Friedrichs Familienbunde

Er wusste sich zu inszenieren: Mit Sätzen wie „Die Kunst mag ein Spiel sein, aber sie ist ein ernstes Spiel“ etablierte Caspar David Friedrich seinen Ruf als tiefsinni­ges Künstlergenie – konform dem Ideal der Romantik. Werke wie „Der Mönch am Meer“ wurden als schönste Sinnbilder der Einsamkeit interpretiert, und im Rück­schluss unterstellte man dem Privatmann Friedrich wenn schon nicht düstere Schwer­­mut, so doch allemal Ernsthaftigkeit. Dass der Meister des Melancholischen aber privat durchaus spielerische Freude am Trivialen hatte, verrät eine wertvolle Sammlung von Fried­rich-Briefen, die nun das Pommersche Landesmuseum in Greifswald erwerben konnte. In den Zeilen an seinen Bruder Christian aus dem Jahre 1808 frönt Caspar David durchaus auch den Wonnen des Dorfgeredes, non­chalant berichtet er vom Erbprinzen von Weimar: „Daß Gerücht geht hier sehr stark, dass [er] verliebt sein soll (pikant, da er verheiratet war), versteht sich, in ein Mädchen.“

So manch überraschenden Einblick in die Persönlichkeit Caspar David Friedrichs (1774–1840) gewährt das 55 Schriftstücke umfassende Konvolut mit 32 eigenhän­digen Briefen des Künstlers, 22 aus der Feder von Geschwistern und Freunden sowie mit einem Manuskript der vermutlich von Johann Friedrich Wizani stammen­den Erzählung „Die Überfahrt“. Die seltenen Stücke aus den Jahren 1807 bis 1830 zeugen auch von Friedrichs tiefem Glauben und den engen Banden der Greifswal­der Familie. Aus Dresden – hier hatte sich der Maler dauerhaft niedergelassen – klagt der Freischaffende den Verwandten in der Greifswalder Heimat seine Geld­nöte oder berichtet aus dem Schaffensprozess neuer Werke. Zahlreiche Witze und Anekdoten, mit denen er seine Briefe würzt, verraten, dass Friedrich seinen Humor auch dann nicht verliert, wenn der Geldbeutel mal wieder leer und die „gegenwär­tige Lage drükkend“ ist. Kulturgeschichtlich erweisen sich die zumeist mit dunkler Tinte beschriebenen dünnen Blätter – übrigens solche, wie sie Friedrich auch für Zeich­nungen verwendete – freilich als ebenso spannend, liest man sie als Kommen­tar zur damaligen pommerschen Kunstszene und zum politischen Geschehen in Zeiten der französischen Besetzung unter Napoleon.

Diese sogenannten Geschwisterbriefe finden jetzt mit Unterstützung der Kultur­stif­tung der Länder und der Hermann Reemtsma Stiftung ihren Weg nach Greifs­wald – die Geburtsstadt des Malers. Das kostbare Konvolut erweitert die Roman­tik­­samm­lung des Pommerschen Landesmuseums, das sich unter anderem dem Erbe Caspar David Friedrichs verschrieben hat. Es gesellt sich zu sieben Friedrich-Gemäl­den und einem umfangreichen Grafikbestand. Zu bestaunen ist der intime Briefwechsel in einer Ausstellung ab dem 30. August 2014, wenn Greifswald den 240. Geburtstag Friedrichs feiert: In der Gemäldegalerie wird man dann auch einen erhellenden Blick hinter die Fassade des oftmals als scheu und introvertiert dargestellten Künstlers werfen können.