Gesammelt – erbeutet – erworben?
Johannes Fellmann, Redakteur von Arsprototo, hat zwei Museen besucht, die sich intensiv mit Provenzienzforschung befassen. Hören Sie über die verschiedene Stationen seiner Recherchereise im folgenden Podcast:
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Koloniale Klischees waren in meiner Familie an der Tagesordnung: In leuchtenden Farben wurde vom aufregenden Leben unserer Vorfahren in der Südsee erzählt, von großen Gesellschaften auf ansehnlichen Farmen, von den „wilden Menschenfressern“, die unseren Urgroßvater schon im Kochtopf gefangen hatten, um ihn zu verspeisen. Vom Missionar Heinrich Fellmann, der von Stuttgart auszog, um die Menschen am anderen Ende der Welt zu „zivilisieren“ und ihnen Bildung, Frieden und Gesundheit zu bringen. Der Präses der Mission führte demnach ein scheinbar abwechslungsreiches Leben: morgens Predigt, mittags illustre Gäste aus der Heimat und abends Party mit der „High Society“ von Deutsch-Neuguinea. Zur Ausschmückung der Familiengeschichte konnte unser Vater Messer und Giftpfeile der Jäger von Papua-Neuguinea präsentieren, Hunderte von Fotos zeigen, das koloniale Leben sogar in dreidimensionalen Stereofotografien wiederauferstehen lassen.
Doch wer war er wirklich, dieser methodistische Missionschef Heinrich Fellmann? Warum ging der 25-Jährige 1897 in das deutsche „Schutzgebiet“, war es eine Mischung aus Abenteuerlust, religiösem Sendungsbewusstsein und kolonialer Überzeugung? Viele Aufzeichnungen haben er und seine Frau Johanna hinterlassen aus rund 15 Jahren Bismarck-Archipel: Tagebücher, Briefe, Missionsunterlagen. Ausreichend Quellen könnte man meinen, falls die Provenienzforscher des Linden-Museums einmal die Herkunft der fast 300 Objekte erforschen wollen, die Heinrich Fellmann in Kisten aus der Südsee nach Stuttgart ins Museum schickte oder später dorthin schenkte.
Nicht immer lässt sich, wie im Fall Fellmann, eine Sammlung augenscheinlich so einfach einem Urheber zuordnen. Wer, fragen sich in Stuttgart die Provenienzforscher momentan, wer war Freiherr Treusch von Buttlar-Brandenfels? Wer war dieser Offizier, der, nachdem die deutschen Soldaten die Einwohner vertrieben oder ermordet hatten, bei seinem Feldzug in Namibia in den Dörfern Schmuck und Alltagsgegenstände einsammelte? Wie hieß er mit Vornamen, wo lebte er, welche Karriere in der kolonialen „Schutztruppe“ absolvierte er? Was dem Freiherrn und Oberleutnant Buttlar-Brandenfels wertvoll und interessant erschien, schickte er Karl Graf von Linden nach Stuttgart und schrieb am 5. September 1907: „Während des Herero-Feldzugs, an welchem ich als Adjutant des Oberstleutnant von Estorff teilzunehmen Gelegenheit hatte, war es mir geglückt gelegentlich des Überfalls von Herero-Werften eine ganze Anzahl der hauptsächlichsten Gegenstände dieses Volks zu sammeln!“ Karl von Linden, der Vorsitzende des Trägervereins des „Ethnographischen Museums“ in Stuttgart, war begeistert von der kleinen, aber bedeutsamen Zusendung und verschaffte dem Offizier noch im selben Jahr den begehrten Friedrichs-Orden des württembergischen Königs. Buttlar-Brandenfels vermerkte im Gegensatz zu vielen anderen Objektgebern genau, bei welchem Gefecht er welche Objekte erlangte – eine seltene Chance für die Provenienzforscher in Stuttgart, die Herkunft festzustellen und weitere Indizien für eine illegitime Aneignung zu sammeln. Doch, es war die falsche Spur, musste der Provenienzforscher des Stuttgarter Linden-Museums Christoph Rippe erkennen: Er glaubte nach wochenlangen Recherchen die genaue Identität von Buttlar-Brandenfels zu kennen. Rippe hatte Militärakten, koloniale Publikationen, historische Adressbücher von Dresden und Berlin gewälzt, um die Identität des Offiziers eindeutig festzustellen. Dann wird klar: „Ich musste meine ersten gesammelten biografischen Daten revidieren, weil sich herausstellte, dass es wohl mehrere Militärs und auch Kolonialbedienstete mit dem gesuchten Namen gab. Die bisherigen biografischen Funde sind bis jetzt noch nicht klar zuzuordnen.