Zeitenwende 1400

Die ausgestellten Werke verdeutlichen die Auswirkungen der von Umbrüchen geprägten Zeit um 1400 auf Hildesheim: Jahrzehnte in denen Innovationen und gesellschaftlicher Wandel neben klimatischen Veränderungen und Epidemien standen. Große Bauprojekte wie der Domausbau und die Errichtung von Pfarrkirchen veränderten damals die Stadt, das städtische Sozialwesen wurde erweitert und neue intellektuelle Strömungen breiteten sich aus. Zentrales Objekt der Ausstellung ist ein Altarretabel aus dem ersten Drittel des 15. Jahrhunderts, das aus dem ehemaligen Hildesheimer Trinitatisspital stammt. Das vergoldete Schnitzkunstwerk befand sich über Jahrzehnte in der Hildesheimer Bernwardskirche. Erstmals nach der Restaurierung im Rahmen des Förderprogramms „Kunst auf Lager“ wird das Ensemble nun im Dommuseum präsentiert.

Bild zeigt ein nach links und rechts geöffnetes Retabel, vergoldet mit goldenen und bemalten Figuren, es ist das Retabel aus der Trinitatishospital-Kapelle in Hildesheim und Bestandteil der Ausstellung Zeitenwende 1400 in Hildesheimer Dom, gefördert von der Kulturstiftung der Länder
Retabel aus der Trinitatishospital-Kapelle in Hildesheim; Hildesheim; © Roemer- und Pelizaeus-Museum, Foto: Stefan Kube

Den zweiten Schwerpunkt bildet der um 1400 grundlegend umgestaltete Hildesheimer Dom. In der Schlacht von Dinklar (1367) hatten die Hildesheimer erfolgreich gegen die Braunschweiger gekämpft und später aus dem Erlös der Gefangenen den Vierungsturm des Domes neu vergoldet und einen Kelch aus purem Gold anfertigen lassen. Dieser ist noch immer Teil des Domschatzes. Die Ausstellung analysiert die Beifügungen zum Schatz über die Jahrzehnte hinweg. Parallel zum Hildesheimer Schatz entstanden in dieser Zeit zahlreiche Kunstschätze, die heute noch zur Identität des Bundeslandes Niedersachsen beitragen. Ausschlaggebend dafür war die Stilrichtung der Internationalen Gotik, die eine Wende in der europäischen Kunst- und Kulturgeschichte mit sich brachte.

Zahlreiche Leihgaben vermitteln den Besucherinnen und Besuchern zudem Hildesheims Rolle als wachsender und europaweit vernetzter Handelsplatz und Standort zahlreicher geistlicher Einrichtungen. Unter den Exponaten befindet sich auch ein jüngst im New Yorker Metropolitan Museum wiederentdecktes Messbuch, das aus dem Hildesheimer Michaeliskloster stammt und dem zweiten Drittel des 15. Jahrhunderts zuzuordnen ist.

Auch religiöse Veränderungen prägten die Zeitenwende: Geistliche Gemeinschaften trugen zu einer religiösen Erneuerungsbewegung in der Stadt bei  – die „Devotio moderna“ (lat. Neue Frömmigkeit). Sie stellte die Bindung zwischen Gott und dem einzelnen Menschen in den Vordergrund und trieb die Bildung als Voraussetzung dafür voran. Kardinal Nikolaus von Kues (1401-1464), einer der bedeutendsten Gelehrten seiner Zeit, besuchte Hildesheim im Jahr 1452, sein Aufenthalt markiert den zeitlichen Endpunkt der Ausstellung. In seinem Auftrag wurde in der Lambertikirche in Hildesheim eine Holztafel angebracht: die sogenannte Katechismustafel gibt das Vaterunser, Ave Maria, Glaubensbekenntnis und die Zehn Gebote in niederdeutscher Sprache wieder. Im 15. Jahrhundert wurden vermehrt religiöse Texte zur stärkeren Bildung der Laien in Kirchen angebracht. Neben der Katechismustafel werden auch die Reformbemühungen des 15. Jahrhunderts im letzten Kapitel der Ausstellung thematisiert. Die Reformen bilden die Schwelle zur Neuzeit und waren die Voraussetzungen für die Entwicklungen der folgenden Jahrhunderte.

Weitere Förderer: Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur, Ernst von Siemens Kunststiftung, Niedersächsische Sparkassenstiftung, Sparkasse Hildesheim Goslar Peine, VGH Stiftung, Landschaftsverband Hildesheim e.V., Hildesheimische Landschaft, Hildesheimer Dombauverein