Kultur gibt Orientierung
Sehr geehrte Frau Ministerin,
liebe Frau Pfeiffer-Poensgen,
liebe Schülerinnen und Schüler,
sehr geehrte Lehrerinnen und Lehrer,
sehr geehrte Frau Dr. Hasenpflug,
sehr geehrte Frau Dr. Schweizer,
sehr geehrter Herr Professor Druffner,
sehr geehrte Damen und Herren,
wenn Bildungseinrichtungen, Kultureinrichtungen und Kommunen mit ihren Programmen zur kulturellen Bildung den „Olymp“ zu erklimmen versuchen, dann kann es sich nur um einen qualitativ anspruchsvollen Wettbewerb handeln. Und das ist tatsächlich der Fall.
„Kinder zum Olymp“ hat sich zu dem Förderinstrument für kulturelle Bildung in Deutschland schlechthin entwickelt. Weil der Wettbewerb Öffentlichkeit schafft, beispielhaftes Engagement transparent macht und andere zur Nachahmung ermuntert. Der Wettbewerb selbst reagiert auf aktuelle Entwicklungen und verharrt nicht in alten Strukturen – darauf werde ich später noch etwas ausführlicher zu sprechen kommen.
Zunächst aber möchte ich sechs Glückwünsche aussprechen. Und die gelten natürlich den Nominierten. Sie haben sich aus 150 Bewerbungen im Wettbewerb um den Zukunftspreis für Kulturbildung bis zu dieser Veranstaltung durchgesetzt. Zwar kann es heute nur jeweils einen Preisträger in den Kategorien „Kulturelles Schulprofil“ und „Programme kultureller Bildung“ geben.
Aber allein die Nominierung und Einladung zu dieser Veranstaltung würdigen die herausragenden Leistungen und Anstrengungen, die in diese erfolgreichen Initiativen und Programme gesteckt wurden, ihre Idee und ihre Ausführung. Und ganz wichtig: Ihre Kontinuität und Nachhaltigkeit.
Da wäre der Kulturservice Bamberg, der seit 10 Jahren in Zusammenarbeit mit über 100 Kulturpartnern allen 70 Schulen und 120 Kitas der Stadt und des Landkreises Bamberg Beratung, Vernetzungsmöglichkeiten sowie organisatorische und finanzielle Unterstützung bei Kooperationsideen anbietet.
Da ist die Initiative FLUX – Theater in Hessen, die sich mit ihrer Arbeit an den ländlichen Raum richtet. Leerstehende Immobilien werden temporär zu echten Kulturzentren.
In Hannover will „LIVE-APPS – Das JugendKulturAbo“ das Angebot kultureller Bildung so hürdenfrei wie möglich gestalten – gerade für weiterführende Schulen.
In der Kategorie Kulturelle Schulprofile setzte sich bis hierher die August-Hermann-Franke-Schule aus Berlin mit dem Motto „Räume und Träume – Theater als Praxis inklusiven Lebens“ durch.
Zum anderen die Grundschule Schenkelsberg in Kassel. Die Schule liegt in einem sozialen Brennpunkt und hat selbstständig ein Netzwerk mit städtischen Kooperationspartnern wie dem Staatstheater oder der Universität Kassel und weiteren außerschulischen Fachkräften aufgebaut.
Das Gymnasium Paulinum in Münster beeindruckt durch das breite Angebot und das hohe Niveau an kultureller Bildung.
Aber ich möchte nicht nur alle sechs Nominierten beglückwünschen, sondern natürlich auch die Initiative „Kinder zum Olymp“, die sich seit ihrer Gründung großartig entwickelt hat. Die Initiative der Kulturstiftung der Länder gehört bereits seit 2009 zu den von der Kultusministerkonferenz empfohlenen Schülerwettbewerben. Sie verfolgt das ehrgeizige Ziel, Kindern und Jugendlichen aller Altersgruppen und aller Schulformen – unabhängig von Herkunft, Ethnie und Leistungsstand – Wege zu Kunst und Kultur zu öffnen.
Warum ist kulturelle Bildung so essentiell? Kulturelle Bildung und ästhetische Erziehung in Kindergarten, Schule, Jugendarbeit und Berufsbildung sind die Tore zu allen Formen der Kultur. Und darum muss kulturelle Bildung für alle zugänglich sein.
Kunst und Kultur geben Orientierung, sie sind ein Integrationsfaktor, wirken identitätsstiftend, fördern Partizipation, sie sind ein Kreativfaktor. Last but not least: Kulturelle Bildung ist die Grundlage für eine funktionierende demokratische und pluralistische Gesellschaft.
Das ist unser gemeinsamer Auftrag. Wir brauchen eine kulturelle Bildung, die immer auch eine interkulturelle ist. Wir brauchen eine kulturelle Bildung, in der die künstlerischen Fächer eine bedeutende Rolle spielen, aber nicht alleine stehen, sondern sich wo immer möglich vernetzen, zum Beispiel mit den Bereichen Sport, Bildung und Ausbildung.
Der Initiative „Kinder zum Olymp“ ist es gelungen, die Bedeutung kultureller Bildung in Deutschland nachhaltig zu stärken. Sie fordert beharrlich die Zusammenarbeit von Schulen mit Künstlern und Kultureinrichtungen ein. Sie wendet sich immer wieder an Eltern, Erzieher und Lehrkräfte und bittet um Unterstützung für die musische Bildung und Ausbildung ihrer Kinder.