“ Doch im Gegensatz zu vielen anderen Recherchen zu Objektprovenienzen ist bei den 17 Objekten, die der Militär der Stuttgarter Sammlung schenkte, eines klar: Sie stehen in direktem Zusammenhang mit Kriegshandlungen. Denn Buttlar-Brandenfels schilderte die Aneignungen, so beispielsweise, dass er bei Kriegshandlungen gegen die Herero in Nordwest-Namibia Hals- und Beinschmuck „einer Frau, welche während des Gefechts von Otjihinamaparero am 25. Februar 04 durch eine Granate getötet wurde, abgenommen“ hat. Zum Halsschmuck zählt eine zerrissene Kette – sie ist seit März Teil einer Videoinstallation in der neuen Afrika-Präsentation des Stuttgarter Linden-Museums. Über die in höchstem Maße fragwürdige Herkunft des Objekts werden die Besucher informiert. Das Schmuckstück verwandelt sich in Stuttgart zu einem Sinnbild für Krieg und Vertreibung durch die deutschen Soldaten. Ein Trauerlied ist zu hören, es besingt die Kette als Metapher für die Zerstörung der Gemeinschaft in Omaruru. Während das Objekt in der Ausstellung nach über hundert Jahren nicht mehr Gegenstand ethnographischer Anschauung ist, sondern erstmals wieder vom schrecklichen Schicksal seiner ursprünglichen Besitzerin zu hören ist, bleibt die Identität des Plünderers weiter im Dunkeln: „Wir kämpfen mit verkürzten Namensangaben in kolonialen Publikationen. So sind Vorname und genaue Lebensdaten von Buttlar-Brandenfels immer noch nicht geklärt“, sagt Rippe. Der Provenienzforscher setzt die systematischen Forschungen fort, die das Linden-Museum seit 2016 in Zusammenarbeit mit der Universität Tübingen begonnen hat: der erste Versuch, die Entstehung der riesigen Sammlung vor über 100 Jahren zu rekonstruieren. Wie sammelten deutsche ethnologische Museen während der Kolonialzeit? Wir recherchierten für diesen Artikel beispielhaft in den großen ethnologischen Sammlungen von München und Stuttgart. Dieser Artikel umreißt das Spektrum der Quellen und wirft konkrete Schlaglichter auf einzelne Sammler. Und erörtert, wie Museen heute mit ihrem oftmals problematischen Bestand umgehen.
Ob gesammelt, erworben, erbeutet, getauscht, geschenkt, mitgenommen: Der Kontext der Aneignung ist so vielfältig wie die Aktivitäten und Funktionen der Deutschen, die die Objekte in den Kolonien an sich nahmen. So steht das Stuttgarter Linden-Museum in der Provenienzforschung vor einer Herausforderung: Um den Objekten ihre Geschichte zurückzugeben, muss die Recherche zunächst die Biografien der Sammler erforschen. Nur über deren Handeln lässt sich auch der koloniale Anteil der Objekt-Biografieentschlüsseln.
Der Namensgeber des Linden-Museums, Karl von Linden (1838 –1910), war ein Protagonist der kolonialen Ära. Er spannte nach der Expansion des deutschen Reichs mit Unterstützung des württembergischen Königs Wilhelm II. ein weit gefächertes Netzwerk von Sammlern und Zuträgern ethnographischer Objekte für das Völkerkundemuseum in Stuttgart. „Im Gegensatz zu Berlin, wo im staatlichen Auftrag große Sammlungen in den Kolonien zusammengetragen wurden, sah sich von Linden im Nachteil. Er warb offensiv um private Objektgeber“, schildert Christoph Rippe die Ausgangssituation. „Von Lindens Trumpf, um Sammler zum Schenken zu bewegen, war die Verleihung eines königlichen Ordens, der großes soziales Prestige versprach.“ Außerdem sonnten sich die Sammler im öffentlichen Ruhm, denn die Objekte wurden u. a. in der Stuttgarter Ausstellung mit Namensetiketten präsentiert (siehe Arsprototo-Cover). Durch eine ununterbrochene Korrespondenz mit Militärs, Reisenden oder Kolonialbeamten akquirierte von Linden Abertausende von Alltagsgegenständen und Kulturgut aus Kolonien und deutschen „Schutzgebieten“. Der Vorsitzende des „Württembergischen Vereins für Handelsgeographie und Förderung Deutscher Interessen im Ausland e.V.“ bestellte gerne auch direkt begehrte Objekte bei seinen Korrespondenten.
