Weiße Nacht
Hinaus aus der Künstlerherberge Casa Buti, vorbei an der Piazza Barberini, dem plätschernden Tritonenbrunnen zu seinem Atelier in der Via Quattro: Emil Wolff (1802–1879) hatte einen kurzen Arbeitsweg. Im Herzen Roms und im Zentrum der Künstlerwelt zugleich lebte der junge Bildhauer in engster Nachbarschaft zu Bertel Thorvaldsen, dem einflussreichsten zeitgenössischen Künstler der Stadt. Wolff hatte seit 1813 bei Johann Gottfried Schadow an der Berliner Akademie studiert und ab 1818 in dessen Werkstatt gearbeitet. Als königlicher Stipendiat übernahm er vier Jahre später das römische Atelier Ridolfo Schadows, dem früh verstorbenen Sohn seines Lehrers. Ursprünglich hatte Christian Daniel Rauch, der wohl erfolgreichste Bildhauer des deutschen Klassizismus, in der Via Quattro gearbeitete und seine Seheindrücke der Antiken vor Ort in die Entwicklung seiner Kunst einfließen lassen. Auch Wolff setzte sich in der italienischen Hauptstadt mit der Antike auseinander – ebenso wie mit den zeitgenössischen Entwicklungen der Bildhauerkunst.
„Sowohl die Antikenrezeption wie auch die vom preußischen Hof vergebenen Rom-Stipendien für junge Künstler im 19. Jahrhundert waren Katalysatoren für Kulturtransfer. Der künstlerische Austausch über geografische Grenzen hinweg und durch die Jahrhunderte bleibt für die Entwicklung unserer Kunst und Kultur wesentlich. Daher engagiert sich die Kulturstiftung der Länder für die Vergabe von Stipendien, die Kunstschaffende unserer Zeit nach Rom, Paris oder Venedig bringen ebenso wie für den Erwerb historischer Zeugnisse dieser transnationalen Synergien, wie Emil Wolffs Skulptur“, sagt Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder. Seit 2003 betreut die Kulturstiftung das Wettbewerbsverfahren der jährlichen Auslandsstipendien der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien für in Deutschland lebende Künstlerinnen und Künstler, zum Beispiel für die Villa Massimo in Rom.
Das Christan Daniel Rauch-Museum hat sich nicht nur dem Werk seines Namensgebers verschrieben, sondern setzt dieses in Bezug zu seinem nationalen und internationalen künstlerischen Umfeld. Zu diesem zählte auch Emil Wolff. Die beiden Bildhauer verband nicht nur der gemeinsame Lehrer Schadow, sie standen im regen Austausch und förderten sich wechselseitig. Durch Rauch avancierte Wolff zum Kunstberater des preußischen Hofes, während der in Berlin lebende Rauch von den Verbindungen des „Deutsch-Römers“ Wolff vor Ort in Italien profitierte. Im Museum in Bad Arolsen stehen die Skulpturen der beiden nun Seite an Seite. Die Kulturstiftung der Länder förderte den Ankauf von „Die Nacht“ mit anteilig 66.600 Euro.
Weitere Förderer dieser Erwerbung: Hessische Kulturstiftung, Ernst von Siemens Kunststiftung