Im Zentrum der Ausstellung stehen die Dynamiken des Zusammenwirkens aller beteiligten Gewerke und Berufe im Theater: Von der Ideenentwicklung (Textproduktion, Intendanz, Dramaturgie, Regie) über die Umsetzungsarbeit (Regie, Dramaturgie, Bühnen- und Kostümbild) und Probe bis zu den technischen und handwerklichen Tätigkeiten in den Werkstätten.

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren
Transkription des Interviews zur Ausstellung „Making Theatre – wie Theater entsteht“ im Deutschen Theatermuseum München vom 25. Juni 2025 bis zum 12. April 2026.
Drei kurze Statements aus dem späteren Interview:
- So zu sehen, wie Theaterschaffende arbeiten und ein Stück auf die Bühne bringen, das sozusagen in eine Ausstellung direkt reinzuholen – in Echtzeit – das war tatsächlich etwas ganz Neues.
- Die Rückmeldung war, nachdem auch einfach alle zur Eröffnung kamen: „Ach, Wahnsinn, Ich wusste gar nicht, wer alles in unserem großen Theater arbeitet. So genau. Du hast mir das jetzt gezeigt.“
- Das ist eben das Spannende an der Ausstellung. Das ist ja auch das Ziel der Ausstellung zu zeigen, was für ein tolles Gemeinschaftswerk so ein Theaterstück ist.
Teaser: Ein Podcast von der Kulturstiftung der Länder.
Interviewer:
Ich begrüße Sie zu dieser Episode unseres Podcasts „Ausstellungstipps“ der Kulturstiftung der Länder, in der es um eine Ausstellung geht, in der man die Entstehung eines Theaterstücks nachvollziehen kann. Das Besondere daran: Normalerweise beginnt eine Kuratorin – also die Macherin einer Ausstellung – ja schon weit vor der Eröffnung Objekte unter einer bestimmten Hinsicht auszuwählen, zusammenzustellen und darüber nachzudenken, wie man das Thema der Ausstellung vermittelt. Anders war dies bei der aktuellen Ausstellung „Making Theater“ im Deutschen Theatermuseum in München, die sozusagen live kuratiert wurde. Dr. Maren Richter hat ein Jahr lang die Vorbereitung für eine Theateraufführung – von den ersten Konzeptionen bis hin zur Premiere – begleitet: mit Kamerateam, mit Zeichnerinnen an ihrer Seite oder mit Notizblock. Und gleichzeitig hat sie aus dem gesammelten Material eine Ausstellung gemacht. „Making Theatre – wie Theater entsteht“, ist jetzt im Deutschen Theatermuseum in München zu sehen. Und über deren Entstehung und ihre Arbeit als Live-Kuratorin spreche ich jetzt mit ihr.
Ich grüße Sie, Frau Richter.
Maren Richter:
Hallo Herr Moek, ich freue mich.
Interviewer:
Ich sagte ja gerade: Sie haben eine Theaterproduktion – Romeo und Julia am Residenztheater München – begleitet und im Grunde gleichzeitig Ihre Beobachtungen zu einer Ausstellung zusammengetragen. Das ist ja für eine Kuratorin eine eher ungewöhnliche Herangehensweise.
