Passend zum Ankauf der Sammlung Birsner für die SLUB Dresden – mit 30.000 Objekten eine der größten Privatsammlungen zur Geschichte der Kochkunst und Gastfreundschaft im deutschen Raum – haben wir uns fünf Speisen der historischen Menükarten genauer angeschaut. Hier finden Sie die Menüs und nachgekochten Gerichte. Weitere Infos.
Menükarte aus Sachsen
Bei der Karte vom sächsischen Hofe handelt sich mit großer Wahrscheinlichkeit um eine Menükarte des Wettiners Prinz Johann Georg, Herzog zu Sachsen (1869-1938), Bruder des letzten Königs Friedrich August von Sachsen, vom 25. November 1911, wie die Ähnlichkeit der Gestaltung und des Wappens zu vergleichbaren Menükarten nahelegt. Der genaue Kontext bedarf noch weiterer Erforschung.
Auf der Karte finden sich mehrere Weine, darunter ein 1890er Château Margaux, eine Nackenheimer Auslese aus dem Spitzenjahrgang 1904 und ein ungarischer Süßwein Tokajer, der in Dresden eine große Tradition hat.
Zur Zeit August des Starken war Dresden neben Wien eines der wichtigsten Konsumzentren des ungarischen Süßweins. Einer der Konsumenten war Premierminister Heinrich von Brühl, dessen Weinbestand ungefähr den gleichen Wert hatte wie seine Bibliothek und dessen größter Posten die Tokajerweine waren. Sächsische Weine wurden nicht getrunken, sie wurden zum Kochen verwendet bzw. an niedere Bedienstete abgegeben
Die Vorliebe für Tokajerweine kann auf die politische Verbindung zu Polen zurückgeführt werden, dessen Adel eine Vorliebe für den in Polen als ursprünglich und traditionell betrachteten Wein hatte. So gab es am Dresdner Hof 1739 einen Bestand von 26.719 Flaschen und 1838 immerhin noch 18.000 Tokajerweine.
Mit dem Ende der engen Verbindungen nach Polen verdrängten französische Weine den Tokajer bis er im 19. Jahrhundert hauptsächlich als Dessertwein getrunken wurde.
Aus der Menükarte vom 25.11.1911 von Johann Georg, Herzog von Sachsen: Perlhuhn mit Salat und grünen Bohnen, dazu ein Tokajer.
19.02.2021
Nachgekocht aus der Menükarte vom 25. November 1911: Hammelrücken griechischer Art
Kochen wie in Dresden um 1830
Das Buch „Der Dresdner Koch, oder: die vereinigte teutsche, französische und englische Koch– und Back-Kunst“ aus dem Bestand der Sächsischen Landesbibliothek ist bereits vollständig digitalisiert und reich an Inspirationen rund um die Kochkunst. Zum Inhalt gehört auch die „Anleitung zu Dessert-Zuckerbäckereien, Gerfrornen, Einmachfrüchten, Getränken etc., sowie eine „Sammlung von Speisezetteln und Anweisungen zu Anordnung der Tafel“. Das „Buch für alle Stände“ stammt aus dem Jahr 1831 von Johann Friedrich Baumann, „Koch seiner Exzellenz des Landtag-Marschalls Grafen Bünau von Dahlen, Kammerherr und Großkreuz des Civil-Verdienstordens“, dem damaligen Landtagspräsidenten. Das Buch findet sich im Internet hier: https://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/6454/5/0/
Nachgekocht aus dem „Dresdner Kochbuch“: Rindszunge gedämpft (S.100) mit Spinat (S. 362) und Erdbirnen (S. 400).
Korrekturen von Queen Elisabeth II.
Queen Elisabeth II. soll Streichungen und Korrekturen auf den Menüs angeblich selbst vorgenommen haben. Vielleicht hat sie auch das Tomatenomelette selber hinzugefügt und die Spaghetti Bolognese gestrichen?
Inspiriert von der königlichen Menüplanung für das Mittagessen vom Dienstag, den 7. Juli 1959: Tomatenomelette
Menübuch Wilhelm II. im Exil in Doorn
Kaiser Wilhelm II. lebte von 1920 bis zu seinem Tod am 04.06.1941 mit seiner Frau Hermine im Exil in Doorn bei Utrecht. Trotz seiner Abdankung erhielt er eine reiche Pension (im ersten Jahr 66 Mio. RM) und hieß zahlreiche Gäste im Haus Doorn, eine aufwändig renovierte, ehemalige Wasserburg, willkommen. Das Menübuch enthält Menüs, die dem ehemaligen deutschen Kaiser und seinen Gästen vom 25.06.1928 bis zum 25.06.1929 in Doorn serviert wurden. Auf den Menüs vermerkt sind auch die zahlreichen Gäste Wilhelm II.
Nachgekocht aus der Mittagstafel vom Donnerstag, den 7. Februar 1929:
Kartoffelsuppe mit Frankfurter Würstchen