Mission: Kultur!

Dass Isabel Pfeiffer-Poensgen die Kulturstiftung der Länder nachhaltig geprägt hat, ja zu ihrem öffentlichen Gesicht wurde, steht außer Frage und verdient höchste Anerkennung und Dankbarkeit. Mit dem Schritt in die nordrhein-west­fälische Landespolitik kehrt sie in das Bundesland zurück, dem sie und ihre Familie immer verbunden und das ihr eigentliche Heimat geblieben war. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stiftung sagen Danke und Auf Wieder­sehen – und dieses Wiedersehen ist auch garantiert, denn als Kulturministerin hat Isabel Pfeiffer-Poensgen nun automatisch einen Sitz in unserem Stiftungsrat.

Isabel Pfeiffer-Poensgen, Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen; © Land Nordrhein-Westfalen / Foto: Ralph Sondermann
Isabel Pfeiffer-Poensgen, Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen; © Land Nordrhein-Westfalen / Foto: Ralph Sondermann

Mit der parteilosen Pfeiffer-Poensgen tritt eine Figur in den Kreis der Länderkulturminister, deren bisherige Laufbahn hohe Erwartungen weckt. Den durch das Studium der Rechte und der Geschichte gesteckten Horizont erweiterte die mit beneidenswertem Pragmatismus gesegnete Juristin durch ihre berufliche Praxis kontinuierlich und mit souveräner Leichtigkeit. In der Hamburger Senatsverwaltung wirkte sie als Referentin für Wissenschaft und Forschung, in Köln als Kanzlerin der Hochschule für Musik und Tanz, in Aachen war sie Dezernentin für Kultur und Soziales. Ein Aufgaben-Portfolio, das in der Rückschau fast automatisch in die Kulturpolitik führen musste. Und bereits in der Kulturstiftung der Länder bündelte sie alle bis dahin gesammelten Berufserfahrungen, setzte sich für kulturelle Bildung und Provenienzforschung, für Kulturgutschutz und einen deutsch-russischen Kulturdialog ein, ohne die in der Stiftungssatzung festgelegten Kernaufgaben – Erwerbungs-, Ausstellungs- und Restaurierungsförderung – aus dem Blick zu verlieren. Ihre Agenda folgte meist uhrwerkartig ihrem Erfolgsrezept: Die Handelnden aus den verschiedenen kulturellen Gebieten zu intensiven Gesprächen bitten, genau zuhören. Anschließend die richtigen Akteure miteinander verbinden, nicht locker lassen. Pfeiffer-Poensgen moderierte Gespräche und Verhandlungen ausdauernd, mit großer Hartnäckigkeit, bei Streit ausgleichend. Bereits Jahre, bevor mit dem Schwabinger Kunstfund bei Cornelius Gurlitt das Thema Auf­arbeitung der NS-Raubkunst breit und kontrovers diskutiert wurde, hatte sich Pfeiffer-Poensgen mit dem damaligen Kulturstaatsminister Bernd Neumann für eine raschere Umsetzung der Washingtoner Erklärung stark gemacht. Zusammen warben sie bei den deutschen Museen um die vielerorts noch vernachlässigte Erforschung der eigenen Sammlung. Mit der Einrichtung der Arbeitsstelle für Provenienzforschung im Jahr 2008, einer Bund-Länder-Kooperation, gab es erstmals eine bundesweit tätige Förderstelle, die die dezentrale Forschung in den Sammlungen anschob. In Dutzenden von Projekten wurden Bestände mit problematischer Herkunft identi­fiziert, zahlreiche geraubte Kunstwerke und Kulturgüter konnten zurückgegeben werden. Mit der großen medialen Debatte in der Nachfolge des Gurlitt-Falls wurde deutlich, dass es in Deutschland einen zentralen Ansprechpartner für die betroffenen Institutionen, aber auch für die Anspruchsteller, die Nachkommen der verfolgten Eigentümer oder ihre Nachfahren, geben sollte. Mit der Kulturstaatsministerin Monika Grütters gelang Anfang 2015 die Einrichtung des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste, dessen Kuratorium Isabel Pfeiffer-Poensgen seitdem vorsaß. Daneben setzte sich Pfeiffer-Poensgen auch für die Erforschung der Enteignung von Kunst und Kulturgut in der DDR ein. Über lange Jahre hatte sie zuvor Restitutionen und Rückankäufe im Zusammenhang mit Enteignungen der sowjetischen Besatzungszone begleitet. Ob bei der Sammlung Herzogliches Haus Mecklenburg-Schwerin für Schloss Ludwigslust oder bei den großen kulturhistorisch bedeutenden Konvoluten aus Adelsbesitz in Schloss Burgk und Hinterglauchau: Isabel Pfeiffer-Poensgen wurde nicht müde, gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kulturstiftung der Länder um die besten Lösungen für alle Beteiligten intensiv zu ringen. Bei allen Erwerbungsprojekten motivierte Pfeiffer-Poensgen einen weiten Kreis von Mit­förderern, Stiftern und Unterstützern: Furios gelang dies bei der einmaligen Gelegenheit, für das Beethoven-Haus in Bonn das originale Autograph von Ludwig van Beethovens Diabelli-Variationen anzukaufen. Und bei komplexen Projekten wie der vielbeachteten Jahrhunderterwerbung der Reisetagebücher Alexander von Humboldts schmiedete Pfeiffer-Poensgen gemeinsam mit Hermann Parzinger, dem Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin, und anderen über Jahre eine bundesweite, großangelegte Finanzierungskoalition, immer treu ihrer festen Überzeugung, dass kein Projekt wirklich scheitere, wenn man es nur verbindlich und lange genug betreibe. Nach vielen Reisen kreuz und quer durchs Land saß Pfeiffer-Poensgen dann manchmal erschöpft, aber glücklich in der großen Runde der Stiftung am Berliner Lützowplatz und zitierte fröhlich ihren liebsten Artikel des rheinischen Grundgesetzes: „Et hätt noch emmer joot jejange.“ („Es ist bisher noch immer gut gegangen.“) Auf Wieder­sehen, IPP!