Maren Richter:
Ja, in der Tat war das ein ganz neues Konzept, das ich entwickelt habe: die Live-Kuratoren. Normalerweise arbeiten wir als Ausstellungsmacher:innen ja so, dass wir dann viel Zeit haben in der Vorbereitung – mehrere Jahre – und Objekte, auch meistens historische Objekte, zusammensammeln können, auswählen können und auch reflektieren können. Das war jetzt hier diesmal anders. Es gibt in dieser Ausstellung tatsächlich auch eine Erzählweise, auch über historische Objekte – natürlich –, „wie Theater entsteht“. Das hat eine lange Geschichte, hat sich auch im Laufe der Geschichte geändert, verändert, und das zeigen wir auch. Aber die Live-Kuratorinnen, die Sie jetzt ansprechen, also wirklich eine aktuelle Inszenierung in einem deutschsprachigen Theater zu begleiten und so zu sehen, wie Theaterschaffende arbeiten und ein Stück auf die Bühne bringen, das sozusagen in eine Ausstellung direkt reinzuholen – in Echtzeit – das war tatsächlich etwas ganz Neues jetzt. Und dieses Konzept habe ich entwickelt, um einfach auch die Aktualität zu zeigen, um auch junge Besuchende zu erreichen – einfach sozusagen am Puls der Zeit zu sein. Und das war ein ganz neues Konzept. Man muss sich das so vorstellen, dass ja eine Inszenierung läuft, so etwa ein Jahr lang wird daran gearbeitet, bis dann die Premiere gefeiert wird. Und dieser Prozess lief im Grunde genau auch auf dem Prozess des Ausstellungsmachens, also parallel. Und das hat natürlich ganz neue Herausforderungen gehabt. Es war ein gewisses Risiko natürlich auch: Man weiß ja nicht so richtig, was am Ende rauskommt, und brauchte auch eine gewisse Bereitschaft dazu, für alle, die am Ausstellungsmachen beteiligt waren, auch mal, ja, die Prozesse anders zu machen, auch Kontrolle vielleicht aufzugeben, ab einem gewissen Maße, und ein Risiko einzugehen. Aber natürlich hat man dadurch auch einen ganz großen Gewinn. Und auch Dinge wie jetzt zum Beispiel, dass das Buch, das zur Ausstellung jetzt im Herbst 2025, jetzt bald erscheinen wird, konnten wir eben auch erst nach der Eröffnung dann machen.
Interviewer:
Wie genau haben Sie denn gearbeitet? Also wie muss ich mir das vorstellen? Wie Sie auch wissen, was, wann, wie, wo passiert.
Maren Richter:
Ja, das war natürlich die erste Herausforderung. Erst mal überhaupt den Prozess des Inszenierens, also so ein Inszenierungsverlauf, erst mal zu verstehen. Das heißt, ich bin als Kuratorin erst mal in das Theater gegangen – ins Residenztheater München –, habe alle Theaterschaffenden versucht, kennenzulernen, und die Prozesse zu verstehen und dann zu sehen – gemeinsam auch mit den Theaterschaffenden –, wo sind denn eigentlich die wichtigen Momente in so einem Inszenierungsprozess, der ein Jahr dauert? Wo sind die Knackpunkte? Und dann verschiedene Zugänge zu wählen, um diese Momente, vor allem des Zusammenwirkens der Theaterschaffenden, einzufangen. Da gab es natürlich verschiedene Möglichkeiten. Auch für die Besuchenden im Museum ist es ja immer wieder gut, verschiedene Zugänge anzubieten. Und hier haben wir gearbeitet mit – ja, ganz normal – mit Text natürlich. Ich habe auch textlich begleitet, habe beobachtet, habe aufgeschrieben, was ich sehe. Aber wir hatten auch natürlich ein Kamerateam dabei – immer mal wieder für Momente. Um auch diesen Prozess zeigen zu können, war das bewegte Bild besonders geeignet: Fotografie, aber zum Beispiel auch eine Zeichnerin, die ich mitgenommen habe – Lisa Frühbeis –, die eben auch Momente beobachten und festhalten konnte in diesem Theatermachen, die dann sehr sensibel waren und wo man einfach ein bisschen vorsichtig sein wollte, nicht so sehr auffallen wollte und sich einfach auch ein bisschen im Hintergrund halten wollte, aber trotzdem die Stimmung einfangen konnte. Das war eine großartige Möglichkeit. Ansonsten ist die Ausstellung natürlich auch viel durch Film und Fotografie geprägt.
Interviewer:
Jetzt gibt es ja viele verschiedene Berufsgruppen, die an einer solchen Theaterinszenierung beteiligt sind. Wie viele Gewerke haben Sie denn insgesamt beobachtet, und das dann alles sozusagen in Ihren Workflow einbinden können?
