Gut gekühlt

Während draußen Surfer die Welle des Eisbachs reiten, wird im danebenliegenden Münchner Museumsbau aufgetischt: Eine lange, aufwendig gedeckte Tafel, anbei Kühlvorrichtungen für Getränke und Gläser. Im innovativ gestalteten Gläserkühler warten die Weingläser jedoch nicht auf die Gäste einer Vernissage, sie zeigen den Besucherinnen und Besuchern des Bayerischen Nationalmuseums, wie zu Hofe im 18. Jahrhundert Genuss und Repräsentation eine kunsthandwerkliche Synthese eingingen. Vier Kilo schwer ist das silberne Gefäß, das der Goldschmied Johann Friedrich Breuer zwischen 1707 und 1711 in der Goldschmiedemetropole Augsburg fertigte. Jüngst vom Museum erworben, glänzt der für acht Gläser bestimmte Kühler nun im Saal 91. Das sogenannte Hildesheimer Tafelservice des Fürstbischofs Friedrich Wilhelm von Westphalen strahlt – nach historischen Gedeckplänen platziert – auf dem Tisch. Wie es der damals an den Höfen praktizierte Service à la Française verlangte, hielt ein eigenes Silberbuffet neben der Tafel Getränke und Gläser bereit. Das Augsburger Prachtexemplar veranschaulicht diese Praxis von nun an all jenen, die sich in Museumsführungen wunderten, wo denn nur die Gläser wären.

Johann Friedrich Breuer, Gläserkühler mit Laub- und Bandelwerkdekor, 1707/11, 20 × 48 × 42,5 cm; Bayerisches Nationalmuseum; © Bayerisches Nationalmuseum / Foto: Bastian Krack
Johann Friedrich Breuer, Gläserkühler mit Laub- und Bandelwerkdekor, 1707/11, 20 × 48 × 42,5 cm; Bayerisches Nationalmuseum; © Bayerisches Nationalmuseum / Foto: Bastian Krack

„Mit seinem Sammlungsschwerpunkt im Bereich von Erzeugnissen süddeutscher Goldschmiedezentren bietet das Bayerische Nationalmuseum den idealen Kontext, den silbernen Gläserkühler kuratorisch der Öffentlichkeit zu vermitteln“, sagt Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder. „Da das Archiv zur Augsburger Goldschmiedekunst seit 1991 im Museum beheimatet ist, stellt der gemeinsam gelungene Ankauf auch einen großen Gewinn für die Forschung dar.“

Das Gefäß ist so innovativ wie rar. Denn mit der Laub- und Bandelwerk-Ornamentik, für die sich der Goldschmied entschied, wählte er den seinerzeit hochaktuellen Régence-Stil, der sich aus Frankreich kommend über die Druckgrafik schnell verbreitete. Der Gläserkühler gilt als eines der frühesten Beispiele dieses Stils im süddeutschen Raum. Auch verkörpert er als eines der wenigen erhaltenen Exemplare das Repräsentationsbedürfnis der europäischen Höfe. Da Gläserkühler ebenfalls aus der Mode fielen, als der Service à la Russe das französische Vorbild ablöste, schmolzen viele Fürsten ihre monumentalen Silberobjekte in Notzeiten ein und vermünzten sie. Auch wenn der Adlige, in dessen Auftrag der Augsburger Goldschmied das auf mächtigen Löwenpranken stehende Gefäß ausführte, unbekannt ist, scheint er glücklicherweise nie in die Bedrängnis gekommen zu sein, sein Silber im wahrsten Sinne des Wortes flüssig machen zu müssen.

Finanzierung dieser Erwerbung: Kulturstiftung der Länder, Ernst von Siemens Kunststiftung und Mittel aus dem Vermächtnis Harry Beyer