„All Art has been contemporary“ (Maurizio Nannucci)

Die Website saatchionline.com wirbt im Netz mit dem Slogan „Zeitgenössische Kunst – Heute die Kunst von morgen kaufen“. Charles Saatchi gehört sicherlich zu den schillerndsten Figuren unter den Sammlern und Händlern zeitgenössischer Kunst weltweit, er kauft und verkauft, wie es ihm gerade gefällt. Doch wie sieht die Realität in deutschen Museen hinsichtlich zeitgenössischen Kunstsammelns aus? Als verantwortliche Dezernentin in der Kulturstiftung der Länder für den Bereich Kunst des 20. Jahrhunderts und Zeitgenössische Kunst konnte ich feststellen, dass zwar für die Klassische Moderne häufig Erwerbungsförderung beantragt wird, für die Ankäufe von Gegenwartskunst jedoch immer noch wenige Museen an uns herantreten. Ich wollte wissen, woran das liegt. Wie können wir die Museen ermutigen, im zeitgenössischen Bereich aktiver zu werden, aber dennoch kritisch die Szene zu hinterfragen, ohne den Anschluss an die zeitgenössische Moderne zu verpassen und in einigen Jahrzehnten vor unüberbrückbaren Lücken zu stehen? Können die Häuser ihrem Sammelauftrag nachkommen, welche Unterstützung brauchen sie? Wie ist ihr Verhältnis zu den Privatsammlern, sind sie für Museen hilfreich oder eher erdrückend? Diese und noch mehr Fragen stellte Britta Kaiser-Schuster, Dezernentin der Kulturstiftung der Länder, vier langjährigen Museumsleitern.

Weshalb die öffentliche Hand grundlegend notwendig ist
für die Unabhängigkeit und damit Qualität der Kunst

von Wulf Herzogenrath

 

Lassen Sie mich mit einer wahren Begebenheit aus dem Leben meiner Vorgänger (damals im Kölnischen Kunstverein) beginnen: Walter Klug fuhr jeden Oktober in den 1920er Jahren als geschäftsführender Direktor des Kunstvereins mit seinen Vorstandsmitgliedern und deren Freunden in die Eifel und den Hunsrück – zur Jagd, die er eigentlich hasste. Aber diese zwei, drei Wochen im Jahr führten dazu, dass er diesen Männern in seiner Jagd-Gesellschaft viele Bilder in der angenehmen speziellen Atmosphäre verkaufen konnte. Die Prozente für ihn ermöglichten dann den Etat für das Klug’sche Ausstellungsprogramm des Kölnischen Kunstverein im nächsten Jahr. Man kann die Überwindungsfähigkeit des Kollegen bewundern, aber auch sich freuen, dass es immer besondere Möglichkeiten zur Finanzierung von Kultur gab und gibt – doch zum Glück haben sich die Zeiten gewandelt und die öffentliche Hand garantiert die Grundlagen der kulturellen Arbeit in Kunstmuseen, Kunsthallen, Kunstvereinen u. ä. Diese Institutionen garantieren durch die Expertise, Kenntnis und Unabhängigkeit ihrer Leiterinnen und Leiter die Freiheit und Qualität der Kunst und damit auch eine gewisse Marktunabhängigkeit der Künstler – aber nur dann, wenn auch die Möglichkeiten für den Erwerb von Kunstwerken für die Sammlung im Zusammenhang mit Ausstellungen, Publikationen, Öffentlichkeits- und Vermittlungsarbeit zumindest teilweise aus den Mitteln der öffentlichen Hand gewährleistet ist.

Wie sieht also das ideale Verhältnis von „öffentlich“ und „privat“ aus? Ist der große starke Sammler von Gegenwartskunst, der großzügig, aber nur befristet seine Werke an ein Museum leiht, wirklich der von den Medien und der Politik so gefeierte Wohltäter? Er kann es sein, wenn er wie Friedrich Christian Flick über 160 Werke an die Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof in Berlin schenkt – anders als die Familie Lauffs, die über Jahrzehnte gut und klug beraten von den Museumsdirektoren Paul Wember und Gerhard Storck für das Kaiser Wilhelm Museum in Krefeld eine großartige Sammlung aufbaut, um dann doch (fast) alles wieder auf Auktionen für den eigenen Vorteil zu verkaufen. Mit Recht entstand ein großer Aufschrei, als der Sammler Dieter Bock, über Jahre vom Museumsdirektor Jean-Christophe Ammann beraten und die meisten Künstler auch für das Museum der Moderne in Frankfurt erwerbend, 2005 an die 500 Werke quasi über Nacht aus dem Museum abtransportieren und verkaufen ließ. Da hat die öffentliche Hand viel geleistet und das Museum steht getäuscht und enttäuscht da – und alle Vorteile liegen beim Sammler, der über Nacht vom Mäzen zum Millionär mutiert.