Auf Fotografien aus Nordwest-Kamerun hatte von Linden eine große Trommel und den perlenbesetzten Thron des Königs von Bamum entdeckt. „[I]ch brenne vor Begierde, diese Stücke meinem Museum einzuverleiben […]“, schrieb er 1904. Nicht nur die „Gewinnung von [kompletten] Sammlungen“, sondern auch „besonders interessante Einzelgegenstände“ und „Prunkstücke“ wollte von Linden zusammentragen, „welche alles andere […] durch ihre riesigen Dimensionen rein totschlagen“. Der Besitzer der Trommel, König Njoya, hatte sein Volk durch geschickte Diplomatie vor dem brutalen Zugriff der Deutschen bewahrt. Er war als schillernde Persönlichkeit und als vermeintlich adaptionswilliger Alliierter der deutschen Truppen in der deutschen Öffentlichkeit präsent. Im scharfen Wettbewerb mit dem Berliner Völkerkundemuseum um die spektakulärste Sammlung wollte von Linden unbedingt die Trommel als wichtiges Symbol der Macht für sich gewinnen. Über Jahre traktierte er sein Netzwerk an Gewährsmännern, am Ende hatte er 21 Personen vor Ort beauftragt, die Trommel um jeden Preis zu erlangen. „[S]ollte es nicht möglich sein, mit Schnaps, Geld und milden Worten diese Gegenstände zu bekommen? Für deren Gewinnung würde ich gerne aus eigener Tasche 1000 M. und die Kosten der Verpackung und des Transportes auslegen“, schreibt von Linden. Der junge Kameruner König Njoya ist indes nicht zu überzeugen: „Die[se] Schwierigkeit zu lösen, giebt [sic!] es wohl nur einen Weg, die Schwäche des schwarzen Besitzers herauszufinden; die Cognacflasche ist doch ein zu verwerfliches Mittel und so bleibt mir nur ein Hebel übrig: Die Gier nach irdischen Gütern.“ Doch von Lindens Ansprechpartner vor Ort sahen schon allein im Gewicht der Trommel das größte Problem, einen Transport des zentnerschweren Instruments hielten sie für unmöglich. Da kam eine Nachricht aus von Lindens Netzwerk, die Ersatz für die ersehnte Trommel anbot: Gegen Weihnachten 1904 organisierte ein Leutnant namens Jesco von Puttkamer ein der Bamum-Trommel vergleichbares Stück, ebenfalls aus Kamerun: eine sogenannte Schlitztrommel.
Eine Recherche des Linden-Museums konnte den Weg der Trommel und weiterer Stücke nach Stuttgart rekonstruieren und daran auch beispielhaft zeigen, wie wichtig nicht nur die Herkunft, sondern auch die Begleitumstände der Aneignung sind. „Sammelwut, Krieg und Trägerleid oder die menschenverachtende Beschaffung von Ethnographica im kolonialen Kamerun“ untertitelte der wissenschaftliche Volontär Sebastian Sprute seine Untersuchung, die er 2018 in der Publikationsreihe des Linden-Museums „Tribus“ veröffentlichte. Der Afrika-Wissenschaftler konnte anhand von Korrespondenzen, von Quellen im Bundesarchiv, privaten Nachlässen und Fotos nachweisen, unter welch menschenverachtenden Umständen die Sammelstücke auf die lange Reise nach Deutschland geschickt wurden.
