Beschreibung
Kein Bild hat die Italiensehnsucht der deutschen Romantiker anschaulicher illustriert als Friedrich Overbecks Italia und Germania, heute in Münchens Neuer Pinakothek. Zwei mädchenhafte Frauen, zärtlich einander zugewandt, sitzen Hand in Hand auf einer Brüstung vor halb deutscher, halb italienischer Landschaft. Italia, lorbeerbekränzt, sinnt insichblickend über die Worte nach, die den leicht geöffneten Lippen der myrtengeschmückte Germania zu entschwinden scheinen.Erste Entwürfe zu dem Gemälde gehen auf das Jahr 1811 zurück. Anstoß war Overbecks enge Freundschaft mit dem Maler Franz Pforr, der ihn 1810 nach Rom begleitet hatte. Zwei Jahre zuvor hatte Pforr eine Allegorie der Freundschaft gezeichnet und Overbeck eine Schrift mit dem Titel Das Buch Sulamith und Maria gewidmet, in der er die Idealbilder ihrer Bräute entwarf. Overbeck begann daraufhin mit Studien zu seinem Gemälde. Die Vorarbeiten reiften bis zu einem monumentalen Karton, der ob der Vollendung seiner Ausführung als autonomes Kunstwerk zu betrachten ist. Wie viele Nazarener glaubte auch Overbeck an das Primat der Zeichnung vor der Farbe, hegte die Überzeugung, daß die große Zeichnung den geistigen Gehalt des Werkes in sich trage.Der Tod des Freundes 1812 indessen raubte dem Bild seinen Adressaten. Im Ölgemälde kehrte Overbeck darum den grundsätzlichen, von Anfang an in der Bildfindung liegenden Gehalt heraus: Die beiden Frauen standen für die Kunstideale Overbecks und Pforrs, für die italienische und die deutsche Kunst, deren jeweils bedeutendste Vertreter – Raffael und Dürer – die zentralen Vorbilder der Nazarener waren. Das Thema des Freundschaftsbildes vermengte sich mit einer Allegorie der Kunst; so konnte dem Bild der Rang einer Ikone für das Verhältnis der Deutschen zu Italien erwachsen – eine innige Vereinigung, die für die Gleichberechtigung wie wechselseitige Befruchtung der beiden Kulturen steht und das Werk zum Programmbild der deutschen Romantik schlechthin gemacht hat.Nahezu zwei Jahrhunderte nachdem König Ludwig I. von Bayern Overbecks Gemälde erwarb, kommt nun auch der Karton zu Italia und Germania nach München. Dank der Kulturstiftung der Länder, des Freistaates Bayern, der Bayerischen Landesstiftung, des Ernst von Siemens Kunstfonds sowie der Vereinigung der Freunde der Staatlichen Graphischen Sammlung München konnte das Werk für die Staatliche Graphische Sammlung erworben werden.