Maren Richter:
Ja, in so einem Theater, gerade in so einem großen Theater wie dem Residenztheater hier in München, arbeiten natürlich sehr viele Theaterschaffenden. Es kommen ganz unterschiedliche Berufe zusammen, also handwerkliche, künstlerische, alle, alle möglichen Bereiche. Das ist eben das Spannende, ja, am Theater, wie viel dort zusammengearbeitet wird und begleitet insgesamt, kann man schon sagen, habe ich 16 Gewerke und acht Abteilungen, ja, fast über 450 Mitarbeitende im Theater, die alle direkt, aber auch vielleicht indirekt mitgearbeitet haben an dieser einen Produktion Romeo und Julia. Das heißt, da kommen Berufe wie Schlosserei, Schreinerei, Schneidereien, aber auch der Meister oder Requisiteur:innen, aber natürlich auch viele Technikerberufe. Was auch sehr spannend ist: die Tontechnik, die Lichttechnik – Theater ist ja auch Technik, vor allem neben Kunst. Und die kommen alle zusammen. Und das ist eben das Spannende an der Ausstellung. Das ist ja auch das Ziel der Ausstellung, zu zeigen, was für ein tolles Gemeinschaftswerk so ein Theaterstück ist, wenn es auf die Bühne gebracht wird: wer da alles zusammengewirkt hat, wie man zusammengewirkt hat, wie unterschiedlich man da miteinander agieren muss und respektvoll miteinander umgehen muss. Und dieses Gemeinschaftswerk zu zeigen, war eben besonders spannend – in so einer Theaterproduktion.
Interviewer:
Wenn ich mir vorstelle, jemand würde mir ein Jahr lang beobachtend über die Schulter schauen – ich weiß gar nicht, wie unentspannt ich dabei wäre. Vor allem wäre ich versucht, immer dann, wenn ich davon ausgehe, dass etwas riskant ist, das möglicherweise vor Ihnen geheim zu halten. Wie war das, Ihr Miteinander mit der Belegschaft des Theaters?
Maren Richter:
Ja, also das ist natürlich die Herausforderung gewesen, also nicht nur für uns als Museum – mal den Ausstellungsprozess ganz anders anzugehen –, sondern auch für ein Theater wie das Residenztheater München. Jetzt, so ein großes Theater, sich so zu öffnen für einen Ausstellungsprozess, für eine Begleitung ein Jahr lang, das ist eben nicht nur eine kurze Filmaufnahme wie in anderen Dokumentationsfilmen, sondern man geht wirklich ein Jahr mit. Das war ein großes Risiko für das Theater, und deswegen bin ich auch total glücklich, dass das Theater das eingegangen ist. Und es war natürlich auch ein Vorteil, dass ich es geschafft habe, dann doch so viel zu reden und auch Vertrauen aufzubauen, dass ich möglichst einen authentischen Prozess beobachten konnte, dass man sozusagen auch mich vergessen hat irgendwann – dass ich laufe, dass ich mit dabei bin. Und das Ganze wäre natürlich auch gar nicht gegangen ohne die Unterstützung der Theaterschaffenden im Theater, was wunderbar geklappt hat, sodass man gemeinsam erst mal die wichtigen Schritte auch festgelegt hat und dass man mich einfach auch ständig informiert hat. Also, ich habe einfach auch täglich irgendwelche Nachrichten per SMS bekommen: „Wir machen jetzt das und das, kannst du schnell?“ oder „Morgen machen wir das, nimm deine Kamerafrau mit.“ Also da bin ich einfach direkt im Kontakt gewesen. Das war viel, viel Kommunikation, aber eben auch viel, viel Vertrauen. Und das hat aber natürlich auch besonders viel Spaß gemacht – für alle Beteiligten, wenn ich das so sagen darf.
Interviewer:
Sind denn auch Dinge schiefgegangen, die Sie mit laufender Kamera dokumentiert haben, die jetzt in der Ausstellung zu sehen sind?
