutendsten und größten Adels­bibliotheken ihrer Zeit geben: die Bibliothek der Grafen Yorck von Wartenburg. Auf dem Gut Klein Oels (heute Olesnica Mala in der Nähe von Breslau) einge­richtet, auf dem die Familie seit 1814 ansässig war und wo noch Peter Graf Yorck von Wartenburg (1904–1944), Widerstandskämpfer und einer der Beteiligten am Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944, geboren wurde und aufwuchs, erfuhr die kost­bare Büchersammlung unter Ludwig Yorck in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhun­derts mit dem Ankauf der Bibliothek des Romantikers Ludwig Tieck eine große Erweiterung. 1945, als sie von der Trophäenkommission in die Sowjetunion ver­bracht wurde, zählte sie rund 120.000 Bände. Nur ein kleiner Teil von 800 Büchern konnte damals gerettet werden. Die kriegsbedingt in die Sowjetunion verlagerten Bestände werden heute in Bibliotheken in Moskau und Sankt Petersburg bewahrt.

Mit dem Katalog „Bücher aus der Privatsammlung der Grafen Yorck von Warten­burg in russischen Bibliotheken“ liegen nun erstmals eine Bestands­aufnahme der in Moskau und Sankt Petersburg aufbewahrten Teile der Bibliothek sowie Informa­tionen zu ihrer Geschichte, Verlagerung und Teilung durch russische Bibliotheken nach dem Zweiten Weltkrieg vor. Die Reihe über die Bibliotheken des deutschen Widerstands – deren Erstellung die Kulturstiftung der Länder unter­stützt – wird hiermit erfolgreich fortgesetzt, sind doch bereits Kataloge zu den Sammlungen Carl-Hans Graf von Hardenberg und Friedrich Werner Graf von der Schulenburg erschienen.

Die Kulturstiftung der Länder engagiert sich im Rahmen der Initiative „Deutsch-Russischer Museumsdialog“ für Transparenz und Aufklärung über den Verbleib kriegsbedingt verlagerter Kulturgüter. Nach seinem Vorbild haben sich im Jahr 2009 auch deutsche und russische Bibliotheken zu einem Bibliotheksdialog zu­sammen­geschlossen. Ziel der Initiativen ist es, Kooperationen zwischen Wissen­schaftlern beider Länder in gemeinsamen Vor­haben zu intensivieren. Damit soll nicht nur Aufklärung über die Verluste in Deutschland und Russland erzielt wer­den, son­dern vor allem auch Vertrauen zwischen den deutschen und russischen Fachkollegen geschaffen werden – frei von politischen und juristischen Über­legungen, die diese Diskussion sonst häufig überlagern.