Beschreibung
Der dreiteilige Aufbau des Schreibmöbels bestehend aus einem dreischübigen Kommodenunterteil, dem Schreibfach mit schräg liegender Schreibplatte und einem Aufsatzschrank entspricht eindeutig dem Typ der Mainzer Schreibkabinette und weist es somit ganz unzweifelhaft als Erzeugnis eines Mainzer Schreiners aus der Mitte des 18. Jahrhunderts aus.In Mainz hießen solche Schreibschränke Cantourgen, sinngemäß kleines Büro. Die relativ exakte Datierung des neuerworbenen Cantourgen à trois corps folgt aus stilistischen und formalen Vergleichen. Legt die Möbelform insgesamt eine Datierung zwischen 1735 und 1747 nahe, spricht der noch relativ strenge Charakter der Ornamente für eine Datierung um 1740.Von besonderem Rang ist der Marketerieschmuck: Schubladen sowie die seitlichen über Eck aufgesetzten Lisenen sind mit zartem Laub- und feinem Bandelwerk versehen. Eine zusätzliche Steigerung erfährt das Möbel durch seine figürlichen Darstellungen. Auf der Schreibplatte ist die Verkündigung an Maria dargestellt, die Tür darüber im Aufsatzschrank zeigt die Himmelfahrt Christi. In beiden Szenen ist das Inkarnat aus Elfenbein gestaltet, die eine Gestaltungselement, das nur von sehr wenigen Mainzer Schreinermeistern überliefert.Ein umfassender Stilvergleich mit anderen Mainzer Möbeln verdeutlicht, dass der Schreibschrank – sicherlich nicht als Werkstück zur Erlangung der Meisterwürde ausgeführt – Ähnlichkeiten zu Werkstücken aus dem Umkreis von Kilian Bender (ab 1745 in Mainz nachweisbar), Heinrich Ludwig Rohde (ab 1715 in Mainz nachweisbar) sowie zum Chorgestühl der Kartause in Mainz aufweist, sich jedoch nicht eindeutig einem bestimmten Schreinermeister zuschreiben lässt. Die Darstellung von biblischen Themen darf dabei als sicheres Zeichen dafür gelten, dass der Schreibschrank für einen hohen geistlichen Würdenträger angefertigt worden ist – eine höfische Auftragsarbeit.Die hervorragende Qualität der Mainzer Möbelkunst des 18. Jahrhunderts ist in der Forschung nicht nur durch die erhaltenen Möbel bekannt, sondern ist in besonderem Maße auch durch die ungewöhnliche Tatsache belegt, dass eine umfangreiche Reihe von Meisterrissen der Mainzer Schreinerzunft erhalten ist. Den Ankauf des Möbels, mit dem die besondere Bedeutung der Tradition der Mainzer Möbelbaukunst des 18. Jahrhunderts im Mainzer Landesmuseum dokumentiert werden kann, machten die Kulturstiftung der Länder und die Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur möglich.