Maren Richter:
Ja, das denkt man sich natürlich immer, dass es besonders spannend wäre, auch mal so was zu zeigen. Und tatsächlich ging es mir natürlich in der Ausstellung auch darum, zu zeigen, wie mühsam dieser Theaterprozess auch sein kann, wie viel Arbeit und Energie da dahintersteckt. In dem Sinne würde ich eher nicht von schiefgegangen sprechen, sondern eigentlich eher davon, dass ich versucht habe, auch zu zeigen, wie ein Theaterprozess auch ein mäandernder Suchprozesse aller Beteiligten ist, also ein Prozess, wo man nach einer bestmöglichen Lösung für die Inszenierung sucht, gemeinsam eben. Und das heißt eben auch, man geht auch mal Irrwege, man geht auch mal einen Umweg, muss wieder zurückkehren, muss eine andere Lösung finden, eben meistens gemeinsam. Ein Beispiel wäre die Bühne, die Marlene Locke, man, die Bühnenbildnerin, entworfen hat, hat ein ganz großartiges Bühnenbild, das aber auch sehr aufwendig war in der Konstruktion und im Bau. Und es hat ein motorisiertes Zentrum, was natürlich eine Herausforderung war, auch für den Ingenieur des Residenztheaters, das zum Laufen zu bringen. Und da gab es tatsächlich einmal kurze Schwierigkeiten, das so zu justieren, dass die Schauspieler darauf ganz sicher arbeiten konnten. Weil Sicherheit geht einfach vor im Theater, und da hat man nachjustieren müssen – am Anfang des Probenprozesses auf der Hauptbühne – und hat das wirklich im Auf- und Abbau, täglichen Auf- und Abbau des Theaters, so geschafft, neu zu justieren, neu zu schweißen auf der Bühne. Und das war wirklich der absolute Heldenmoment, in dem Moment, wo man gemeinsam das dann aber auch geschafft hat und diese Lösung gefunden hat. Und das war ein ganz, ganz wunderbarer Moment, den ich zum Glück festhalten durfte.
Interviewer:
Jetzt ist ja Romeo und Julia im Residenztheater in München noch zu sehen. Also man kann das sozusagen mit dem Ausstellungsbesuch kombinieren, aber die Kostüme oder das Bühnenbild, die sind ja sozusagen noch in Gebrauch, das können Sie ja in Ihrer Ausstellung kaum zeigen. Was sieht man denn in der Ausstellung?
Maren Richter:
Ja, das war die Herausforderung bei der Ausstellung. Es war ja immer klar, dass das, was auf die Bühne kommt, das, was die Kunstobjekte sind am Ende auch, also Bühnenbild, Kostümbild, das werde ich sozusagen als Objekt gar nicht nehmen können. Das wird gerade aktuell gespielt, auch jetzt aktuell. In der neuen Spielzeit 2025 kann man Romeo und Julia, wie Sie sagen, eben auch sehen als Vorstellung. Es ging mir aber natürlich auch beim Kuratieren vor allem eben um diesen Suchprozess, den ich eben genannt hatte, um das Prozesshafte, das heißt, ich habe auch viel nach Arbeitsmaterial gesucht: Wie wird denn überhaupt Theater gemacht? Mit welchem Instrumentarium, mit welchem Arbeitsmaterial? Und auch welche Entwürfe entstehen, die wieder verworfen werden? Und habe da sozusagen versucht, alles aufzufangen und abzufangen, was sozusagen in diesem Prozess abfällt. Und das war eben ganz spannend. Zum Beispiel kann ich in einem Beispiel nennen: Es war immer die Frage im Maskenbild, was ich dort sozusagen als Objekt für diesen Prozess zeigen kann. Und im Residenztheater ist es so, dass tatsächlich die meisten Schauspielerinnen mit Perücke spielen. Das ist sehr besonders, eine ganz tolle Präzisionsarbeit der Maskenbildner:innen, diese Brücken zu knüpfen. Und da stellt sich aber immer die Frage natürlich: Perücken werden dann getragen, also kann ich sie nicht ausstellen. Und dann gab es mal kurz einen Moment, wo es hieß: „Wir kürzen eine Perücke, es muss eine Kurzhaarfrisur werden.“ Und ich war ganz glücklich und dachte mir, zeige dann diese Haare, diese abgeschnittenen Haare und zeige sozusagen eben diesen Prozess. Das hat dann wieder verworfen. Dann hieß es: „Okay, gar keine Perücke kommt in die Ausstellung.“ Ich zeig also nur einen Perückenkopf, wo eine drauf liegen würde. Das war es dann aber auch nicht. Am Ende, wenige Wochen vor der Premiere, ist dann entschieden worden, dass eine Schauspielerin, nämlich die Julia, die Rolle der Julia im eigenen Haar spielt, also ihre Perücke gar nicht gebraucht wird. Und das war natürlich dann der Moment, wo ich sagte: „Oh, dann kommt die jetzt in die Ausstellung!“ und habe eben noch schnell diesen Text geschrieben, kurz vor der Premiere und vor der Eröffnung, wo man eben auch noch mal sieht, dass es live, also kurz vor der Eröffnung, haben wir noch Texte geschrieben und wurden die noch gedruckt.