Deshalb sind die grundlegenden Finanzierungen der Institutionen aus der öffentlichen Hand (Bund, Land, Kommune) so notwendig, damit eine Unabhängigkeit und Qualität gewährleistet ist. Aber ein gesicherter Grundstock ist auch deshalb notwendig, um überhaupt weitere Akquise zu möglichen. Denn viele öffentliche und private Stiftungen helfen nur mit einem Drittel oder der Hälfte der benötigten Beträge für Ankäufe, Ausstellungen oder Publikationen. Wer garnichts hat, kann selten etwas dazu erhalten – so erwirtschaftet hier das öffentliche Grundlagengeld oftmals das Doppelte an privaten oder anderen Stiftungsmitteln!

Die Ankäufe junger Gegenwartskunst sind die Grundlage für die Zukunft – die meisten Museen können sich die Klassiker der Moderne nicht mehr leisten, aber die intelligente, mutige Auswahl von Werken der Gegenwart hat später Wirkung: Mein Vorgänger in der Kunsthalle Bremen konnte keine Rembrandts oder Dürer kaufen – sondern sich nur schenken lassen. Das wenige Geld für Erwerbungen steckte Gustav Pauli mutig in Erwerbungen neuer Kunst: So löste der Erwerb des „Mohnfeldes“ von van Gogh 1910/11 einen nationalen Protest gegen den Ankauf von Bildern der Moderne in deutschen Museen aus – aber dies war der epochale Ankauf für einen Preis von 30.000 Mark, der kleiner war als ein kleines Bremer Reihenhaus und nicht viel größer als die Atlantik-Passage in der Luxus-Suite!

„Macht ein Museum, das so modern ist wie eure Stadt“

von Susanne Titz

 

„Die kulturelle Entwicklung hat […] mit der wirtschaftlichen nicht gleichen Schritt gehalten.“ Ihr braucht ein Museum, das so modern ist wie eure Stadt. Eine „Anstachelung zu weiterem Ausbau“. Versprecht, „fernerhin den Wandel künstlerischer Anschauung lebendig zu machen“, so Karl Ernst Osthaus, Ludwig Justi und Walter Kaesbach, letzterer in Worten von Max Creutz, ausgesprochen 1912, 1922, 1928, verbunden in einer Paraphrase.

Ein Museum für zeitgenössische Kunst braucht nicht nur Ausstellungen, sondern auch Ankäufe. Anderenfalls ist es kein Museum für zeitgenössische Kunst mehr. Innerhalb kürzester Zeit ist die Sammlung von gestern und ihre Verbindung zum Zeitgenössischen verloren. Der Kämmerer einer notleidenden Stadt in Nordrhein-Westfalen, Rechner mit Prinzipien, knallharter Liberaler in dieser fast bankrotten mittleren Großstadt der legendären rheinischen Kunstavantgarde, sagte es vor ein paar Jahren noch deutlicher in zwei Sätzen, die ich nie vergessen werde: „Der Ankaufsetat, den wir hier haben, ist klein. Aber er ist da und ich werde ihn niemals streichen, denn wenn dieser Etat weg ist, ist das Museum kein Museum mehr.“

Gregor Schneider, Raum u r 10 Kaffeezimmer, 1993; Städtisches Museum Abteiberg, Mönchengladbach
Gregor Schneider, Raum u r 10 Kaffeezimmer, 1993; Städtisches Museum Abteiberg, Mönchengladbach