Und sie hat Erfolg. In den vergangenen Jahren haben viele Akteure im Bereich von Schule und Kultur neue Erfahrungen gemacht mit innovativen Kooperationsformen und die Türen für alle Formen musischer Bildung wurden weiter geöffnet.
Aus voller Überzeugung beglückwünschen kann ich den Wettbewerb nur zur Neuausrichtung der Konzeption. Geht es doch um die Weiterentwicklung der Zusammenarbeit zwischen Kultur und Schule. Einzelprojekte – so schön und effektvoll sie auch sein mögen – entwickeln keine Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit und Kontinuität sind aber in keinem anderen Bildungsbereich so notwendig wie in der kulturellen Bildung.
Ich gebe ein Beispiel: Im vergangenen Jahr war die Kultusministerkonferenz zu Gast im damaligen Präsidentschaftsland Bremen. Die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren konnten sich dort einen Eindruck verschaffen, zu welchen nachhaltigen Höchstleistungen kulturelle Bildung in der Lage ist.
Mit ihrem Prinzip der „Stadtteil-Oper“ hat die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen bereits viele internationale Nachahmer gefunden. Im Mittelpunkt steht dabei die Wohngemeinschaft der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen mit der Gesamtschule Bremen-Ost. Die Entscheidung dieses Weltklasseorchesters, in den Räumlichkeiten der Schule ein neues Probendomizil aufzubauen, legte 2007 den Grundstein für eine einzigartige Zusammenarbeit. Seitdem entwickelt das „Zukunftslabor“ Projekte mit dem Ziel, jungen Menschen neue Perspektiven zu vermitteln. Dazu gehören neben dem etablierten Format der „Stadtteil-Oper“ auch zahlreiche kleinere Begegnungen im Schul- und Orchesteralltag wie Probenbesuche oder die Zusammenarbeit mit den Streicher- und Bläserklassen.
Genau das ist es, was gute kulturelle Bildung ausmacht. Einzelprojekte lösen vielleicht Aha-Erlebnisse bei Kindern und Jugendlichen aus, aber sie schaffen keinen nachhaltigen Zugang zu Kunst und Kultur.
In Niedersachsen gibt es unzählige auch längerfristig angelegte Projekte, die in Kooperationen zwischen Kultureinrichtungen bzw. Kulturschaffenden und Schulen entstehen.
Auf diese Konstellationen hat das Land in den vergangenen drei Jahren einen besonderen Fokus gerichtet: Das Kultusministerium und das Kulturministerium haben gemeinsam mit der Stiftung Mercator das Projekt SCHULE:KULTUR! (Sprich: Schule durch Kultur) initiiert. Das Projekt fand im Rahmenprogramm „Kreativpotentiale“ der Stiftung Mercator statt.
An der Konzeption der zweiten Staffel von SCHULE:KULTUR! wird derzeit mit Hochdruck gearbeitet; sie wird voraussichtlich im Februar 2018 starten. In Staffel 1 haben 40 Schulen – in urbanen Zentren genauso wie im ländlichen Raum – mit jeweils einem Kulturpartner kulturelle Bildung in der Schule ganzheitlich vermittelt.
Ziel war dabei nicht nur die Durchführung eines anspruchsvollen Kulturprojekts mit dem außerschulischen kulturellen Partner, sondern auch die Weiterentwicklung des Schulprofils im Hinblick auf Kultur, zum Beispiel durch einen Kulturfahrplan und die Einführung von kulturellen Methoden im nicht-künstlerisch-musischen Fachunterricht.
Begleitend haben die verantwortlichen Kulturkoordinatorinnen und -koordinatoren aus den Schulen gemeinsam mit ihren Kulturpartnerinnen und Kulturpartnern eine Serie von Qualifizierungsveranstaltungen besucht, die eigens für das Projekt von der Bundesakademie für Kulturelle Bildung in Wolfenbüttel und der Niedersächsischen Landesschulbehörde entwickelt wurden.
Ebenfalls als Projektpartner beteiligt waren die Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung (LKJ) Niedersachsen und das Niedersächsische Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung (NLQ), welches eine begleitende Evaluation durchgeführt hat, deren Ergebnisse kontinuierlich in die Ausgestaltung des Fortbildungscurriculums eingeflossen sind.
Innerhalb der Projektlaufzeit sind starke Partnerschaften und Netzwerke gewachsen, die auch darüber hinaus weiter bestehen werden. Um die begonnene Arbeit und die Netzwerkbildung auch künftig aktiv zu unterstützen, sind beide Ministerien zurzeit dabei, eine zweite, weiterführende Staffel von SCHULE:KULTUR! zu konzipieren.
Auch „Kinder zum Olymp“ verfolgt das Ziel, über ganzheitliche Programme und Modelle langfristig Strukturen für kulturelle Bildung zu schaffen. Gefragt sind Konzepte, die Strukturen für die Verankerung von kultureller Bildung in Kultureinrichtungen und Schulen schaffen. Die Projekte, die heute hier präsentiert werden sind so großartig, dass mir bezüglich der Zukunft der Kultur in Deutschland nicht bang wird.
Ich danke der Kulturstiftung der Länder ganz ausdrücklich für ihr Engagement für kulturelle Bildung und kann sie nur ermuntern und bestärken, auf diesem erfolgreichen Weg weiterzuarbeiten.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
– Es gilt das gesprochene Wort. –