Großes, fein gezeichnet

„Diese Erwerbung ist nicht nur für die Stadtgeschichte und die Erforschung der Bauplanung und Konzeption des Münsters von Bedeutung. Sie gibt auch Hinweise zur Architekturgeschichte weit über die Region hinaus“, sagt Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder, die den Ankauf anteilig mit 140.000 Euro finanziert. „Damit erhalten die Forschung, aber auch Besucherinnen und Besucher des Augustinermuseums Einblick in dieses spannende Kapitel der Geschichte.“

Bauriss des Freiburger Münsterturms, um 1430, 105,5 ×35 cm; Städtische Museen Freiburg; © Städtische Museen Freiburg / Foto: Alex Killian
Bauriss des Freiburger Münsterturms, um 1430, 105,5 ×35 cm; Städtische Museen Freiburg; © Städtische Museen Freiburg / Foto: Alex Killian

Die Bedeutung des mehr als einen Meter langen und  aus zwei Pergamentstücken zusammengesetzten Zeichenpapiers wurde von dem Karlsruher Bauhistoriker Johann Josef Böker erkannt. Die Darstellung entspricht im Wesentlichen dem gebauten Zustand des Münsters. Lediglich die Eingangszone gestaltet sich anders: Anstelle des offenen Zugangs der Vorhalle empfängt hier ein Figurenportal die Kirchgänger. Eine Idee der Umgestaltung, die nie ausgeführt wurde.

Wessen routinierte Hand die Zeichnung in brauner Tinte ausgeführt hat? Und wie die Abweichungen der Darstellung von der tatsächlich gebauten Ausführung zu erklären sind? Die Forschung zur mittelalterlichen Gotik im süddeutschen Raum hat spannende Fragen vor sich – und schlägt bereits erste Antworten vor. Der Vergleich mit Aufriss-Zeichnungen des Straßburger und Ulmer Münsters legt nahe, dass der Berner Münsterbaumeister Matthäus Ensinger den Turm zu Papier brachte – also ein Jahrhundert, nachdem der Turm gebaut worden war.

Die Bau- und Ausstattungsgeschichte des Freiburger Münsters bildet seit langem einen Sammlungsschwerpunkt der Städtischen Museen Freiburg. Sobald die Sanierung des Augustinermuseums 2020 abgeschlossen ist, wird der Neuzugang hier ausgestellt. Jedoch wird er – wegen der Lichtempfindlichkeit – nur für zwei Stunden pro Tag zu sehen sein. Doch unweit des Museums ragt der gotische Turm selbst in den Himmel – der „wohl schönste Turm auf Erden“, wie der Kunsthistoriker Jacob Burckhardt 1869 proklamierte.

Weitere Förderer dieser Erwerbung: Ernst von Siemens Kunststiftung, Erzbischof Hermann Stiftung