Kunst braucht Resonanz. Weggesperrt als Wertanlage, muss sie verkümmern. In Museen hingegen blüht die Kunst auf. Hier tritt sie in Dialog mit der Öffentlichkeit, findet oft sogar so etwas wie Heimat. Die emotionale Verbindung der Bevölkerung zu ‚ihren Werken‘ zu stärken, ist ein wichtiger Aspekt der kuratorischen Arbeit. Da zahlt es sich aus, dass die Museen machtvolle Verbündete besitzen: Freundeskreise, Fördervereine und Stiftungen, die als Relais zwischen den Häusern der Kunst und ihrem Publikum fungieren. Sie unterstützen die Sammlungen nicht nur finanziell, sondern verankern sie auch tief in der jeweiligen Stadtgesellschaft.
Auf einer Reise durch das Kunstland Nordrhein-Westfalen lässt sich diese verdienstvolle Dimension des bürgerschaftlichen, meist ehrenamtlichen Engagements gut nachvollziehen. Drei hinreißende, expressionistisch beeinflusste Objekte aus den mittleren 1920er-Jahren, die jüngst für Museen in Köln, Kleve und Krefeld angekauft wurden, dienen dabei als Wegmarken. Die Erkundung beginnt also in Köln und gleichsam im Schlaf, aber keineswegs verträumt. Seit dem Jahr 2009 bereits ruht im zweiten Stock des renommierten Museum Ludwig ein nacktes, ineinander verdrehtes Paar. Der Expressionist Hermann Scherer hat „Die Schlafenden“ 1924 unter dem Einfluss von Ernst Ludwig Kirchner in taille directe aus einem Stamm herausgehauen. Etwas Sehnsüchtiges und zugleich Tragisches geht von dieser großen, ergreifenden Skulptur aus, die wirkt, als sei eine der Metamorphosen Ovids Wirklichkeit geworden. Anders als etwa in Gustav Klimts „Der Kuss“ sind Mann und Frau bei Scherer einander nicht zugewandt. Auch durchdringen ihre Darstellungen sich nicht gegenseitig. Die unterschiedliche Einfärbung betont vielmehr das Getrennte, die Entfremdung, die Unmöglichkeit der angedeuteten Vereinigung.
Wie sich der „Antagonismus von Anziehung und Abstoßung“ in dieser allansichtigen Doppelskulptur manifestiert, begeistert auch Yilmaz Dziewior, den Direktor des Museums. Wichtig sei es aber auch, die wohl ebenfalls über Kirchner vermittelten Bezüge zur sogenannten Volkskunst zu thematisieren: „Wir stellen ‚Die Schlafenden‘ gemeinsam mit Werken von Künstlern der Brücke aus, die Einflüsse von kolonial erbeuteter Kunst auf die europäische Plastik deutlich machen“, sagt Dziewior. „Wir möchten so den Prozess der Aneignung und künstlerischen Transformation veranschaulichen.“ Die Wirkung der Skulptur solle immer wieder neu befragt werden, „die Wirkung, die sie heute hat, die sie vor fast einhundert Jahren hatte und die sie in der Zukunft haben wird“. Dass das überhaupt möglich ist, ist mehreren Stiftungen zu verdanken, denn die Leihgabe wurde auf Wunsch der Erben Scherers jüngst verkauft. „Wir wollten das Werk auf jeden Fall in der Sammlung behalten“, erklärt Dziewior, „den Kaufpreis konnten wir jedoch allein nicht aufbringen.“ So fand man Unterstützung bei der Peter und Irene Ludwig Stiftung sowie weiteren Förderern wie der Ernst von Siemens Kunststiftung, der Kunststiftung NRW und der Kulturstiftung der Länder. Ende 2021 konnte die Skulptur gekauft werden.