Die Kulturstiftung der Länder erweiterte in den vergangenen Jahren ihre Perspektive auf die Kunst der letzten vierzig Jahre, somit Gegenwart und jüngste Kunstgeschichte. Sie nahm dabei ein für sie neuartiges Risiko an, setzte sich über ein Diktum hinweg, das nicht nur Werner Schmalenbach, legendärer Gründungsdirektor der Kunstsammlung NRW, für allzu lange Zeit vertreten hat: wonach ein Kunstwerk dreißig Jahre alt sein muss, bevor man es für die öffentliche Sammlung in Augenschein nimmt. Das Verfahren ist wie auch bei der älteren Kunst ein komplementäres, ein anteiliges Mitwirken bei gelegenheits-orientierten Entscheidungen, die noch vor der Frist von dreißig Jahren als richtig erscheinen. Unter der Voraussetzung fundierter fachlicher Expertise ist das die ökonomisch viel effektivere Strategie, oft auch letzte Chance für raisonable Entscheidungen im Kunstmarkt, ein intelligentes Umgehen mit den Geldern, die uns die Öffentlichkeit gibt. Es geht hier nicht um die Schnelligkeit auf Kunstmessen, die fiebrigen Jagdszenen von Kritikern, Kuratoren und Privatsammlern bei der Entdeckung aufsehenerregend neuer künstlerischer Positionen. Sondern vielmehr um den zweiten Blick. Um eine gründliche Betrachtung der Gegenwart der Kunstdiskurse, um die Geschichte der Kunst seit 1960 und die vielen Lücken in den Sammlungen, zum Beispiel bei konzeptuellen, weiblichen, performativen, intermediären, beinahe allen jenseits von Malerei und Skulptur liegenden Positionen. Es geht da oft um recht moderate Preise für kapitale Arbeiten, manch wichtige Werkserien und Komplexe kommen erst jetzt zum ersten Mal hervor, häufig aus Altersbesitz oder aus den Nachlässen von Künstlern und Privatsammlern. Tragisch, wenn die öffentlichen Sammlungen keine Ankaufsmittel haben. Gut, wenn deren Träger in den kommenden Jahren durch die Kulturstiftung der Länder dazu angehalten werden, die Investitionsbudgets zu bewahren. Denn sonst sind diese Sammlungen nur noch Museen der Vergangenheit und keine zeitgenössischen Museen mehr.

Museen und die Kunst der Gegenwart im Osten Deutschlands

von Annegret Laabs

 

Das Publikum begegnet anspruchsvoller zeitgenössischer Kunst heute offener als je zuvor. Die stetig steigenden Besucherzahlen der Kunstmuseen und Kunstmessen sprechen eine eindeutige Sprache, und nahezu hysterisch scheint sich die ganze Republik auf die neuen „Sammlermuseen“ zu stürzen. Dabei ist das Thema des „Kunstsammelns“ zur öffentlichen Selbstdarstellung nicht so neu, wie mancher annimmt: „Der Sammler geht voran“, hatte Gert von der Osten 1969 zur Begrüßung von einhundert Dauerleihgaben der Sammlung Ludwig im Wallraf-Richartz-Museum anerkennend geschrieben, und Petra Kipphoff verwies 1980 anlässlich der Einrichtung der Stiftung Ludwig bereits auf ohnehin Bekanntes: Seit dem Mittelalter gehören Kunstwerk und Stiftung, Kunstsammlung und Selbstdarstellung untrennbar zusammen.

Dass öffentliche Museumssammlungen historisch aus privat-bürgerlichem Engagement entstanden sind und entstehen, ist bekannt, und es wird dennoch gern vergessen. Ebenso unstrittig ist, dass private Stiftungen, ob als eigenständige Museen oder als Teil öffentlicher Sammlungen, den wichtigsten Anteil an der Schaffung eines kulturellen Erbes haben – vorausgesetzt, das jeweilige Stiftungsmodell ist durchdacht und auf Nachhaltigkeit gegründet. Verschoben hat sich die Wahrnehmung wohl erst angesichts der wenige Jahre andauernden Situation der Wirtschaftswunderzeit in der BRD bzw. der staatlich vorgegebenen Kulturpolitik in der DDR, in der seitens öffentlicher Träger ein gezielter Sammlungsauf- bzw. -ausbau erfolgte, nicht zuletzt aus Gründen staatlicher Selbstdarstellung, in West wie in Ost.

