Beschreibung
Seit Egidio Marzona 1968 sein erstes Werk, ein Ölgemälde in Weiß von Robert Ryman, erwarb, sammelte der Kunstliebhaber die gleichermaßen geschätzte wie geschmähte Moderne seiner Generation: die konzeptuelle Kunst der 1960er und 1970er Jahre. Ein Vierteljahrhundert später war seine Sammlung eine beispiellose Zusammenstellung von Conceptual Art, Minimal Art, Land Art und Arte Povera geworden, einer Kunst, die in der Reflexion über das Verhältnis von Kunst und Natur eine eigene Antwort auf die avantgardistischen amerikanischen Strömungen gefunden hat. In der Hoffnung, die Kunst aus ihrem Rahmen zu heben, von ihrem Sockel zu holen, wandte sich die Konzeptkunst gegen Bilder und Skulpturen, die wie Objekte mit Warenstatus produziert und vermarktet wurden. Ausdruckslosigkeit und Reduktion, Flüchtigkeit und Beiläufigkeit wurden Gegenkonzepte zum abstrakten Expressionismus, der den internationalen Kulturbetrieb beherrschte. Die Sammlung Marzona veranschaulicht diesen Umbruch nach 1960 in einzigartiger Qualität und mit großer materieller Dichte. Wie nirgendwo sonst sind hier die Haltungen und Konzepte von Künstlern wie Tony Smith, Donald Judd, Robert Morris, Sol Le Witt oder Jannis Kounellis sichtbar. Denn Egidio Marzona bewegte weniger ein Zusammentragen von Spitzenwerken als vielmehr eine umfassende Dokumentation der neuen konzeptuellen Kunstrichtungen. So sammelte er Briefe und Skizzen, Einladungskarten und Plakate ebenso wie Photographien und Filme, Arbeiten auf Papier und Objekte aus den vielfältigsten Materialien. Die deutschen Museen haben den radikal neuen Kunstbegriff in der Vergangenheit nur zögerlich mit Ausstellungen und Ankäufen begleitet. Die Sammlung Marzona schließt jedoch nicht nur eine Lücke in den Sammlungen der Gegenwartskunst, sondern bietet auch eine völlig neue Basis für das Verständnis und die Erforschung der innovativen künstlerischen Bewegungen nach 1960. Zusammen mit der Kulturstiftung der Länder, der Kulturstiftung des Bundes und dem Verein der Freunde der Nationalgalerie konnte die Sammlung Marzona für die Staatlichen Museen zu Berlin erworben werden. 213 Werke werden auf die Nationalgalerie, die Kunstbibliothek und das Kupferstichkabinett verteilt; weitere 414 Werke wird der Sammler den Staatlichen Museen als Leihgabe zur Verfügung stellen. Das zur Sammlung gehörende Archiv erhalten die Staatlichen Museen zudem als Geschenk.