Nationales Kulturerbe gesichert

Unter Vorsitz des Stiftungsratsvorsitzenden, Schleswig-Holsteins Minister­präsident Torsten Albig und der Ministerin für Justiz, Kultur und Europa Anke Spoorendonk, hat der Stiftungsrat der Kultur­stiftung der Länder auf seiner 47. Sitzung am 27. Juni 2012 in der Staatskanzlei in Kiel die Sicherung und Bewahrung herausragender Zeugnisse unseres Kulturerbes entschieden. Darunter befinden sich national wertvolle Werke und Werkkonvolute von der Renaissance bis hin zur zeitgenössischen Kunst.

Zu den beschlossenen Förderungen gehört unter anderem der Ankauf von vier Altarflügeln mit Szenen aus dem Leben der heiligen Agathe des süddeutschen Renaissance-Malers Jörg Greimolt für das Stadtmuseum Weilheim. Der seit dem 19. Jahrhundert bis heute verschollene „Agathenzyklus“ gilt als Schlüsselwerk des um 1485/90 in Weilheim geborenen und dort um 1541 verstorbenen Künstlers. Der Erwerb der vier Bilder bedeutet einen sensationellen Zugewinn für das Stadtmuseum Weilheim, das somit das komplette bisher bekannte Gesamtwerk Greimolts an dessen Heimatort präsentieren kann.

Besonderes Augenmerk lag auf der Förderung des gemeinsamen Ankaufs von Altartafeln des Meisters von Meßkirch für die Staatsgalerie Stuttgart und die Kunsthalle Karlsruhe. Der „Wildensteiner Altar“ (um 1536) sowie drei Tafeln des ehemaligen Hochaltars der Martinskirche in Meßkirch (um 1535–1538), nach dem der Meister von Meßkirch benannt ist, werden seit 1955 im Verzeichnis national wertvollen Kulturguts geführt. Die Kulturstiftung der Länder wird den Ankauf aus Privatbesitz für die Kunsthalle Karlsruhe und die Staatsgalerie Stuttgart, wo sich die Werke derzeit als Leihgabe befinden, mit einem ungewöhnlich hohen siebenstelligen Betrag unterstützen und damit der großen Bedeutung der Werke Rechnung tragen. Zudem koordiniert die Kulturstiftung der Länder das Ankaufskonsortium, das bereits einen großen Teil der benötigten Mittel eingeworben hat.

Ebenfalls unterstützt wird der Erwerb der Ölskizze „Rapallo – Boot im Meer“ des russischen Malers, Grafikers und Kunsttheoretikers Wassily Kandinsky (1866–1944) für das Franz Marc Museum in Kochel am See. Das stimmungsvolle, vom Spätimpressionismus beeinflusste Gemälde entstand 1906 auf der viermonatigen Italien-Reise des Künstlers mit seiner Lebensgefährtin, der expressionistischen Malerin Gabriele Münter (1877–1962). Dem Museum war es im vergangenen Spätherbst gelungen, das Gemälde kurzfristig mit Hilfe der Ernst von Siemens Kunststiftung und der Stiftung Etta und Otto Stangl auf einer Auktion zu ersteigern und so für seine Sammlung zu sichern, in der neben Franz Marc auch dessen Zeitgenossen wie die Künstler der „Brücke“ und des „Blauen Reiters“ vertreten sind. Kandinsky war wie Marc Mitglied der Gruppe „Der Blaue Reiter“.

Darüber hinaus wurde in Kiel die Förderung des Ankaufs von Briefen Rainer Maria Rilkes (1875–1926) an Lou Andreas-Salomé (1867–1937) für das Deutsche Literaturarchiv (DLA) in Marbach beschlossen. Das Konvolut stammt aus dem Nachlass der bedeutenden Schriftstellerin und Psychoanalytikerin und umfasst insgesamt 103 Briefe, 21 Karten und vier Telegramme aus den Jahren 1897 bis 1926; es zählt neben den Briefen Friedrich Nietzsches an Andreas-Salomé (1998 vom DLA angekauft) zu den zentralen Teilen ihres Nachlasses. Die Korrespondenz von weltliterarischer Bedeutung ist außerordentlich aufschlussreich sowohl für die Werkentwicklung, Poetologie und Biografie des Autors als auch in Bezug auf die Adressatin, die diese sorgfältig – meist mitsamt ihren Umschlägen – aufbewahrt hat.

Die Kultur­stiftung der Länder mit Sitz in Berlin unterstützt in allen 16 Ländern Deutschlands Museen, Archive und Bibli­o­theken beim Erwerb von Kunst­werken und Kulturgütern. Rund 160 Millionen Euro konnten dafür seit ihrer Gründung eingesetzt werden. Mit einem starken Netzwerk aus lang­jährigen Partnern – Stiftungen, Unternehmen ebenso wie Mäzenen – wurden insgesamt Kunst­werke und kulturelle Zeugnisse im Gesamtwert von ca. 600 Millionen Euro von deutschen Museen, Bibliotheken und Archiven erworben. In Zeiten knapper Ankaufsetats der Institutionen ist die rasche und unbürokratische Hilfe der Kultur­stiftung der Länder oft die einzige Möglichkeit, beispielsweise auf Auktionen ein begehrtes Objekt für den Sammlungs­bestand zu erlangen oder eine Leihgabe bei drohendem Verkauf dauerhaft für die angestammte Sammlung zu sichern.