Die Ludwig Stiftung, zu der unser Weg noch führen wird, ist mit ihrer Größe und Bedeutung ein Sonderfall unter den privaten Förderern. Dziewior nennt sie einen „verlässlichen Partner der ersten Stunde“. Sie unterstütze das Museum Ludwig allein für Ankäufe jährlich mit 500.000 Euro, sofern, so die Vereinbarung, die Stadt Köln denselben Betrag gebe. Dass die Stiftung dem Museum so zugetan ist, hat seinen Grund darin, dass bereits dessen Gründung auf das Sammlerehepaar Ludwig zurückgeht. Eine Schenkung von rund 350 Werken moderner Kunst im Jahre 1976 gab den Ausschlag. In das neue Haus integriert wurde die Sammlung Haubrich, eine bereits 1946 vollzogene Schenkung bedeutender expressionistischer Werke an die Stadt Köln durch den Juristen und Sammler Josef Haubrich. Diese beiden Ereignisse sind gemeint, wenn Dziewior sagt: „Das Museum Ludwig gründet sich auf bürgerschaftlichem Engagement. Es ist keine höfische Sammlung.“
Gleich neben dem Museum liegt der Kölner Hauptbahnhof. In zwei Stunden gelangt man von dort ins beschauliche Städtchen Kleve an der niederländischen Grenze. Hier befindet sich, inmitten einer reizenden barocken Gartenanlage, eines der schönsten Museen des Landes: das lichtdurchflutete Museum Kurhaus, das einen historischen Gebäudekomplex von beeindruckenden Dimensionen bespielt und eine breite Sammlung – von spätmittelalterlicher Sakralkunst des Niederrheins bis zu aktueller Gegenwartskunst – sein Eigen nennt. Zu dem in den neunziger Jahren einladend umgestalteten Ensemble gehört auch das ehemalige Atelier des in Kleve aufgewachsenen Joseph Beuys im Westflügel der Anlage.
Dass es diesen beglückenden Ort gibt, hat auch mit einem Kreis kunstinteressierter Bürger zu tun, der sich 1987 zu einem Freundeskreis des damals noch im Haus des Landschaftsmalers Barend Cornelis Koekkoek untergebrachten Kunstmuseums zusammenschloss. Das 1960 eröffnete Haus war bereits zu klein geworden, und so befürwortete auch der Freundeskreis ausdrücklich den Ankauf des ehemaligen Kurhauses samt großer Wandelhalle. Auch das Haus Koekkoek besteht bis heute, geführt durch eine Stiftung, an der der Verein maßgeblich beteiligt ist. „Wir sind ziemlich breit aufgestellt“, sagt Wilfried Röth, der Vorsitzende des Freundeskreises: „Wir unterstützen die Arbeit der Museen, etwa bei der Digitalisierung der Sammlung oder ganz direkt bei der Gartenarbeit im Haus Koekkoek, bei der sich unsere Mitglieder hervortun. Zudem betreiben wir das Café im Museum Kurhaus und die beiden Buchläden, fördern Ausstellungen und haben eine umfangreiche eigene Sammlung.“ Auch Ankäufe unterstütze man in kleinem Rahmen. Die Jahresbeiträge sind jedoch moderat. „Ein bisschen Demographie“ sei zudem nicht zu leugnen, weshalb man sich Gedanken über eine Verjüngung mache. Bei Kunstfreunden in der Region habe sich der Verein über Jahrzehnte ein hohes Ansehen erworben, ergänzt die Stellvertretende Vorsitzende, Jutta Tönnissen. Die Folge sei, dass der Freundeskreis, mit rund 1.600 Mitgliedern immerhin der mitgliederstärkste Verein Kleves, häufiger zum Adressaten von Schenkungen werde. So könnten die Schenkenden sicher sein, dass die Werke vor Ort verblieben. Zugleich erhöhe das die Identifikation der Klever mit ihrer Sammlung.
