Mit spitzer Feder
Mit kritischem Blick durchleuchtete die Karikaturistin Marie Marcks die gesellschaftliche Stellung der Frau, stellte Selbst- und Fremdeinschätzung ihrer Geschlechtsgenossinnen pointiert in Frage: Marie Marcks‘ frühe Arbeiten aus den 1960er Jahren flankierten die entstehende Emanzipationsbewegung. Indem sie aufgriffen, was bewegte, machten die Zeichnungen ihre Schöpferin bekannt. Doch auch andere aktuelle Themen waren Marcks ein Anliegen: Von Umweltverschmutzung über Wiederaufrüstung bis hin zum Rechtsextremismus blieb kein politischer oder gesellschaftlicher Missstand von der spitzen Feder der kritischen Alltagschronistin unkommentiert. Nun kommt der wertvolle Vorlass der Karikaturistin mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, der Stiftung Niedersachsen, der Sparkassenstiftung Niedersachsen und der Wilhelm-Busch-Gesellschaft in das Museum Wilhelm Busch.
Die 1922 in Berlin geborene Künstlerin setzte sich mit ihren klugen, detailreichen Karikaturen auf dem männlich dominierten Terrain durch. Ihren Bilderspott positionierte sie in namhaften Zeitungen, wie der Zeit, dem Spiegel, Stern und im Satiremagazin Titanic. In der Süddeutschen Zeitung kommentierte die engagierte Zeitgenossin mit ihren Zeichnungen über ein Vierteljahrhundert das tagespolitische Geschehen. Durch ihren beruflichen Erfolg und als zeitweise alleinerziehende Mutter von fünf Kindern agierte sie selbst als eine Protagonistin weiblicher Emanzipation – es verwundert mithin wenig, dass gerade für die Themenkomplexe Arbeitswelt, Frau, Familie, Jugend und Erziehung so manche Anekdote aus dem eigenen Leben als Inspiration diente.
Über 2.000 Illustrationen – meist schwarzweiß in Tusche, aber auch mit Farbstift und als Aquarell auf DIN-A4 oder -A3 gezeichnet und oft mit Marcks‘ markanter Handschrift versehen – übergibt die Künstlerin nun an das Museum Wilhelm Busch. Im Konvolut finden sich u. a. auch Marie Marcks‘ gezeichnete Autobiographie „Marie, es brennt!“ mit den dazugehörigen Tagebüchern sowie diverse satirische Bilderbücher und eine frühe großformatige Zeichnung des brennenden Berlins von 1943. Allein das zeichnerische Werk entstand in über 50 Jahren und ist nicht nur wegen des kritischen Auges der Zeichnerin ein die Entwicklung der Bundesrepublik überspannendes Zeitzeugnis. In ihrer kunst- und zeithistorischen Relevanz gesellen sich die Arbeiten im Hannoveraner Museum für Zeichenkunst zu anderen herausragenden Nachlässen wie beispielsweise denen von Ronald Searle und F. K. Waechter. Ergänzt werden sie zudem von 35 weiteren Marcks-Zeichnungen, die bereits im Jahre 2005 erworben wurden.