Zur Rechten Gleims
Sie prägten eine neue „zärtliche“ Sprache der Männerfreundschaft: Die Dichter Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719-1803) und Johann Georg Jacobi (1740-1814) beschworen im poetischen Manifest einer empfindsamen Geistesverwandtschaft den Freundschaftskult der Aufklärung; veröffentlicht wurde das briefliche Rollenspiel 1768 in den „Briefen der Herren Gleim und Jacobi“. Auch im Leben in inniger Zuneigung verbunden, ließ Gleim sein „Jacobitchen“ für seine – Freunschaftstempel genannte – Galerie porträtieren. Das seit dem Zweiten Weltkrieg verschollene Bildnis des Freundes von Benjamin Calau hinterließ eine schmerzliche Lücke in der Porträtgalerie des Halberstädter Gleimhauses. Mit dem Erwerb eines Bildnisses von Johann Georg Jacobi aus Berliner Privatbesitz kehrt nun der verlorene Freund in die Bildergalerie der Dichter und Denker des 18. Jahrhunderts zurück.
Das – mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, des Landes Sachsen-Anhalt und zahlreicher privater Förderer – erworbene Gemälde bannt den Esprit des Modells auf Leinwand. Ein unbekannter Künstler, aber zweifellos exzellenter Porträtist schuf das 53,5 x 42,5 messende Bild, das durch eine jugendlich-lässige Heiterkeit besticht und in seiner Farbigkeit an Pastellmalerei erinnert. In der lebendigen Manier der Ölmalerei ist – im ungewöhnlich informellen Porträt – die genialische Lockerheit sowie das empfindsame und geistsprühende Wesen Jacobis ins Bild gesetzt. Sein Blick aus braunen Augen schweift am Betrachter vorbei, schwarze Schleifen im gelockten Haar flattern im Wind, das mit feinen Spitzen besetzte Hemd unter dem grünen Rock ist nachlässig geöffnet: Das Gemälde spiegelt das lebhafte, aller Förmlichkeit abholde Temperament von Gleims engem Vertrauten.
Das Gleimhaus – das seit 1862 den Nachlass im ehemaligen Wohnhaus des Dichters, Sammlers und Literaturaktionisten beherbergt – ergänzt mit dem Gemälde seine einzigartige Porträtsammlung großer Geister der Aufklärung um einen der wichtigsten Protagonisten. Am Ehrenplatz neben dem Bildnis des einstigen Hausherren vermittelt das Konterfei Jacobis, der auf Bestreben Gleims nach Halberstadt zog, auch museal die innige Verbindung der Dichterfreunde. Die Wissenschaftler des Literaturmuseums sind bereits intensiv beschäftigt, die Identität des noch unbekannten Malertalents zu enträtseln.