Blick in die Sammlung Kunst der Gegenwart im Kunstmuseum Kloster Unser Lieben Frauen Magdeburg, 2012
Blick in die Sammlung Kunst der Gegenwart im Kunstmuseum Kloster Unser Lieben Frauen Magdeburg, 2012

Inzwischen längst etabliert ist in den Zentren der Gegenwartskunst, allen voran in Berlin und dem Rheinland, das private Sammler- und Mäzenatentum, ausgestattet mit genügend Kapital, um oft über eine ganze Generation hinweg kontinuierlich individuelle oder aber auch ganz dem Mainstream entsprechende Kunst zu sammeln. Die großen privaten Sammlungen – ob sie als Privatmuseen existieren oder in die großen Museen drängen und die Profile der öffentlichen Sammlungen mehr und mehr bestimmen, museales Arbeiten erschweren oder gar zu ersticken drohen – sind hingegen nicht das Thema im Osten der Republik. Die Frage, inwieweit sich Sammler ins Rampenlicht stellen dürfen, ohne die Integrität des Museums zu beschädigen, stellt sich selbst in den größeren Landeshauptstädten der östlichen Bundesländer nur in Ausnahmefällen. Viel zu selten gibt es den Glücksfall, dass man darüber nachsinnen kann, wie sich aus dem gestalteten Miteinander von Privatsammler und öffentlicher Institution ein Gewinn auf lange Sicht erzielen lässt.

Im Wesentlichen bleibt für uns die Frage zu beantworten, wie einst bedeutende bürgerliche Museen im Osten Deutschlands, die über große Sammlungen der Zeit vor 1945, reiche Sammlungen der Nachkriegszeit und der DDR verfügen, angesichts des fehlenden Grundkapitals weiter Bereiche der Gesellschaft in Zukunft ihre Sammlungsbestände auf- und ausbauen können. Zukunft mitdenken sollte bedeuten, ganz konkret zu überlegen, wie der Sammlungsabriss in den Museen z. B. in Erfurt, Halle, Leipzig oder Magdeburg aufgefangen werden kann. Eine wichtige Frage der Zukunft wird lauten: Wie garantieren wir, dass auch an diesen Orten bleibende Werte entstehen, dass etwas überliefert wird vom „Kunstboom“ unserer Zeit? Nicht verschweigen möchte ich die vielen zarten kleinen und deshalb für die einzelnen Museen sehr bedeutenden Anfänge, die es dennoch gibt und die uns Mut machen, denn, dass Petra Kipphoff im selben Text in Bezug auf die BRD schrieb: „Stifter sind rar in diesem Land“, mag sich für viele westdeutsche Großstädte gewandelt haben. Möge es – wie im etablierten „Kunstmuseumsland Westdeutschland“ – 30 Jahre dauern, bis der Osten der Republik in punkto Kunstreichtum nachholt: Immerhin, Museen haben zum Glück einen langen Atem und können sich ja schon einmal rüsten für das, was hoffentlich noch kommen mag, wenn sich die derzeitige Sammlergeneration der Vielschichtigkeit und historischen Bedeutung der Institution Museum bewusst wird.

Die junge Kunst vertiefen und Otto Dix hochhalten

von Ulrike Groos

 

Museen sind wissenschaftliche Anstalten: Sie stehen für Tradition, Bewahrung und Überlieferung und arbeiten im historischen Kontext einer über einen langen Zeitraum zusammengetragenen Sammlung. Ihre drei Kernaufgaben sind Sammeln – und damit die Pflege der Sammlung –, Forschen und Präsentieren. Dies macht Museen unverwechselbar und einzigartig im Vergleich zu anderen Institutionen. Aus der Sammlung kulturelle Denklinien zu entwickeln sowie Ausstellungen und Publikationen als Plattform für Forschung und wissenschaftlichen Austausch, für Bildung und Vermittlung zu realisieren, gehört für mich zu einem der wesentlichen Tätigkeitsfelder des Museums. Jedem Bereich – Sammeln, Forschen, Präsentieren – die gleiche Aufmerksamkeit zu schenken, ist sicherlich zunehmend auch eine Frage der Finanzierung. Welches Haus kann sich schon gute Wissenschaftler leisten, die über einen längeren Zeitraum ausschließlich über Künstler und Themen der Sammlung forschen, ohne dass diese Arbeit unmittelbar sichtbar wird? Die von der Öffentlichkeit und Politik gewünschten publikumswirksamen Sonderausstellungen werden für viele Museen zu immer wichtigeren Erfolgsreferenzen. Dabei ist es leichter, Sponsoren für Wechselausstellungen zu gewinnen als für Forschungsprojekte oder Bestandskataloge. Doch das Museum auf den Ausstellungsbetrieb zu reduzieren, bedeutet eine Schmälerung und Verarmung dessen, was Sammlungskunst anstoßen kann. Für mich ist die Gleichrangigkeit von Sammlung und Sonderausstellung wesentlich, denn die Vertiefung und Reflexion sind ebenso wie die Erkundung von Neuem zentrale Aufgaben des Museums.

