Beschreibung
Eine Wirklichkeit in Bildern, die zwischen Utopie und „Sozialistischem Realismus“ oszillieren: Durch den Erwerb der Sammlung Mrázkowá konnte das Museum Ludwig seine seit den 1970er Jahren bestehende Sammlung russischer Avantgarde-Kunst bereichern und die Mediengeschichte um einen bedeutsamen Beitrag ergänzen.Die aus 234 Fotografien bestehende Sammlung russischer Fotografien der 1920er bis 1930er Jahre enthält Arbeiten prominenter Größen wie Shajchet, Schterenberg oder Rodtschenko. Sie vertraten die Programmatik des „Neuen Sehens“, die eine Abkehr von der klassischen Tradition darstellte und damit gesellschaftliche Umbrüche exemplarisch abbildete. Als Leitmotive dienten extreme perspektivische Mittel sowie ungewohnte Bildausschnitte – sie wurden einer Bildsprache beigeordnet, die den Menschen in seinem alltäglichen Lebens- und Arbeitsumfeld, etwa der Großstadt oder Fabrik, ins Zentrum der Betrachtung rückt.Die Fotografie wurde nicht nur als rein abbildende Kunstform genutzt, sondern war vordergründig Instrument der konstruktiven Gestaltung und Erziehung des neuen Menschen im Sozialismus. Dadurch konnten auch bildungsferne Schichten und Analphabeten erreicht werden. Ab 1936 wurde die Fotografie endgültig zu einem publizistischen Mittel der Propaganda umfunktioniert. Die Sammlung illustriert auf einmalige Weise die bedeutungsträchtige Entwicklung einer innovativen und autonomen Kunst hin zu einer dirigierenden Kunst der Diktatur.