Sprute konnte nachvollziehen, dass die Aneignung der Schlitztrommel, die Anfang 1905 in Stuttgart ankam, im unmittelbaren Zusammenhang mit Feldzügen und Strafexpeditionen der deutschen Kolonialmacht stand. Leutnant Jesco von Puttkamer war ab 1903 in die Kriegshandlungen involviert und u. a. mit der „Führung drakonisch vorgehender Offizierspatrouillen betraut worden“, heißt es bei Sprute. Während eines sechsmonatigen Vernichtungskriegs gegen die Anyang in den Kameruner Bezirken Ossidinge und Bamenda kam es dort zu vielen Gefechten. Hier greift von Puttkamer immer wieder zu: Durch einen Abgleich von Herkunftsorten und Objektbeschreibungen mit den Kriegszügen des Leutnants rücken 24 der 56 eingelieferten Stücke in den unmittelbaren Zusammenhang des brutalen Vernichtungskrieges gegen die Kongoa und die Anyang. Der Offizier ließ in der Kriegssituation u. a. aus dem „Häuptlingshaus“ und dem „Palaverhaus“ die Besitztümer der Bevölkerung entfernen.
Sebastian Sprute erweitert den Blick aber auch auf die „extrem ausbeuterische koloniale Transportökonomie“, die insbesondere in Kamerun entstanden war. Die Rekrutierung von Trägern hatte sich aufgrund des hohen Bedarfs der Kolonialwirtschaft zu einer Zwangsarbeitsmaßnahme entwickelt. Jesco von Puttkamer schrieb an von Linden: „Die Trommel wurde ihrer Größe und Schwere wegen von 120 Trägern, von mir angeworben, zur Küste getragen, von den [sic!] 30 Träger zur Zeit tragen und alle halbe Stunde abgelöst werden mussten.“ Grausame Arbeitsbedingungen bei schlechter Entlohnung, schwere Überbelastung und schlechte Nahrungsmittelversorgung machten die Transporte zur unmenschlichen Qual, auch Kranke, Alte, Frauen und Kinder wurden damals zum Trägerdienst gezwungen, so Sprute. Bei der sogenannten Südexpedition von 1905 bis 1907, an der auch von Puttkamer teilnahm, starben 25 –30 Prozent der Träger. Die durchziehenden Menschengruppen verursachten Versorgungsengpässe, die zu Übergriffen und gewaltsamen Auseinandersetzungen führten. Widerstandsbewegungen der einheimischen Bevölkerung wurden von den Kolonialherren grausam niedergeschlagen.
So ist zu vermuten, dass auch der Transport der Schlitztrommel aus Bafu-Fondong menschliches Leid hervorgerufen und möglicherweise sogar Opfer gefordert hat. Karl von Linden interessierten die unmenschlichen Bedingungen nicht. Im Gegenteil, begeistert von der Transportleistung hielt er weiter an seinem Plan fest, endlich auch die Trommel des Königs von Bamum an die Küste zur Verschiffung zu bringen.
Bei der Recherche zu einer weiteren großen Trommel gelang der Nachweis, dass alle durch Hans Glauning, einen Hauptmann der „Schutztruppe“, nach Stuttgart gesendeten ethnographischen Gegenstände auf der Route eines Kriegszugs innerhalb des Kameruner Bezirks Bamenda und der Nachbarbezirke erlangt wurden: wiederum Trophäen also, Beutestücke, die nach Stuttgart, aber auch ans Berliner Völkerkundemuseum kamen. Hans Glauning berichtete im Mai 1907 an von Linden, er sei gerade „im Begriff, im Verein mit der 8. Kompagnie Fontemdorf in anstrengenden Kämpfen mehrere unbekannte Landschaften zu unterwerfen“. Später wurden Glauning schwerste Kriegsverbrechen nachgewiesen, unter seiner Verantwortung kam es über die gesamte Dienstzeit immer wieder zu Morden, Geiselnahmen, Zwangsrekrutierungen und Enteignungen. Rebellische einheimische Gesellschaften wurden möglichst vollständig unterworfen, ganze Gebiete ließ Glauning, wie er schrieb, „säubern“. Somit musste auch in Stuttgart bekannt sein, dass es sich um Objekte aus, wie Sprute feststellt, „menschenverachtenden Vernichtungskriegen“ handelte. Glauning schrieb später an den weiter auf Trommelsuche befindlichen von Linden: „Was die Besorgung einer grossen Trommel betrifft, so wird es jetzt schwer fallen, eine solche zu beschaffen, da die betreffenden Gebiete pazificirt [sic!] sind, die Eingeborenen aber freiwillig ihre Trommeln nicht gerne hergeben.“ Sebastian Sprute resümiert: „Dabei ist aus heutiger Sicht verstörend, dass diese eindeutigen Unrechtkontexte von Seiten des Grafen von Linden, der in den beschriebenen Fällen als mitverantwortlicher Initiator der Beschaffungsmaßnahmen fungierte, vollkommen unkritisch hingenommen wurden.“ Karl von Linden konnte jedoch zeitlebens weder an den berühmten perlenbesetzten Thron (der im Berliner Völkerkundemuseum landet) noch an die Trommel des Königs von Bamum gelangen.
