MUSEUMs-GESTALTEN
„Mehr Mut! – Zu scheinbar unrealisierbaren Visionen, zu unbequemen Positionen, zum Ausprobieren und auch zum Scheitern, zu mehr Humor – und zum eigenen Gestaltungswillen“: Als beherzten Appell fasst Iris Edenheiser, seit Beginn letzten Jahres stellvertretende Direktorin des Museums Europäischer Kulturen der Staatlichen Museen zu Berlin und Absolventin des ersten Jahrgangs der Museumsakademie Museion21., ihren Erfahrungsgewinn zusammen. In drei Jahrgängen bereitete das Weiterbildungs- und Netzwerkangebot von 2014 bis 2017 angehende Museumsdirektorinnen und -direktoren auf kommende Herausforderungen vor. Für nichts Geringeres als die Gestaltung der Museumslandschaft von Morgen stand das Programm, das im Frühjahr 2017 auslief. Je zwanzig ausgewählte junge Talente erarbeiteten sich hierfür unter Anleitung von Trainerinnen und Trainern vier Module: Routine im neuen Berufsalltag und Kompetenz in Krisen, aber auch Reflexion über die eigene Wirksamkeit und die Entwicklung originärer Visionen.
Tobias Pfeifer-Helke, Kurator am Staatlichen Museum Schwerin und Teilnehmer des letzten Jahrgangs, ist sich sicher: „Das Akademieprogramm Museion21. ist in seiner Strahlkraft für die sich in den nächsten Jahren entwickelnde Museumslandschaft gar nicht hoch genug einzuschätzen.“ Bestätigung fand seine Prognose zuletzt durch den aktuellsten Repräsentanten der Erfolgsgeschichte des Programms, Frédéric Bußmann: „Durch Museion21. fühle ich mich gut vorbereitet für meine neue Stelle als Generaldirektor in Chemnitz und werde gerne in der Praxis vor Ort an die vielen wertvollen Tipps und Erfahrungsberichte zurückdenken.“ Nach sieben Jahren als Kurator für Malerei und Plastik des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart am Museum der bildenden Künste Leipzig übernimmt der Kunsthistoriker und Teilnehmer der ersten Akademie zum 1. Mai 2018 die Leitung der Chemnitzer Sammlung. Rückblickend betont Bußmann, wie erfolgreich es Museion21. gelang, eine eklatante Lücke in der kunsthistorischen Ausbildung hierzulande zu schließen: „Als Kunsthistoriker wurde ich im Studium wissenschaftlich geschult, während des Volontariats wurde ich für die kuratorische Arbeit und die Museumstätigkeit fachlich ausgebildet, aber erst durch die Akademie war es mir möglich, Wissen zu sammeln, das mich speziell auf die Führung eines Hauses vorbereitete.“ Diese Möglichkeit erhielten all jene, die die aus jeweils acht Personen bestehende Jury im dreistufigen Auswahlverfahren von sich überzeugen konnten. „Ganz unterschiedliche spannende und inspirierende Charaktere jenseits glatt-geschliffener Berufsbiografien“, so beschreibt die Teilnehmerin Edenheiser ihre Mitstipendiatinnen und -stipendiaten.
Wie passgenau das Angebot für die Herausforderungen angehender Museumsleiterinnen war, bemerkte auch Julia Weber, die als frischgebackene Direktorin der Porzellansammlung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden 2016 teilnahm: „Im breit gefächerten Programm fand ich die Vielzahl der Fragen wieder, die sich mir in der neuen Situation stellten – sei es die Entwicklung einer Vision für das eigene Haus und das Museum der Zukunft, das wirksame Handeln in den institutionellen Strukturen, das Verständnis der eigenen Rolle, der individuellen Stärken und Schwächen und immer wieder der Aspekt der angemessenen, gewinnenden und vermittelnden Kommunikation.“
Dozierende aus Museen, Kulturförderung, Wirtschaft, Politik und Journalismus ermöglichten diese thematische Breite: Während der viermaligen vier Tage des Programms teilten sie nicht nur ihren Erfahrungsschatz, sie standen auch als persönliche Ansprechpartnerinnen und -partner bereit – sei es im modernen Seminar-Zentrum oder im Kaminzimmer des stattlichen Herrenhauses von Gut Siggen, unweit des Ostseestrands malerisch zwischen Wald und Wiesen gelegen. „Die offenen Gespräche mit erfahrenen Führungskräften aus dem Museums- und Kulturbereich waren eine besondere Bereicherung“, resümiert Frédéric Bußmann.
Was macht ein Museum aus? Dieser Frage gingen die Teilnehmenden in Diskussionen um „Museum und Politik, Museum und Partizipation, Museum und Migration, Museum und Sinn und Aufgabe“ nach, erinnert sich die Leiterin der Zentralstelle für wissenschaftliche Sammlungen der Universität Hamburg, Antje Zare. Auch „Themen wie Barrierefreiheit, Inklusion, Digitalisierung, Globalisierung, Offenheit und Austausch waren omnipräsent“, so Pfeifer-Helke, „sehr konstruktiv und auch kontrovers diskutierten wir zentrale Fragen wie die Zukunftsfähigkeit der Museen bei gleichzeitigem Rückgang des Engagements der öffentlichen Hand.“
Als besonders fruchtbar, so sind sich die Absolventinnen und Absolventen einig, erweisen sich während des Programms geknüpfte Kontakte. „Durch den intensiven Austausch über museale Problemfelder und mögliche Lösungsansätze sind weitgespannte Netzwerke von Kolleginnen und Kollegen entstanden. Für viele Fragen in der beruflichen Praxis gibt es einen kurzen Draht zu jemandem, der Rat weiß“, betont Ralph Gleis, inzwischen Leiter der Alten Nationalgalerie in Berlin. Mehr noch: Die neu entstandene Gemeinschaft hat „zu Kooperationen bei Ausstellungsprojekten oder gemeinsam konzipierten Workshops und Seminaren geführt“, freut sich Edenheiser.
Museion21. wurde von der Alfred Toepfer Stiftung F.V.S. organisiert und von dieser in Partnerschaft mit der Körber-Stiftung, der Volkswagen-Stiftung, dem Deutschen Museumsbund und der Kulturstiftung der Länder ermöglicht.