Künstlernachlässe – Was bleibt?

Liebe Leserin, lieber Leser,

was vom Leben bleibt, ist ein fundamentaler Gedanke der menschlichen Kultur. Und nicht nur was es ist, das bleibt, sondern immer auch: wo es bleibt. Die Künstler sind es oder deren Erben, die sich diesen Fragen zu stellen haben. Manuskripte und Bücher, Gemälde und Skulpturen brauchen Platz, Pflege, Aufarbeitung. Nicht jedem Künstler war der Weg in die Museen und großen Sammlungen zu Lebzeiten vergönnt, und den allermeisten wird er wohl verschlossen bleiben.

Alles lässt sich nicht bewahren, doch Kunst vernichten weckt – ganz besonders in unserem Land – wenig gute Erinnerungen. Keine Generation sollte sich die Möglichkeiten für Entdeckungen nehmen lassen, denn ob ein Künstler Geschichte schreibt oder in Vergessenheit gerät, hängt von vielen Faktoren ab – nicht nur von der Qualität, deren Empfinden ohnehin dem Zeitgeschmack obliegt. Was also tun? Unser Autor Michael Zajonz sucht in diesem Heft nach Antworten.

Nicht nur die Kunst indessen sucht nach Raum, auch der Raum sucht Kunst: Wie glücklich schätzen sich Museen und Archive, wenn sie das Schaffen eines großen Künstlers verbreitern und vertiefen können und wenn zu Bildwerken schlussendlich auch die Dokumente kommen, die ein Künstlerleben in der Rückschau abrunden. So manchen Nachlass konnte auch die Kulturstiftung der Länder in den letzten Jahren bewahren helfen. Große Namen sind darunter – wie Slevogt oder Pechstein, von denen wir Ihnen heute berichten möchten –, aber auch weniger bekannte oder fast vergessene, denken Sie nur an die wunderbaren Scherenschnitte von Lotte Reiniger im Tübinger Stadtmuseum oder den grandiosen „Krabat“-Illustrator Herbert Holzing, dessen Nachlass nach Troisdorf in das Bilderbuchmuseum Burg Wissem gelangt ist.

Was bleibt? Nicht nur Künstler haben sich diese Frage gestellt, sondern ganz besonders auch die Sammler. Und manche haben folgenreiche Antworten gegeben. Mit ihren Vermächtnissen wurden sie zu Gründern ganzer Weltmuseen, die für uns heute längst zu Pfeilern unserer kulturellen Identität geworden sind: Das Städel, die Ludwig-Museen, das Museum Folkwang in Essen, die Sammlung Schack in München, ja selbst die Berliner Nationalgalerie – sie, und viele Museen mehr, verdanken ihr Entstehen der Initiative von privaten Sammlern, die ein Zeichen setzen wollten und wollten, dass etwas von ihnen: bleibt.

Solche Männer und Frauen möchten wir Ihnen in den kommenden 16 Ausgaben von Arsprototo vorstellen. Uta Baier, Autorin unserer nun abgeschlossenen Serie über Deutschlands Künstlerinnen und Künstler, beginnt die Reihe der Geschichten in Nordrhein-Westfalen. Pars pro toto für das Land, dem wir unser erstes Heft in diesem Jahr widmen möchten, erzählen wir vom Auf und Ab des großen Sammlers und Museumsstifters Barthold Suermondt.

Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien einen schönen Frühlingsanfang!

Ihre Isabel Pfeiffer-Poensgen