Jalousieschweller und Kegellagen

Sie erklingen im Rigaer Dom, in der Frankfurter Paulskirche, im Wiener Stephans-Dom und in der Bostoner Music Hall: Rund um den Globus prägten über 200 Jahre lang die Orgeln der Firma „E. F. Walcker. & Cie“ die Kirchenklang-Kunst. Das Wirtschaftsarchiv Baden-Württemberg erwarb vom Nachkommen Gerhard Walcker-Mayer das umfangreiche Familienarchiv der einflussreichen Orgelbauerdynastie – bestehend aus rund 1.000 Zeichnungen, zahlreichen Mensurenblättern, historischen Photographien und Notizbüchern.

Damit vervollständigt das Stuttgarter Archiv mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder und der Wüstenrot Stiftung seinen großen Bestand an Dokumenten zum Orgelbau der Walckers aus den Anfängen der Werkstatt von 1807 bis zum Jahr 2003. Denn bereits 2004 sicherte sich das Archiv mit mehreren Tausend Zeichnungen von Orgelkonstruktionen und kostbaren Opus-Büchern das Firmenarchiv der renommierten Manufaktur, die weltweit über 6.000 Orgeln entwarf und baute.

Die Orgeln der Walckers versinnbildlichen das Klangideal der Romantik: Ursprünglich 1780 von Johann Eberhard Walcker (1756–1843) in Cannstatt gegründet, zog der Betrieb im Jahr 1820 unter der Leitung seines Sohnes Eberhard Friedrich Walcker (1794–1872) nach Ludwigsburg um und erlangte 1827 weltweites Ansehen mit dem Bau der Orgel in der Paulskirche in Frankfurt/Main. Die technisch ausgeklügelten Neuerungen der Walckers waren stilprägend für die Kirchenmusik des 19. Jahrhunderts, die mit ihren sanften Übergängen und orchestralen Klängen erst mit den Erfindungen des baden-württembergischen Familienbetriebs aufführbar wurden. So führten die Walckers durch die Entwicklung der Kegellage ein neues Windladensystem für Orgelpfeifen ein und ermöglichten durch die Schwellenjalousie innovative Tondämpfungen.

Das Wirtschaftsarchiv Baden-Württemberg, das Schriftgut aus dem Wirtschaftsleben des Landes aufbewahrt und erschließt, füllt nun über 130 Regalböden mit den archivalischen Schätzen der Werkstatt Walcker und bietet sowohl für Orgelsachverständige, Orgelbauer als auch für Musikwissenschaftler eine Fundgrube zur Orgelbau- und Musikgeschichte.