Eine unselbständige Stiftung unter dem Dach des Freundeskreises Museum Kurhaus & Koekkoek-Haus Kleve e.V. ist die 2005 gegründete Sonja-Mataré-Stiftung zur Bewahrung der Ewald Mataré-Sammlung. Die vor anderthalb Jahren verstorbene Tochter des einflussreichen Bildhauers hatte bereits 1988 den Nachlass ihres Vaters dem neuen Museum Kurhaus als Grundstock überlassen. Die beeindruckende Mataré-Sammlung, die Sakrales ebenso enthält wie die berühmten Tierskulpturen – eine eigene Spielart in der Nachfolge des deutschen Expressionismus – nimmt eine ganze Etage im Ostflügel des Museums ein. Hierfür ist jüngst ein imposanter Ankauf geglückt, der „Weibliche Kopf“ (1926) aus dem Geburtsjahr Sonja Matarés. Es handelt sich um eine maximal reduzierte, in den Konturen nur hauchzart angedeutete, jedoch nicht abstrahierte Kopfplastik, die auf bestechende Weise die Maserung des Birnbaumholzes in die Gestaltung miteinbezieht. Vor Augen stand Mataré vermutlich das Gesicht der Schauspielerin Annemarie Mummenhoff. Museumsleiter Harald Kunde sowie dessen Vorgänger Guido de Werd hatten dem Freundeskreis dargelegt, wie wichtig dieser Höhepunkt in Matarés Schaffen für die Sammlung sei, erzählt Röth. Gemeinsam mit der Kulturstiftung der Länder, der Ernst von Siemens Kunststiftung und der Kunststiftung NRW konnte der Verein die Plastik erwerben. In der Ausstellung korrespondiert diese Dauerleihgabe nicht nur mit einer weiblichen Büste Matarés aus demselben Jahr 1926 und mit den mittelalterlichen Holzskulpturen der Sammlung (viele davon Eigentum des Freundeskreises), sondern steht – über die maximale Strecke quer durch das Museum hindurch – auch im Dialog mit einer eigentümlichen, auf den 1794 guillotinierten Anacharsis Cloots Bezug nehmenden Kopfplastik von Matarés Schüler Beuys. Obwohl es eine Fernbeziehung ist, die der „Weibliche Kopf“ mit dem Gipsabguss „Eiserner Mann“ (1961) unterhält, wirkt die Spannung zwischen dem Weiblichen und dem Männlichen, dem Verträumten und dem Leidenden kaum kleiner als in Scherers intimer Szene.
Zurück geht es ins Zentrum des Rheinlands, ins brodelnde Krefeld, wo der klassizistische Bau des Kaiser Wilhelm Museums (so etwas wie Außenspielstätten sind die modernen Mies-van-der-Rohe-Villen Haus Lange und Haus Esters) nicht nur aufgrund des von Designer Robert Stadler soeben neu gestalteten Cafés bella figura macht. Das 1897 eröffnete und 1912 erweiterte Haus, das auf eine bürgerschaftliche Initiative zurückgeht, wirkt im Inneren, gut renoviert, hell und offen, verschafft den ausgestellten Werken den Raum, den ihre Wirkung benötigt. Katia Baudin, die Direktorin der Kunstmuseen Krefeld, betont, wie stark der Kunstpalast am jüngst neu gestalteten Joseph-Beuys-Platz immer mit dem Werkbund-Gedanken verbunden war. Gegründet wurde das KWM als Kunstgewerbemuseum, in dem aber auch bildende Kunst ihren Platz hatte. Seit fünf Jahren arbeiten Baudin und ihr Team daran, diesen Doppelcharakter, der das Haus von anderen großen Museen der Region unterscheide („unsere DNA“), wieder stärker zu konturieren. So soll etwa im nächsten Jahr die 1909 von Karl Ernst Osthaus gegründete, 1923 in den Besitz des KWM gelangte Werkbund-Sammlung, das „Deutsche Museum für Kunst in Handel und Gewerbe“, neu präsentiert werden. Baudin kann sich ebenfalls auf einen agilen Kreis von Mitstreitern stützen: „Die Freunde und ihr partizipatorischer Ansatz spielen eine sehr wichtige Rolle für uns, auch programmatisch.