Romantische Ruine

Mozarts Don Giovanni kämpft im Bildmittelpunkt mit Donna Anna vor der Kulisse seines Schlosses, eine große Eule aus Webers Freischütz sendet Blicke wie Strahlen aus, die Zauberflöten-Schlange windet sich ins Bild: Das eigenartige Personal auf Carl Blechens (1798-1840) großformatigem Gemälde „Romantische Landschaft mit Ruine“ (um 1825) entlehnte der Künstler wohl aus seinen Begeg­nungen mit den großen Opernstoffen als Bühnenmaler des Königs­städtischen Theaters in Berlin von etwa 1824 bis 1827. Das Schlüsselwerk des in Cottbus gebo­renen Malers zeigt ihn vor seiner stilbildenden Italienreise 1828/29: Einflüsse der Romantik eines Caspar David Friedrich sind unverkennbar, symbol­trächtige Bild­elemente und der scharfe Hell-Dunkel-Kontrast spiegeln das Weltver­ständnis der Romantik, die das Schaurige wie das Erlösende in der Natur zu erkennen glaubt.

Das Frühwerk Blechens befindet sich seit Mitte der 1960er Jahre in der Sammlung des LWL-Landesmuseums für Kunst und Kulturgeschichte in Münster als Leihgabe der Bundesrepublik Deutschland, die nach dem Zweiten Weltkrieg viele Kunst­werke mit ungeklärten Eigentumsverhältnissen in ihren Besitz übernommen hatte. Der bekannte jüdische Kunstsammler und Mäzen Julius Freund, ein Berliner Kauf­mann, emi­grierte 1939 nach England. Seine Kunstsammlung wurde 1942 in der Schweiz ver­steigert, die „Romantische Landschaft mit Ruine“ damals von Hans Posse, Hitlers Beauftragtem für den „Sonderauftrag Linz“ (das geplante „Führer­mu­seum“), er­worben. Die Bundes­vermögensverwaltung, die seit einigen Jahren ver­stärkt Pro­venienz­­forschung anstellt, konnte die ursprünglichen Eigen­tümer er­mitteln und betrieb die Restitution. Die Erbengemeinschaft wiederum signa­lisierte, das Gemälde dem Museum in Münster überlassen zu wollen. Der Ankauf wurde nun mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, der Kunst­stiftung NRW und der NRW Bank möglich.

Dass das Meisterwerk Blechens nun in Münster bleiben kann, stellt für die Samm­lung des 19. Jahrhunderts im Landesmuseum in Münster einen Glücksfall dar: Handelt es sich doch um ein zentrales Gemälde der präsentierten Landschafts­malerei, die den Weg von der Romantik über zunehmend realistische bis hin zu frühen impressionistischen Bildfindungen nachzeichnet.

Dr. Martin Hoernes, stellvertretender Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder, sagte: „Restitutionsfragen werden für uns in den letzten Jahren immer mehr zu einem großen Thema. Schmerzhaft wäre der Verlust des Blechen-Gemäldes für Münster gewesen. Einmal mehr zeigt sich jedoch, wie durch offene Kommunikation gerechte und faire Lösungen für alle Beteiligten erreicht werden können.“