Hand in Hand

2019 wird das Jahr des Bauhauses. Doch schon jetzt wird der Ereignisse gedacht, die das Feld für die Umstürze auf kulturellem und politischem Gebiet vorbereitet haben. Denn 1918 war das Jahr der Novemberrevolution. Es markiert somit den Anfang vom Ende des Kaiserreichs und die erste Etappe des Aufbruchs in die Welt der Weimarer Republik. Zermürbt vom Kriegsgeschehen und ohne Aussicht auf einen Sieg meuterten zunächst die Matrosen in Kiel, als Signal­geber wurden sie zu „Sturmvögeln der Revolution“. Die von der Kulturstiftung der Länder geförderte Ausstellung „Die Stunde der Matrosen – Kiel und die deutsche Revolution 1918“ im Kieler Stadt- und Schifffahrtsmuseum widmet sich noch bis zum 17. März 2019 diesem folgenschweren Thema (siehe Arsprototo 2-2018). Auch die Kultur und das Kunstleben blieben von den Umwälzungen nicht unberührt. So formierte sich unter dem Eindruck der revolutionären Ereignisse in Kiel am 3. Dezember 1918 die Künstlervereinigung „Novembergruppe“, der innerhalb kurzer Zeit 170 Künstler aus allen Sparten beitraten. Viele von ihnen sollten dann 1919 Mitbegründer oder Lehrer des Weimarer Bauhauses werden.

 

Das Potsdam Museum nahm das Jubiläumsjahr zum Anlass für die Sonderausstellung „Umkämpfte Wege der Moderne. Wilhelm Schmid und die Novembergruppe“. Im Mittelpunkt steht der gebürtige Schweizer Künstler Wilhelm Schmid (1892–1971), ein Pots­damer Mitglied jener „Vereinigung von Revolutionären des Geistes“, die nach dem Ende der Monarchie in Deutschland radikal neue Wege der Kunst be­gehen wollten. Schmid war 1912 nach Berlin gezogen und lebte – unterbrochen von vielen Reisen und einem Aufenthalt in Paris zwischen 1924 und 1930 – von 1923 bis 1937 in Potsdam. In beiden Städten war er als Architekt und Maler tätig. Dass der aufkommende Nationalsozialismus Künstlerexistenzen wie die Wilhelm Schmids unmittelbar bedrohte, zeigen Attacken 1934 in der lokalen Presse, gefolgt von antisemitischen Anfeindungen seiner Frau, der bekannten Sängerin Maria Metz (geb. 1886 als Miriam Eleonore Metz, Künstlername Maria Alba). 1937 erfolgte die Diffamierung seiner Werke als „entartet“, kurz danach floh das Ehepaar in die Schweiz. Die Ausstellung holt nicht nur das Frühwerk eines Künstlers in das öffentliche Bewusstsein zurück, der durch die NS-Zeit und ihre Folgen aus dem Blickfeld der Kunstgeschichte geraten war, sie rekonstruiert zugleich sein künstlerisches Umfeld in Potsdam und erarbeitet damit einen weiteren Mosaikstein in der Kunst- und Kultur­geschichte der Stadt.

Im Zuge der Ausstellungsvorbereitung wurde deutlich, dass zur Darstellung dieses Kontexts das Werk eines weiteren Potsdamer Künstlers von Bedeutung sein würde: Heinrich Basedow der Jüngere (1896 –1994), Sohn des gleichnamigen Landschaftsmalers. Basedows Biographie zeigt, wie der sozial­revolutionäre Impetus der November­revolution anfällig für die andere, die nationalsozialistische Revolution, werden konnte: Zunächst Marinesoldat und Kommunist, trat Basedow 1930 in die NSDAP ein, wurde Sturmbannführer der SA und 1935 Ratsherr in Potsdam, u. a. mit Zuständigkeit für das Heimatmuseum. Nach dem Krieg in Kiel beheimatet und als „Mitläufer“ eingestuft, verzichtete er 1978 nach Protesten wegen seiner NS-Vergangenheit auf den dortigen Kunstpreis. Als Zeitgenosse ­Schmids, als Mitglied des Potsdamer Kunstvereins und der Gilde der Potsdamer Künstler und als progressiver Maler in einem eher konservativen Umfeld (1919 wird er zum Studium nach Weimar gehen und 1924 zurückkehren) war er eine wichtige Figur im unmittelbaren Kontext der Novembergruppe. Schmid und Basedow nahmen beide an der ab September 1927 stattfindenden „Ausstellung Potsdamer Künstler“ teil, wobei die stilistische Nähe ihrer Werke zwischen Neuer Sachlichkeit und Magischem Realismus bereits dem damaligen Rezensenten auffiel.

Vier seiner Gemälde bieten in der aktuellen Ausstellung (noch bis zum 27.1.2019) einen repräsentativen Querschnitt durch sein frühes Œuvre. Sie entstanden zwischen 1923 und 1931. Ein Kinderporträt zeigt Christa Heidkamp, die Tochter eines Buch- und Kunsthändlers, in dessen Geschäftsräumen sich die Potsdamer Avantgarde traf und Basedow 1928 ausstellte, ein weiteres den Fischer Johann Wessel (ohne Abb.). Alle vier Gemälde waren stark verschmutzt, es gab Abriebe in den Lasuren, teilweise auch Kratzer und farbverfälschende Altretuschen. Fehl­stellen, festhaftende Fremd­partikel und Ausfluglöcher von schädigenden Insekten beeinträchtigten die Werke nachhaltig. Mit Unterstützung des Freundeskreises der Kulturstiftung der Länder konnten die vier Werke restauriert ­werden. Was besonders schön ist: Der Freundeskreis wirkte in diesem Fall Hand in Hand mit der Kulturstiftung selbst, die sich bei der Finanzierung des Ausstellungsprojektes engagierte.

Restaurator Max Wenske, Direk­torin Dr. Jutta Götzmann und Dr. Claudia Hartmann vom Freundeskreis der Kulturstiftung der Länder vor den Werken von Heinrich Basedow d. J.; © Potsdam Museum
Restaurator Max Wenske, Direk­torin Dr. Jutta Götzmann und Dr. Claudia Hartmann vom Freundeskreis der Kulturstiftung der Länder vor den Werken von Heinrich Basedow d. J.; © Potsdam Museum

Der Restaurierung durch den Freundeskreis der Kulturstiftung der Länder war in Potsdam bereits die Erfassung des bekannten Gesamtwerks Basedows d. J. vorausgegangen: Im Februar dieses Jahres hatte der Förderverein des Potsdam Museums das digitale Werkverzeichnis des Künstlers vorgestellt (www.private-kuenstlernachlaesse-brandenburg.de) und einen umfangreichen Teilnachlass Basedows dem Museum übergeben. Das Museum ist durch diese Freundestaten in der Lage, Biographie und Werk der Öffentlichkeit (kunst-)historisch fundiert aufbereitet und restauratorisch betreut zur Verfügung zu stellen.

Weitere Informationen über alle Aktivitäten und Reisen des Freundeskreises sowie zu den Restaurierungsprojekten finden Sie auf unserer Website:
www.kulturstiftung.de/Freundeskreis