Das Kunstmuseum Stuttgart ist kein Museum, das über eine breit angelegte, historische Sammlung verfügt und somit die Kunstgeschichte umfassend darstellen könnte, denn die Stadt Stuttgart hat erst relativ spät angefangen, Kunst zu sammeln. Sammlungen wie die des Kunstmuseums können also nur einen spezifischen Ausschnitt aus dem Kanon der Kunstgeschichte zeigen und eine Alternative zu diesem bieten.

Katinka Bock, Dichte I, 2010, 60 × 60 × 40 cm; Kunstmuseum Stuttgart
Katinka Bock, Dichte I, 2010, 60 × 60 × 40 cm; Kunstmuseum Stuttgart

Deshalb sollten vorhandene Schwerpunkte und Entwicklungslinien in der Sammlung erkannt, in ihrer Richtung gestärkt und wissenschaftlich bearbeitet werden. So geht es auch allgemein weniger darum, Mustersammlungen aufzubauen, als vielmehr spezielle Profile herauszuarbeiten, zu pflegen und sichtbar zu machen – also eine Spezialisierung auf mehrere Bereiche. Die Schwäche vieler Sammlungen – und so auch der Stuttgarter – ist, dass von einigen Künstlern nur eine einzige Arbeit angekauft wurde. Hier muss im Kontext der gesamten Sammlung genau überlegt werden, ob und warum diese Position weiter ausgebaut werden sollte. Dabei kann das Vorgehen nur sein, generell in den guten Beständen noch besser zu werden, also nicht enzyklopädisch zu sammeln, sondern den Eigencharakter der Sammlung zu stärken. Das ist inzwischen in vielen Museen nur mit Unterstützung privater Sammler möglich. Viele der Werke, die im Kunstmuseum Stuttgart zu sehen sind, gehören weder der Stadt noch dem Museum, sondern sind Leihgaben von Privatleuten, Unternehmen oder Banken. Deshalb war es mir bei meinem Amtsantritt im Jahr 2010 besonders wichtig, das Engagement der Privatsammler für unser Haus zu fördern. Im Frühjahr 2011 startete unsere neue „Sammlerreihe“ mit einem besonderen Ausschnitt aus der Sammlung der in Stuttgart lebenden Sammler Rudolf und Ute Scharpff: der Graffiti-Kunst der 1980er Jahre. Es folgten Werke der Stöhrer-Stiftung, mit der das Kunstmuseum eng verbunden ist, Arbeiten aus der Privatsammlung Rudolf und Berta Frank, die sich als Leihgabe im Kunstmuseum Stuttgart befinden, und aktuell Fotografien von Anton Stankowski aus der Stankowski-Stiftung, die das Kunstmuseum in naher Zukunft beherbergen wird. Dieses neue Format der „Sammlerreihe“ alterniert mit dem bereits bestehenden Format der sogenannten Frischzelle, das Werke junger Künstler zeigt. Junge Künstler erhalten durch diese Ausstellungsreihe ihren eigenen Platz im Museum. Dank der Förderung dieser Reihe durch die KPMG, die auch einen Ankaufsetat umfasst, können Werke der „Frischzellen“-Künstler unmittelbar nach der Ausstellung angekauft werden.

Die zeitgenössische Kunst wird somit in Zukunft auch bei den Ankäufen eine wichtige Rolle spielen, denn jedes Museum sollte nicht nur für die Vergangenheit und Gegenwart Sorge tragen, sondern auch nach vorne, in die Zukunft schauen. Förderungen, die Ankäufe von Werken für die eigene Museumssammlung ermöglichen, sind deshalb besonders wichtig.