Das Linden-Museum steht, wie viele andere europäische ethnographische Museen, vor den Scherben der Gründungszeit und den Versäumnissen nachfolgender Generationen. Während auf der einen Ebene die Debatte um die postkoloniale Aufarbeitung und die Restitution der Kulturgüter und weiterer Objekte tobt, muss Museumsleiterin Inés de Castro die Aufarbeitung der Sammlungsgeschichte vorantreiben, endlich die enorm kleinteilige, systematische Provenienzforschung organisieren. Vor kurzem hat das Linden-Museum als eines der ersten deutschen Museen seine permanente Afrika-Ausstellung grundlegend erneuert. Die Sammlung will damit in den aktiven Dialog mit den Herkunftsgesellschaften treten. „Wir haben die Objekte aus kolonialen Kontexten sehr lange schweigend aufbewahrt. Jetzt versuchen wir, die vergessenen Geschichten zu rekonstruieren und zu erzählen“, sagt Inés de Castro. „Wir müssen jetzt die wichtigste Voraussetzung schaffen: Transparenz in Bezug auf die Sammlungen. Im Jahr 2020 möchten wir mit Unterstützung des Landes Baden-Württemberg mit einer interaktiven Datenbank erste Teile unserer Sammlung online stellen“, kündigt de Castro an. Der Kommunikationschef des Linden-Museums, Martin Otto-Hörbrand, ergänzt: „Wir müssen die Deutungshoheit des Museums aufgeben. Wir wollen sowohl in internationalen wissenschaftlichen Netzwerken, aber auch in kooperativen Projekten mit den Herkunftsgesellschaften neue Perspektiven auf unsere Sammlung finden.“ Die Neupräsentation der permanenten Ausstellung „Wo ist Afrika?“ entstand in Zusammenarbeit mit einem 2016 gegründeten Museumsbeirat aus Stuttgarter Bürgern afrikanischer Herkunft, die in einem partizipativen Prozess Mehrstimmigkeit und verschiedene Perspektiven in die Sammlungspräsentation einbrachten. Dazu hat das Linden-Museum beispielsweise die kamerunischen Künstler Snake and Stone eingeladen: Mit „Les séquelles de la colonisation 2, Patrimoine africain en Europe et ses conflits“, einer Performance in den Museumsräumen, kommentieren die Künstler Zobel Raoul Tejeutsa und Stone Karim Mohamad die Auseinandersetzung mit dem afrikanischen Erbe in Europa. „Ich finde problematisch, dass die meisten Besucher in derartigen Ausstellungen Afrika immer nur durch Objekte kennenlernen, die zusätzlich auch noch 80 oder 100 Jahre alt sind. Damit ist das verbreitete Afrika-Bild bereits ein Jahrhundert abgelaufen. Die Herausforderung für mich ist, im künstlerischen Dialog die Informationen im Museum zu erneuern. Wir sind eine Art Medium und wollen eine aktuelle Stimme hinzufügen“, sagt Stone Karim Mohamad. Und er ergänzt, mit Blick auf die Zusammenarbeit im Linden-Museum: „Für mich als Afrikaner hatten die europäischen Museen immer eine negative Bedeutung. Museen bedeuteten Vergangenheit, erinnerten mich an Imperialismus, an Plünderung. Meine Wahrnehmung vom Museum hat sich nun verändert: Ich kann hier als Mensch ankommen und ein Dialog entsteht.“
