Nürnberger Spielkultur

Bunte Kreisel tanzen; zwei Hunde zerren an der Leine ihres Herrchens; eine Katze setzt zum Sprung an, um eine Maus zu erhaschen. Detailreich und farbenfroh prä­sentieren sich die Spielwaren des Ernst Paul Lehmann Patentwerks, die in der welt­weit bedeutendsten Sammlung des Herstellers im Spielzeugmuseum Nürnberg zu bestau­nen sind. Fast lückenlos kann das Mu­seum zeigen, was jemals an mechani­schem Lehmann-Blechspielzeug hergestellt wurde. Anschaulich aufgearbeitet wird im Spiegel des Spielzeugs die bewegte Firmenge­schichte erfahrbar: Aufgrund ihrer qualitätvollen mechanischen Spielwa­ren erlangte die Firma nach ihrer Gründung 1881 rasch Weltruf und zählt zu­sammen mit Firmen wie Steiff, Schuco oder Märklin zu den klangvollsten Namen der deutschen Spielwarenhersteller. Besonde­ren Schwerpunkt legte das Sortiment Lehmanns auf figürliches Spielzeug und tech­nische Fortbewegungsmittel, die sich durch erfin­dungsreiche Mechanismen und originelle Spielideen auszeichneten. Humorvoll und stets mit markantem Charakter versehen, hielten sich Artikel wie der „Kletteraffe TOM“ oder der „Störrische Esel“ jahrelang unverändert auf dem Markt. Auch die NS-Zeit überstand die metallverarbeitende Firma – trotz Material­mangels – ohne in die Rüstungsindustrie zu wechseln. Doch 1948 wurde der in der Sowjetzone beheimatete Betrieb ent­eignet und in einen „Volkseigenen Betrieb“ umgewandelt – später der führende Hersteller von Blech­spielzeug in der DDR. Nach dem zunächst beschwerlichen Neuanfang der Spiel­zeugproduktion Lehmann ab 1950 an ihrem neuen Standort in Nürnberg, wo die Firmeninhaber die Fabrik neu gegründet hatten, blühte die Pro­duktion zu Zeiten des Wirtschaftswunders wieder auf. Mit der Modell­eisenbahn „Lehmann Großbahn“ gelang dem traditions­reichen Familien­unter­nehmen ab 1968 erneut der wirtschaftliche Durchbruch. Erst die Insolvenz 2006 beendete die 125-jährige Firmengeschichte und bedrohte zugleich die als Dauer­leihgabe des Unter­nehmens im Spielzeug­museum Nürnberg befindliche Kollektion an Lehmann-Spiel­zeug. Die als Zeugnis deutscher Alltagskultur und Industriege­schichte über­regional bedeutende Sammlung von 350 Objekten konnte nun mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder vom Nürnberger Spielzeugmuseum aus der Insol­venzmasse angekauft werden.

Spielwaren des Ernst Paul Lehmann Patentwerks sind international in Museen sehr begehrt. Die Nürnberger Sammlung sucht jedoch ihresgleichen: Das Museum beherbergt neben der großen Sammlung an Lehmann-Spielzeug eine umfang­reiche Kollektion an Spielwaren aus Holz und Blech sowie Puppenspielzeug – da­runter auch extrem seltene Stücke wie das erste Auto der Spielzeuggeschichte. Jähr­lich besuchen über 100.000 spielzeugbegeisterte Kinder und Erwachsene das Museum.