Gesammelte Schönheit

Unzählige Bücher wurden geschrieben und viele Filme gedreht, um die Persönlichkeit der berühmten Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn, von ihren Geschwistern Sisi genannt, zu fassen. Und dennoch bleibt das Bild recht unscharf, denn bereits in jungen Lebensjahren entzog sie sich dem Trubel um ihre Person auch dadurch, dass sie sich nicht mehr fotografieren ließ. Neben Briefen und Texten ihrer Zeitgenossen über Sisi gibt es nur wenige direkte Zeugnisse, die ihre Gedankenwelt widerspiegeln. Eines davon ist das Konvolut aus 18 Alben, die das Museum Ludwig noch bis zum 21. Februar 2021 in der Ausstellung „Sisi privat. Die Fotoalben der Kaiserin“ zeigt. In den 1860er-Jahren sammelte Sisi rund 2.000 Fotografien von Berühmtheiten, Kunstwerken und Adligen – darunter auch Darstellungen ihrer eigenen Familie – im Carte-de-Visite-Format. Diese beliebten Formate wurden in großen Auflagen produziert und bestimmten mit ihrer starken Reichweite nicht zuletzt die öffentliche Meinungsbildung mit.

Indem die Alben der Kaiserin, die sie zeitlebens privat hielt, 100 Jahre lang von Hand zu Hand gereicht wurden, gelangten sie aus dem Familienbesitz in den Kunsthandel, wurden dort von Sammler zu Sammler weitergegeben und fielen schließlich 1994 an das Museum Ludwig. Doch hatte die Odyssee Spuren hinterlassen: Zahlreiche Fotografien hatten sich gelöst, einige Alben waren brüchig, die Seiten teilweise rissig. Dank der Unterstützung des Freundeskreises der Kulturstiftung der Länder konnten die „Schönheiten-Alben“, die mit Lederbindung, Amethystenbesatz und Goldschnitt am aufwändigsten gestalteten der insgesamt achtzehn Alben, kürzlich erfolgreich restauriert werden. Auch inhaltlich stechen die „Schönheiten-Alben“ hervor, denn sie vereinen ausschließlich hoch inszenierte Frauenfotografien. Für die passionierte Sammlerin Sisi, die ihren Schwager Erzherzog Ludwig Viktor sowie die Botschafter Österreichs in Konstantinopel, St. Petersburg, London und Berlin um die Beschaffung weiterer „hübscher Gesichter“ für ihre Sammlung bat, dürften die Fotografien nicht zuletzt als Inspirationsquelle für ihr eigenes Erscheinungsbild, das sie zeitlebens ebenso sorgsam wie bewusst entwarf, gedient haben. Nach ihrer Restaurierung sollen die Alben der Öffentlichkeit nun dauerhaft als Quellenmaterial zur historischen Person Elisabeth von Österreich-Ungarn und ihrer Zeit zugänglich gemacht werden. Gut denkbar, dass der wissenschaftliche Blick auf die Alben in Zukunft weitere Facetten der beliebten Regentin offenbaren wird.