“ Das wichtigste Ziel des Freundeskreises sei es jedoch, die Sammlung durch Ankäufe zu unterstützen. Das bestätigt Dieter Porschen, der Vorsitzende der Freunde der Kunstmuseen Krefeld e.V. Man verstehe sich explizit als Förderverein, was sich von dem stark auf Kunstvermittlung (etwa durch exklusive Führungen) ausgerichteten Klever Zusammenschluss unterscheidet. In Krefeld wird dafür neben dem Jahresbeitrag der Mitglieder noch ein jährlicher Spendenbetrag erwartet. Trotz des überschaubaren Kreises von etwa 140 Mitgliedern kommt auf diese Weise doch ein stattliches Budget zusammen. Ein bis zwei Kunstwerke kaufe der Verein damit jährlich an. In der Regel seien es zeitgenössische Werke aus einer der Ausstellungen, zuletzt eine Rauminstallation in Anlehnung an Mies van der Rohe, eine Bauhaus-Fotoserie von Sharon Ya’ari und eine Videoinstallation von Marcel Odenbach. Die erworbenen Objekte gehen wie in Kleve in das Eigentum des Vereins über. Aber Eigentum sei in diesem Fall ein relativer Begriff, so Porschen, weil Verkäufe oder Handel ja gar nicht vorgesehen seien: „Was einmal den Freunden gehört, steht dauerhaft den Krefelder Museen zu Verfügung.“
Die Vorschläge zu den Ankäufen mache in der Regel die Museumsleitung. „Aber die Freunde kaufen auch nicht alles, was die Museen wollen.“ Knirscht es da manchmal? „Kunst ohne Reibung ist langweilig“, formuliert Porschen mit Bedacht und lacht. Die Zusammenarbeit sei aber wunderbar, fügt er an. Und sie hat jüngst zu einer spektakulären Erwerbung geführt: dem „Blauen Zimmer“ von 1925. Dabei handelt es sich um ein von dem Krefelder Maler Helmuth Macke, einem wichtigen Exponenten des Rheinischen Expressionismus, bemaltes Möbelensemble. Neben abstrakt kubistischen Formen wählte der Cousin August Mackes für das Zimmer figürliche Motive, vor allem Tiere und weibliche Akte, deren paradiesische Anmutung noch durch die ultramarinblaue Grundierung hervorgehoben wird. Nicht nur, weil der malerische Nachlass von Helmuth Macke im KWM mit seinem Expressionismus-Schwerpunkt aufbewahrt wird, passt das achtteilige Schlafzimmer hervorragend in die Sammlung. Es bringt gemäß der Museumsleitlinie auch bildende und angewandte Kunst zusammen. Für Katia Baudin zeigt sich daran, „dass die Expressionisten eine viel weitere Perspektive hatten als gemeinhin angenommen. Sie versuchten auch, den Alltag zu gestalten, in diesem Fall in Fortführung einer Bauerntradition“. Nur wenige vergleichbare Stücke seien überhaupt erhalten. Dass man das Ensemble über einen Krefelder Galeristen aus dem Nachlass des ursprünglichen Auftraggebers Karl Gröppel, einem Industriellen und Mäzen, zu einem guten Preis erwerben konnte, sei ein Glücksfall. Dafür reichte das Budget der Freunde des Museums allerdings nicht aus; den wesentlichen Anteil steuerten die Kulturstiftung der Länder und das Land NRW bei. Gezeigt wird das Zimmer nun in Verbindung mit Bildern von Helmuth Macke und Heinrich Campendonk auf der ersten, der Sammlung gewidmeten Etage des Kaiser Wilhelm Museums.
Die letzte Station der Reise führt nach Westen, an die belgische Grenze, denn hier, in einem verschlafen wirkenden Teil von Aachen, hat die Peter und Irene Ludwig Stiftung ihren Sitz, der Big Player unter den bürgerschaftlichen Museumsförderern. Ihr abgelegenes, nur über einen leicht zu übersehenen Stichweg zu erreichendes Hauptquartier residiert im ehemaligen Wohnhaus der Ludwigs, einer bürgerlichen Villa mit stattlichem Garten, die jedoch nichts Protzendes hat, sondern in Bau wie Einrichtung von Geschmack zeugt. Das Erdgeschoss bietet sich dar wie zu Zeiten der Ludwigs, im ersten Stock liegen moderne Büros. Die Stiftung bewahrt das Erbe und die Mission des Sammlerehepaars, indem sie sich als Förderpartnerin von weltweit 28 assoziierten Museen, auf die sich die mehr als 14.000 Objekte zählende Sammlung Ludwig (in Form von Schenkungen wie Dauerleihgaben) verteilt, betätigt. Die Leitung hat seit vergangenem September die Kunsthistorikerin Carla Cugini inne. Der Hauptzweck der Ludwig Stiftung, sagt sie, sei in der Tat das Erweitern, Erforschen und Erhalten der Sammlung Ludwig, primär in Kooperation mit den Museen, die dafür die Expertise besäßen. Man unterstütze konkret also Ankäufe, Ausstellungen und Forschungsprojekte. Das geschieht stets auf Antrag der Museen; es können auch mehrere Projekte pro Jahr und Museum sein.
