Beschreibung
Etliche Künstler des 20. Jahrhunderts wollten durch eine geometrische Formensprache zu einer Neudefinition des Bildes gelangen. Einer der Hauptrepräsentanten dieser seit den Zeiten des Bauhauses in der deutschen Kunstgeschichte verankerten Bildsprache ist Blinky Palermo (1943-1977), Schüler von Joseph Beuys an der Düsseldorfer Kunstakademie. In den anderthalb Jahrzehnten vor seinem frühen Tod schuf Palermo ein Werk, das internationale Anerkennung und Eingang in bedeutende in- und ausländische Museen gefunden hat. Den Traditionen des russischen Suprematismus und der niederländischen Stijl-Bewegung verpflichtet, radikalisierte Palermo deren Ideen, indem er das Bild auf seine konstitutiven Elemente, die Leinwand und den Keilrahmen, zurückführte. Der Stoff selbst, seine Materialität und Farbigkeit, wurde Thema der Kunst. Zwischen 1966 und 1972 entstanden die sogenannten Stoffbilder, die der Künstler aus industriell eingefärbten Textilien fertigte. In ihnen manifestiert sich ein neuer, materialgebundener Umgang mit Farbe, der Versuch einer Grenzüberschreitung, der die malerische Handschrift des Künstlers bewußt negiert und den Betrachter mit anonym hergestellten Farbstoffen konfrontiert. Palermo unternimmt den Versuch, den Ursprung der Farbe aus dem Material heraus ohne zusätzliche Eingriffe zur Anschauung zu bringen. Das Werk Ohne Titel zählt zu den ausgereiften Werken jener Bilderserie. Basis der Arbeit ist ein tiefer Grauton, über dem eine orangefarbene Baumwollbahn liegt. Diese wiederum grenzt an eine schmalere, weiße Stoffbahn, die das Werk nach oben und damit zum Weiß der Museumswände öffnet. Auf diese Weise bleibt das Bild nicht hermetisch auf sich selbst bezogen, sondern entwickelt dialogische Fähigkeiten.Zwölf Jahre nachdem mit Hilfe der Kulturstiftung der Länder der Block Beuys für das Hessische Landesmuseum Darmstadt erworben werden konnte, wurde nun gemeinsam mit der Hessischen Kulturstiftung auch ein markantes Bild von Blinky Palermo für das Darmstädter Haus gesichert. Dessen Sammlung wurde damit um das Werk eines wichtigen Beuys-Schülers bereichert.