Die Spur des Löwen
Silbern und golden schimmert seit 77 Jahren der Schönborn’sche Löwenpokal als barockes Prunkstück im Historischen Museum der Stadt Bamberg – das Ankaufsjahr 1937 lenkte jedoch Aufmerksamkeit auf die Umstände der Erwerbung des kostbaren Zeugnisses fränkischer Edelschmiedekunst. Deshalb begab sich die Provenienzforscherin der Bamberger Museen auf die Spur des Löwenpokals. Mit detektivischem Gespür durchforstete Anne-Christin Schneider in einem von der Berliner Arbeitsstelle für Provenienzforschung geförderten Projekt die Museumsarchivalien und bestätigte: Beim Pokal handelt es sich um Raubkunst aus einer ehemals jüdischen Privatsammlung – er wurde am 4. Oktober 1937 von der Stadt bei einer Zwangsversteigerung der Kunstsammlung Emma Budge für 3.680 Reichsmark weit unter Wert ersteigert; der Erlös floss auf Sperrkonten des Dritten Reiches. Im Rahmen einer fairen und gerechten Lösung im Sinne der Washingtoner Erklärung einigte sich die Stadt Bamberg mit den Erben der Sammlerin Emma Budge und erwarb die Löwenstatuette nun rechtmäßig. Mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, der Oberfrankenstiftung, der Weltkulturerbestiftung Bamberg und der Hans-Friedrich-Oskar-Deis-Gedächtnis-Stiftung glänzt der Pokal damit weiterhin in den Sammlungen der Bamberger Museen.
Die exquisite Figur war die Siegtrophäe beim Bamberger „Freien Kunst- und Ritterschießen“ im Jahre 1712. Den goldenen Treffer mit der Büchse setzte der Flaschner Johann Fronhoffmann, wie eine Gravur auf dem prächtigen Preispokal überliefert. Lothar Franz von Schönborn (1655–1729) – Mainzer Kurfürst und Fürstbischof von Bamberg in Personalunion – stiftete die Goldschmiedearbeit in Gestalt des Schönborn’schen Wappentieres. Den zweischweifigen Löwen trieb Johann David Pfaff (1686–mind. 1719) aus vergoldetem Weißsilber. Der Nürnberger Meister ziselierte die feine Mähne des herrschaftlichen Tieres und ließ es über einen mit reichem Laub- und Bandelwerk verzierten stilisierten Fränkischen Rechen balancieren. Das abnehmbare, bekrönte Löwenhaupt des heraldischen Schützenpreises diente als Trinkgefäß. Als in den Sammlungen der Stadt Bamberg äußerst seltenes Edelmetallstück – da Gold- und Silberobjekte während der Weltkriege abgegeben werden mussten – berichtet es als Machtsymbol von der Schönborn’schen Regentschaft und zugleich von der Geschichte des fränkischen Schützenwesens. Der Pokal wird ab April 2015 in der neuen Dauerausstellung „Jüdisches in Bamberg“ im Historischen Museum von einer einst blühenden jüdischen Sammelkultur künden.