Erwerbungsförderung

Gläsernes Gästebuch aus dem 16. und 17. Jahrhundert

Das Deutsche Historische Museum (DHM) in Berlin erwirbt einen achtkantigen Glasbecher – ein sogenanntes Willkomm-Glas – mit diamantgeritzten Signaturen aus den Jahren 1548 bis 1650.

Das Glas stammt aus dem Besitz der Grafen von Oettingen, über hundert Jahre hatten sich prominente Besucherinnen und Besucher der Grafen per Signatur auf dem Becher verewigt. Die Kulturstiftung der Länder fördert den Ankauf mit 65.000 Euro.

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Dazu Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder: „Der Willkomm-Becher der Familie Oettingen ist einzigartig in seiner Gestaltung als ‚gläsernes Geschichtsbuch‘. Nur wenige vergleichbare Objekte sind heute bekannt oder erhalten. Wie durch ein Brennglas erzählt der Becher von den territorialen und dynastischen Verbindungen der Familie Oettingen. Gleichzeitig zeigt er die Signaturen wichtiger Personen und Daten der deutschen und europäischen Geschichte im Zeitalter der Reformation. Deshalb freue ich mich, dass wir dem Deutschen Historische Museum dabei helfen konnten, diesen Becher für die seine neue Dauerausstellung zu erwerben.“

Der Glasbecher stammt aus dem Besitz der Familie der Grafen von Oettingen, später Fürsten von Oettingen-Wallerstein. Von ca. 1530 bis 2018 verblieb er in Familienbesitz, das Deutsche Historische Museum erwirbt den Willkomm-Becher nun aus dem Kunsthandel. Ab 2025 soll der Oettingensche Willkomm-Becher als Leitobjekt eine Schlüsselrolle in der neuen Dauerausstellung des DHM einnehmen. Dauerhaft in den Rundgang des Museums eingebunden, erzählt das Glas die Geschichte territorialer Verschiebungen sowie der Reformation und bündelt zentrale historische Gegebenheiten und Akteure des Dreißigjährigen Kriegs.

Das Willkomm-Glas besteht aus einem Gebrauchsglas aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts montiert auf einem mit Krabbenrand und Punktdekor verzierten Standring aus vergoldetem Silber. Auf den acht Rippen des Glases gravierten über 30 Personen ihre Namen, Titulaturen, heraldische Motiven, Jahreszahlen oder auch Spitznamen mit einer Diamantnadel. Zu den Besucherinnen und Besuchern zählten Adlige, Militärs, Landesherrn und Schlüsselfiguren der Reformationen, darunter der von Martin Luther als Hofprediger nach Oettingen vermittelte Georg Karg, sowohl Katholiken als auch Protestanten aus den Häusern Hohenlohe, Oettingen-Oettingen, Leiningen und Solms sowie Heerführer, wie die schwedischen Generäle Adolf von May und Graf Robert Douglas. Das Glas zeigt somit sowohl die Signaturen von Vertreterinnen und Vertretern beider Konfessionen, Daten aus der Zeit der Wirren der Religionskriege und überregional bedeutende Ereignisse wie die Schlacht bei Nördlingen (1634) und die Ulmer Friedensverhandlungen (1647), die das Ende des Dreißigjährigen Krieges einleiteten. Alle Inschriften wurden zwischen 1548 und 1650 auf dem Glas angebracht.

Das fränkisch-schwäbische Adelsgeschlecht der Familie Oettingen wurde 1674 in den Fürstenstand erhoben, es stellte die Landesherren der reichsunmittelbaren Grafschaft Oettingen im Riesgau, gelegen im heutigen Nordschwaben. Im 16. und 17. Jahrhundert war die Grafschaft einer der Hauptschauplätze der Reformationskonflikte. Im 16. Jahrhundert teilte sich das Haus Oettingen schließlich in eine protestantische (Haus Oettingen-Oettingen) und eine katholische (Haus Oettingen-Wallerstein) Linie. Inschriften von Vertreterinnen und Vertretern beider Häuser finden sich auf dem Willkomm-Glas, sie stehen für das Nebeneinander beider christlicher Konfessionen nach dem 16. Jahrhundert.

Weitere Förderer: Museumsverein des Deutschen Historischen Museums

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