Böttgers „Braunes Gold“

Die kühne Behauptung, dass er aus wertlosen Materialien Gold herstellen könne, brachte den Alchemisten Johann Friedrich Böttger Anfang des 18. Jahrhunderts an den Hof des sächsischen Kurfürsten August des Starken nach Dresden. Eingesperrt in die Jungfernbastei führten Böttgers keramische Experimente alsbald zu dem lang ersehnten durchschlagenden Erfolg: der Erfindung des europäischen Porzellans, dem „Weißen Gold“, für dessen Produktion August der Starke 1710 die erste Porzellanmanufaktur Europas auf der Albrechtsburg in Meißen gründete.

Eine der frühesten und seltenen Schöpfungen dieser Zeit, in der man sich für figürliche Darstellungen oft noch des rotbraunen sogenannten Böttgersteinzeugs, Vorläufer des weißen Porzellans, bediente, ist die um 1712 im Umkreis des Bild­hauers Balthasar Permoser entstandene Statuette eines Feldherrn – als Schöpfer vermutet man den Künstler Benjamin Thomae. Die Figur zeigt vermutlich den jugendlichen Sohn Augusts des Starken, Friedrich August II., der seinem Vater 1733 als Kurfürst von Sachsen und König von Polen folgen sollte. Die feinteilige Statuette aus der Blütezeit des augustäischen Barocks belegt eindrucksvoll die bildnerische Ausdruckskraft der sächsischen Künstler, die selbst für hartes Material vielseitige Bearbeitungs­techniken kannten. Weltweit sind nur wenige Statuetten aus Böttgersteinzeug erhalten, das Schweriner Objekt stellt zudem die einzig bekannte Ausformung dieses Modells dar. Das Staatliche Museum Schwerin konnte nun mit Unterstützung der Kultur­stiftung der Länder, der Ernst von Siemens Kunststiftung, der Rudolf-August Oetker-Stiftung und der Hermann Reemtsma Stiftung dieses außer­ge­wöhnliche Zeugnis der Porzellange­schichte erwerben. Ursprünglich stammt die 16 Zentimeter hohe Keramikfigur aus der 1937 in Berlin zwangsversteigerten Sammlung der jüdischen Mäzenin Emma Budge – dort wurde die Statuette für das damalige Mecklenburgische Landesmuseum erworben. Im Jahr 2001 an die Jewish Claims Conference, die die Erben Emma Budges vertritt, restituiert, konnte das Kunstwerk zunächst als Leihgabe im Staatlichen Museum Schwerin ver­bleiben. Mit dem gelungenen An­kauf kann das Spitzenstück des frühen Meisse­ner Porzellans weiter in der umfassenden Porzellan­sammlung des Museums präsen­tiert werden.

Die heutige Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen war die erste und lange Zeit führende Manufaktur für Hartporzellan in Europa. Auf dem Kunstmarkt zählen Meissener Porzellane der Frühzeit heute zu den äußerst begehrten Sammlerstücken.