Interviewer:
Haben Sie denn so etwas wie ein Lieblings-Exponat, also ein Objekt, in das Sie sich im Zuge Ihrer Arbeit so richtig verliebt haben?
Maren Richter:
Ja, das ist natürlich eine interessante Frage, denn ja, die Ausstellung hat so viele wunderbare Objekte, die alle irgendwo eine ganz interessante Geschichte erzählen, eine sehr berührende Geschichte aus diesem Prozess erzählen. Wenn ich Ihnen jetzt eins nennen müsste, dann wäre es wahrscheinlich das Giftfläschchen, das Romeo ja erhält, das Gift, das Romeo nimmt, das wurde von den Requisiteur:innen in einem langen, langen Arbeitsprozess entwickelt. Dieses Fläschchen: Wie soll das aussehen? Es wurden verschiedene Prototypen entwickelt. Und so weiter. Und dann – lustigerweise wurde es dann am Ende als Premieren-Geschenk verschenkt. Das sind ja die Geschenke, die sich die Theaterschaffenden untereinander kurz vor der Premiere schenken – als Glücksbringer, also toi, toi, toi, und eben auch als großes, großes Dankeschön für die tolle Zusammenarbeit. Deswegen finde ich eben dieses Premieren-Geschenk so schön. Da war dann kein Gift drin, sondern Elektrolyte, um sich nach der Premierenfeier zu stärken. Aber dieses Geschenk zeigt eben ganz wunderbar, wie man zusammenhält, wie man am Ende eben dieses Kunstwerk auch als Gemeinschaftsprojekt sieht. Und das fand ich, da steckt einfach in diesem Objekt dann auch diese ganze, gesamte Geschichte drin, zu dem ich dann auch als Kuratorin sogar auch ein Premieren-Geschenk bekommen habe, was mich sehr, sehr gefreut und gerührt hat, und zeigt eben auch noch mal, was man live schon bedeutet, wie sehr man auch als Kuratorin, als Museum in die eigenen Inhalte, die man vermitteln will, auch hineinkommen kann und damit in Berührung kommen kann. Also wie sehr man hier auch einfach zusammenarbeiten kann. Das fand ich eigentlich ein ganz wunderbares Symbol dafür. Deswegen mache ich dieses Objekt sehr gern.
Interviewer:
Also ein Giftfläschchen als Glücksbringer. Das ist ja schon sehr ausgewählt. Ich habe noch eine Frage. Ich würde ja, wenn Sie meine Arbeit jetzt ein Jahr lang beobachten würden und regelmäßig dokumentieren, was ich mache und filmen und dann eine Ausstellung daraus machen, dann wäre ich sehr kritisch, glaube ich. Wie haben denn die Theaterschaffenden am Ende die Ausstellung aufgenommen oder wahrgenommen?
