„Kafkas Briefe an Ottla” für Marbach und Oxford
Mit dem Rückzug von der Auktion und dem gemeinsamen Erwerb ist sichergestellt, dass eines der umfangreichsten und wichtigsten Handschriftenkonvolute Kafkas geschlossen in öffentlichen Besitz gelangt und davor bewahrt bleibt, als Spekulationsobjekt in private Hand zu gelangen und später einzeln verkauft zu werden. Damit werden die beiden wichtigsten Institutionen, die sich der Bewahrung von Handschriften Franz Kafkas verschrieben haben, die Bodleian Library Oxford und das Deutsche Literaturarchiv Marbach, in ihrem Bestreben, den Nachlass des Prager Autors möglichst geschlossen zu erhalten, wesentlich gestärkt.
Die Erben von Ottla Kafka begrüßen ausdrücklich diese Vereinbarung und die vorgesehene enge Kooperation zwischen der Bodleian Library und dem Deutschen Literaturarchiv. Zusätzlich zu dem 111 Autographen (Briefe, Postkarten und Bildpostkarten) umfassenden Konvolut der Briefe an Ottla übergeben sie den beiden Institutionen auch 23 Briefe von Julie Kafka an ihre Kinder Franz und Ottla, 3 Briefe von Dora Diamant an Ottla sowie 9 Briefe von Robert Klopstock an Ottla.
Unter Federführung der Kulturstiftung der Länder konnte in den Verhandlungen eine Einigung mit den Erben von Ottla Kafka erzielt werden. Finanziert wird die Erwerbung auf deutscher Seite aus Mitteln der Zuwendungsgeber des Deutschen Literaturarchivs – dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und dem Land Baden-Württemberg –, sowie der Kulturstiftung der Länder und engagierter privater Stifter. Zu diesen gehören die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck und das britische Verlagshaus Macmillan Publishers Ltd.
Das Deutsche Literaturarchiv Marbach und die Bodleian Library tragen die Kaufsumme zu jeweils 50 Prozent und werden dadurch Eigentümer an dem gesamten Konvolut. Die Handschriften werden künftig im Deutschen Literaturarchiv Marbach aufbewahrt, Vereinbarungen mit der Bodleian Library über den erleichterten internen Leihverkehr und die wissenschaftliche Erschließung sind vorgesehen. Oxford und Marbach haben sich zu diesem gemeinsamen Schritt entschlossen, um das einzigartige Kulturerbe vor der Zerstreuung zu bewahren und es für Forschung und Öffentlichkeit zugänglich zu halten. Die zusätzlich erworbenen Briefe von Julie Kafka, Dora Diamant und Robert Klopstock sind für die biographische Auseinandersetzung mit Kafka besonders aufschlussreich, die Briefe von Dora Diamant und Robert Klopstock vor allem deshalb, weil sie ein Licht auf die letzten Lebenswochen des kranken und vom Tode gezeichneten Dichters werfen. Die Briefe an seine Lieblingsschwester Ottla gelten als besonders persönliche, intime Dokumente Kafkas, die seine familiäre Seite unverstellt zum Ausdruck bringen.