Dazu Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder: „Da bislang dem Museum Lyonel Feininger ein Spätwerk des Künstlers fehlte, freut es mich besonders, dass der Ankauf des Werkes ‚Im Schnee“ gelungen ist. Damit kann in Quedlinburg – in der einzigen monografischen Sammlung zu Lyonel Feininger weltweit – die Entwicklung des Künstlers von seinen frühen Anfängen bis in die 1940er Jahre umfassend, entlang seiner Werke vermittelt werden. Das Schaffen Feiningers ist zudem eng mit Sachsen-Anhalt verbunden, er bewohnte ein Meisterhaus in Dessau und fand hier Motive für seine Werke. Das Gemälde ‚Im Schnee‘ bildet zudem eine Brücke zwischen Feiningers alter und neuer Heimat: Das Motiv fand er in Dessau und fertigte das Gemälde Jahre später in seiner neuen und zugleich alten Heimat, New York.“
Seit den 1910er Jahren schuf Lyonel Feininger eine Gruppe mit Darstellungen von Kirchenbauten im Osten Deutschlands, sie standen im Zentrum seines Schaffens bis in die 1930er Jahre. Sie gelten als wesentlich für seinen Beitrag zur Klassischen Moderne in Deutschland, zu deren bedeutendsten Vertretern Feininger zählt. Das 46 × 69 Zentimeter große Gemälde „Im Schnee“ schuf Feininger 1949, zwölf Jahre nach seiner Rückkehr in die USA. Die dargestellte Dessauer Kirche St. Peter und Paul hatte er rund 20 Jahre zuvor fotografisch festgehalten. Er nutzte Zeichnungen und Fotografien aus seinen Jahren in Dessau (1925-1933), um auf deren Basis „Im Schnee“ zu schaffen. Das Werk zeigt eine stark reduzierte, winterliche Szene mit einer Darstellung der katholischen Kirche in Dessau. Es verbindet zudem Charakteristika von Feiningers Schaffen aus der Vorkriegszeit – die Verschränkung der Flächen – mit denen seines späteren Schaffens – eine stark reduzierte Farbpalette und ein pastoser (dickflüssiger) Farbauftrag. Das Museum Lyonel Feininger war bislang noch nicht im Besitz eines Spätwerk Feiningers. Mit dem Ankauf kann nun ein komplexeres Bild von Feiningers späteren Schaffensjahren vermittelt werden. Bereits seit 2022 ist „Im Schnee“ als Leihgabe in der grundlegend überarbeiteten Dauerausstellung des Quedlinburger Museums ausgestellt – es bildete dort den zentralen Schlusspunkt der Schau.
Nachdem Feininger „Im Schnee“ 1949 geschaffen hatte, befand sich das Gemälde im Besitz zweier Galerien in New York. Anfang der 2000er Jahre wechselte es in eine deutsche und später in eine österreichische Privatsammlung. Die Kulturstiftung Sachsen-Anhalt erwirbt das Werk nun von der österreichischen Galerie Wienerroither & Kohlbacher, die das Werk zuvor bereits als Leihgabe für die Dauerausstellung bereitgestellt hatte.
1926 bis 1932 wohnte Feininger mit seiner Familie in Dessau. Die Nationalsozialisten beschlagnahmten 1937 ein umfangreiches Konvolut seines Werks. Seine Werke wurden als „Entartete Kunst“ deklariert und und in der gleichnamigen Münchner Ausstellung diffamiert. Feininger, dessen Frau Jüdin war, hatte kurz zuvor Deutschland verlassen. Er arbeitete fortan als Maler in seiner Geburtsstadt New York. Zur Kulturstiftung Sachsen-Anhalt gehören heute die beiden Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) und das Museum Lyonel Feininger in Quedlinburg. Beide befassen sich mit dem Schaffen Feiningers.
Dr. Hermann Klumpp, ein enger Freund der Familie, hatte in Quedlinburg ab 1937 jenes umfangreiche Konvolut von Gemälden und Arbeiten auf Papier, das Feininger bei seiner Rückkehr in seine amerikanische Heimat in Deutschland zurücklassen musste. In den 1970er Jahren beschlagnahmten die Behörden der DDR dieses Konvolut. Nach einer Einigung mit den Erben Feiningers wurde 1986 mit dem ihm verbliebenen Konvolut das Museum Lyonel Feininger in Quedlinburg gegründet. Die Sammlung des Museums basiert auf der Dauerleihgabe Dr. Hermann Klumpp beziehungsweise seiner Erben.
Weitere Förderer:
Land Sachsen-Anhalt, Ernst von Siemens Kunststiftung, Ostdeutsche Sparkassenstiftung gemeinsam mit der Harzsparkasse, Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, Förderverein Lyonel Feininger Museum, Quedlinburg