Dass Cugini zuvor für viele Jahre die Gesellschaft für Moderne Kunst am Museum Ludwig, einen der Fördervereine des Kölner Ludwig Museums, geleitet hat, macht sie zur idealen Gesprächspartnerin über bürgerschaftliches Engagement. Natürlich habe ihre jetzige Tätigkeit eine ganz andere Reichweite und Internationalität, aber für Cugini fühlt es sich wie eine organische Weiterentwicklung an, schließlich gehe es hier wie dort um das gemeinnützige Unterstützen öffentlicher Museen. Kollektives wie privates Mäzenatentum sei allein budgettechnisch nach wie vor von großer Bedeutung. Hinzu komme, dass Vereine und Stiftungen gegenüber Politik und Gesellschaft als wichtige „Lobby der Museen“ aufträten. Um öffentliche Gelder müsse ja oft gerungen werden. Auch deshalb wohl hat sie sich vorgenommen, die Sichtbarkeit der Stiftung zu erhöhen, was aber nicht bedeute, das Büro in die Hauptstadt zu verlegen. Cugini schweben eher Gespräche und Veranstaltungen am Stiftungssitz vor. Leuchten sollen weiterhin vor allem die Museen.
Bescheidenheit im Auftreten ist hier Programm. Dabei haben Peter und Irene Ludwig durchaus Kunstpolitik betrieben und auf die Gründung von öffentlichen Museen hingewirkt. Ihre Weltkunst-Perspektive mag einen bestimmten, diskutierbaren Blick auf die Kunst der Welt zum Ausdruck bringen, aber sie haben die Sammlung stets als Anlass gesehen, über die Kunst Kulturen zu verbinden. „Internationale Verständigung“ war sogar einmal Bestandteil des Namens der (Vorgänger-)Stiftung. Wäre es also denkbar, in Anlehnung an diese kosmopolitische Einstellung etwa ein weiteres Museum qua Schenkung oder Dauerleihgabe zu assoziieren? Und da es kein Ludwig Museum in der Ukraine gibt, beispielsweise in Kiew? „Das ist eine interessante Frage“, sagt Cugini, „und im Prinzip denkbar, aber vielleicht eher in Kooperation mit einem bereits bestehenden Museum und Dauerleihgaben. Es ist uns mitgegeben, dass wir kulturpolitisch agieren und Brücken bauen sollen.“ Ein solcher Plan würde allerdings Zeit brauchen. Gegenwärtig hat die Stiftung andere Sorgen, denn die Kooperation mit dem Ludwig Museum im Russischen Museum in Sankt Petersburg liegt nun auf Eis. So gut die persönlichen Kontakte seien und so wichtig den Ludwigs die Kunst der ehemaligen UdSSR war, sei eine Förderung hier aufgrund der politischen Situation derzeit nicht möglich.
Insgesamt aber klingt es nach Aufbruch im Hause Ludwig. Gern sähe es Cugini, wenn es in Zukunft wieder zu mehr Kooperationen der assoziierten Museen käme, so wie es vor wenigen Monaten die von ihrer Vorgängerin Brigitte Franzen initiierte und kuratierte Ausstellung „The Cool and the Cold“ im Berliner Gropius-Bau vorgemacht habe. Ebenso unterstütze man vollen Herzens alle Forschungsprojekte der Partnermuseen, die sich kritisch – etwa hinsichtlich der kulturellen Aneignung oder mit Blick auf blinde Flecken – mit der eigenen Sammlung auseinandersetzten. Auch eine Untersuchung zum Verhältnis der Ludwigs zu Arno Breker möchte man bald angehen. Mit der Zeit zu gehen und sich selbst immer wieder zu überprüfen, sei in der Satzung sogar festgeschrieben. Zum Tagesgeschäft der Stiftung gehört es freilich weiterhin, Ankäufe zu unterstützen. In die Kölner Erwerbung der „Schlafenden“, womit diese Rundreise begonnen hat, sei man früh involviert gewesen. Dass der Kauf zusammen mit weiteren Partnern gelungen sei, macht Cugini glücklich, auch ganz persönlich. Sie sei dabei gewesen, als die ungewöhnliche Plastik Scherers 2009 als Leihgabe ins Museum Ludwig kam. Die Kraft und Unmittelbarkeit der Darstellung habe sie umgehauen. Wäre das Werk aus Köln abgezogen worden, „hätte das eine echte, spürbare Lücke hinterlassen“.