Bücherdämmerung
Richard Wagners ehemaliges Wohnhaus „Wahnfried“ in Bayreuth und das neue Richard Wagner Museum werden wiedereröffnet: Nach drei Jahren Bauzeit befindet sich das große Bayreuther Museumsprojekt mit der Sanierung von Haus Wahnfried und der baulichen Erweiterung des alten Museums auf der Zielgeraden.
Das 1976 eröffnete Museum präsentiert sich ab 2015 vollständig neu: Das Siegfried-Wagner-Haus, gleich neben Haus Wahnfried, das Winifred Wagner bis zu ihrem Tod 1980 bewohnte, ist in seiner originalen Ausstattung der 30er Jahre erhalten und wird den Besuchern erstmals zugänglich gemacht. Hier werden die Ideologiegeschichte Wagners dargestellt, die enge Verbindung zwischen Bayreuth und der NS-Diktatur beleuchtet und die persönlichen Beziehungen der Familie Wagner zu den Nationalsozialisten und zu Adolf Hitler dokumentiert. Der Museumsneubau von Architekt Volker Staab widmet sich in der Dauerausstellung der Aufführungs¬geschichte der Bayreuther Festspiele bis in die Gegenwart.
In Haus Wahnfried, am authentisch-auratischen Ort, führt die Ausstellung den Besucher in das Leben und Werk Richard Wagners ein. Das Erdgeschoss präsentiert sich als Lebenswelt und gibt einen Einblick in die Zeit um 1880 und den Alltag Richard Wagners und seiner Familie. Bis kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs befand sich Richard Wagners Bibliothek an ihrem ursprüng¬lichen Platz im Saal des Hauses Wahnfried. Auf Veranlassung Winifred Wagners wurden die Bücher zu Beginn des letzten Kriegsjahres in Kisten verpackt und auf Schloss Wiesentfels in der Fränkischen Schweiz in Sicherheit gebracht. Ohne diese Auslagerung wäre die gesamte Bibliothek – und mit ihr ein kulturgeschichtliches Zeugnis von höchstem Rang – zweifellos vernichtet worden, denn das Haus wurde am 5. April 1945 von einer Fliegerbrandbombe getroffen und dabei größtenteils zerstört. Der Saal, der die Bibliothek eigentlich beherbergte, brannte vollständig aus.
Nach dem Krieg beschlagnahmten die amerikanischen Militärbehörden die Bücherkisten als Reparationsleistung. Nur unter großen Schwierigkeiten konnte der Abtransport der Wagner-¬Bibliothek in die USA verhindert werden. 1973 erwarb die Richard-Wagner-Stiftung die Bibliothek aus dem Besitz der Familie, und somit befindet sich wieder jedes Buch an dem Platz, an dem es zu Wagners Lebzeiten gestanden hatte, genauso, wie es in einem handschriftlichen Standortkatalog von 1888 vermerkt ist.
Der Schwerpunkt von Wagners Wahnfried-Bibliothek mit rund 2.000 Büchern liegt auf der epischen, dramatischen und lyrischen Weltliteratur. Der gesamte bildungsbürgerliche Literatur¬kanon des 19. Jahrhunderts ist hier vertreten: Werke von Hans Sachs, Klopstock, Lessing, Wieland, Goethe, Schiller, Hölderlin, Jean Paul, Tieck, den Gebrüdern Schlegel, Platen, Voltaire und Rousseau fehlen ebenso wenig wie die Dramen von Shakespeare, Corneille und Racine. Im Bereich der Philosophie nimmt Schopenhauer die Zentralstellung ein. Schließlich findet man auch Werke der indisch-brahmanischen und der buddhistischen Dichtung.
Im Rahmen der Neukonzeption der Dauerausstellungen wurde die Wahnfried-Bibliothek unter die konservatorische Lupe genommen: Rund 120 Bücher sind in ihrer Substanz erheblich geschädigt, sodass nur aufwendige Restaurierungen die Werke retten können. Im Laufe der Zeit sind die Einbände gerissen und verschmutzt, durch Feuchtigkeit und Licht teilweise zerstört und durch den Gebrauch haben sich viele Seiten gelöst. Mit Hilfe der Arsprototo-Leser hoffen wir, die kostbaren Bücher konservieren und wieder präsentabel machen zu können. Bitte unterstützen Sie das Richard Wagner Museum in Bayreuth dabei, diese außergewöhnliche Buch¬kollektion des großen Komponisten für die Nachwelt zu erhalten und sie der Öffentlichkeit wieder zugänglich zu machen: Wagners Bibliothek birgt nicht nur die Entstehungs- und Ideengeschichten seiner weltberühmten Opern, sondern soll zukünftig für die Besucher in Bayreuth den Geist der Zeit in einem bibliophilen Panorama aufblättern.