Maren Richter:
Ja, das ist eigentlich so fast das schönste Ergebnis auch dieser Ausstellung, abgesehen von den vielen glücklichen Gesichtern der Besuchenden: Dass die Theaterschaffenden am Anfang natürlich sehr vorsichtig waren, was den Umgang mit Medien betrifft, das ist sehr gut zu verstehen. Aber nachdem man eben auch verstanden hat, um was es mir geht, nämlich auch die Arbeit der Theaterschaffenden, eben nicht nur der Schauspieler:innen auf der Bühne, sondern eben auch mal die, die hinter der Bühne stehen, die das Stück ermöglichen zu zeigen und sie sichtbar zu machen, ihre Arbeit auch wertzuschätzen, war das sozusagen irgendwie klar. Und dass man gemerkt hat, dass wir sehr vorsichtig und sehr respektvoll arbeiten. Im Theater wurde das Vertrauen sehr groß, und die Begeisterung vor allem sehr groß. Und die Rückmeldung war dann auch am Ende, nachdem auch einfach alle zur Eröffnung kamen und diese Ausstellung auch allen Familien und Freunden zeigen, war die Rückmeldung vor allem auch: „Wahnsinn! Ich wusste gar nicht, wer alles in unserem großen Theater arbeitet, so genau. Ich kenne meine eigenen Kolleg:innen manchmal gar nicht so genau. Du hast mir das jetzt gezeigt, Maren.“ Und das war eigentlich eine schöne Rückmeldung, weil ich einfach gemerkt habe, es hat tatsächlich auch das Gemeinschaftsgefühl oder vielleicht auch die Identität des Theaters in sich sozusagen noch mal gestärkt. Und das hat mich gefreut, weil genau das war ja mein Ziel der Ausstellung: auch die Gemeinschaft der Theaterschaffenden zu zeigen und auch zu feiern und zu sagen: „Da müssen wir weiter schauen, dass wir das auch behalten in der Kulturlandschaft und auch finanzieren wollen und dass diese Gemeinschaft für uns ganz wichtig ist.“
Interviewer:
„Making Theatre – wie Theater entsteht“, heißt die Ausstellung, die bis zum zwölften April 2026 im Deutschen Theatermuseum in München zu sehen ist. Soweit diese Episode aus dem Podcast „Ausstellungstipps“ der Kulturstiftung der Länder, den Sie finden auf unseren Social-Media-Kanälen auf Facebook, Instagram, Blue Sky, YouTube und allen Podcast-Foren und natürlich auf unserer Website kulturstiftung.de und dort unter Media. Und Ihnen, Frau Dr. Richter, ganz, ganz herzlichen Dank für diese Einführung in die Ausstellung.
Maren Richter:
Vielen herzlichen Dank für Ihr Interesse. Dankeschön!
Im Podcast spricht Kuratorin Dr. Maren Richter über die Ausstellung „making THEATRE“ im Deutschen Theatermuseum München. Hören Sie weitere Episoden des Podcasts „Ausstellungstipps der Kulturstiftung der Länder“.
Anschaulich wird dieser Prozess anhand einer kürzlich abgeschlossenen Produktion des Münchner Residenztheaters, Kooperationspartner der Ausstellung. Die dortige Inszenierung von William Shakespeares (1564–1616) „Romeo und Julia“ bildet den roten Faden der Ausstellung. Dafür wurden mit dem Ansatz der Live-Kuration mit Kamera, Mikrofon und Stift Momente des Arbeitsprozesses eingefangen und Objekte direkt von den Werkstätten und Probebühnen in den Ausstellungssaal transportiert. Die Sammlungsbestände des Museums ermöglichen es, auch historische Produktionsbedingungen nachzuvollziehen; besondere Leihgaben ergänzen die Schau, wie Shakespeares Gesamtwerk in einer First Folio-Ausgabe (1623) der Universität zu Köln. Ein Fokus liegt auf dem Theater als Arbeitsort und den Möglichkeitsräumen, die gesellschaftliche und technische Veränderungen eröffnen. Zu den hierzu ausgestellten exemplarischen Exponaten gehören u. a. Entwürfe von Carl Lautenschläger, dem Erfinder der Drehbühne, eine Zeichnung von Regisseur Robert Wilson ebenso wie das auf 1620 datierten Traktat Regole generali di prospettiva von Giovanni Battista Aleotti, eine Art Anleitung des Perspektivzeichnens, insbesondere für das Malen von Bühnendekorationen.
Ergänzt wird die Schau durch eine digitale Ausstellung mit Storytelling-Elementen, die dauerhaft auf der Webseite des Deutschen Theatermuseums verfügbar bleiben wird.
Giovanni Battista Aleotti, detto l‘Argenta (1546 – 1636), Traktat Regole generali di prospettiva (Allgemeine Regeln der Perspektive), Handschriftliches Manuskript auf Papier, mit schematischen Zeichnungen, sieben Blätter, Ferrara, um 1620, VIII – XI
making THEATRE. Wie Theater entsteht
25. Juni 2025 – 12. April 2026
Deutsches Theatermuseum München
Galeriestraße 4A, 80539 München
Öffnungszeiten Dienstag – Sonntag 11–17 Uhr