An zahlreichen Stellen der neuen Afrika-Ausstellung im Linden-Museum wird auf die Erwerbungsumstände oder die problematische Herkunftssituation aufmerksam gemacht. „Das schiere Anhäufen und die Zurschaustellung der formalen Qualitäten der Objekte war es, was den frühen Sammlern wichtig war“, kritisiert die Kuratorin der Afrika-Ausstellung, Sandra Ferracuti. „Allerdings befällt uns eine ‚ohrenbetäubende Stille‘, wenn wir versuchen, in den Aufzeichnungen tiefergehende Hintergründe zu finden: Wer waren die Personen, die diese Objekte hergestellt, benutzt und gehandelt haben? Was als neutraler, objektiver Dokumentationsprozess erscheint, ist tatsächlich doch ein aktiver Prozess, der selektiert, löscht und konstruiert“, erfahren die Besucher. Das Linden-Museum findet in der Ausstellung deutliche Worte: „Sammlungen in Museen aus der Kolonialzeit spiegeln weniger den Wunsch nach Wissensvermittlung wider, sondern vielmehr die Habgier und die Lust zu klassifizieren – und damit den Wunsch nach Dominanz und Deutungshoheit.“
Auch das Münchner Museum für Völkerkunde hat in den vergangenen Jahren seine Institutionsgeschichte verstärkt erforscht. Das älteste ethnologische Museum Deutschlands, 1862 als Königlich Ethnographische Sammlung gegründet, öffnet sich schon länger als Museum Fünf Kontinente der Zusammenarbeit mit Spezialisten, Kuratoren oder Künstlern aus den Herkunftsländern seiner Sammlungen. Hilke Thode-Arora, die Leiterin der Abteilung Ozeanien und zugleich die dortige Referentin für Provenienzforschung, setzt seit vielen Jahren auf „shared heritage“, in vielen Abteilungen des Museums gibt es Kooperationen mit den Ländern, aus denen die Sammlungen stammen. Das betrifft Bestände mit einem kolonialen Unrechtskontext, gilt aber auch für die anderen Bereiche der Sammlung. Thode-Arora überprüfte und kontextualisierte mit Unterstützung der Thyssen-Stiftung mehrere Jahre lang für ihre Ausstellung „From Samoa With Love?“ den Bestand des Museums und recherchierte über das Phänomen der menschenverachtenden Völkerschauen im deutschen Kaiserreich. Auf den Samoa-Inseln in der Südsee kam es ab Mitte des 19. Jahrhunderts zwischen amerikanischen, britischen und deutschen Pflanzern zum Streit um die Vormachtstellung und zu kriegerischen Auseinandersetzungen. 1889 errichteten die Kolonialmächte eine gemeinsame Regierung, später teilten die USA und Deutschland die Inseln unter sich auf, von 1900 bis 1914 war Westsamoa eine deutsche Kolonie. In Deutschland waren in dieser Zeit Völkerschauen populär geworden. Auch zwei Brüder, Fritz und Carl Marquardt, betätigten sich zwischen 1895 und 1911 als Impresarios dieser lukrativen Zurschaustellung von Menschen aus den Kolonien. Von den Brüdern stammen zwei Drittel der Samoa-Sammlung des Münchner Museums. Fritz Marquardt, der zeitweilig als Polizeichef in Apia auf Upolu (Samoa-Inseln) wirkte und mit einer samoanisch-französischen Frau verheiratet war, hatte seiner Sammlung detaillierte Angaben zur Herkunft der Objekte beigefügt, die eine Spurensuche des Münchner Museums bis in die jeweiligen Dörfer und eine Identifizierung der ursprünglichen Eigentümer möglich machte. Die Provenienzforscherin Hilke Thode-Arora konnte in einem dreijährigen Forschungsprojekt Archivalien in Europa, Australien, Neuseeland und Samoa sichten. Durch die Erschließung samoanischer Schriftquellen und unter Einbezug der mündlichen Überlieferung der samoanischen Nachfahren machte Thode-Arora das Geflecht der deutschen und samoanischen Beteiligten in den kolonialen Zusammenhängen wieder sichtbar. Wichtig war Thode-Arora, die europäischen Quellen, die zumeist die Organisatoren der Völkerschauen als alleinige Akteure beschreiben, um die samoanische Perspektive zu erweitern. Der Provenienzforscherin gelang es, jeden einzelnen Teilnehmer der Schauen zwischen 1895 und 1911 namentlich zu identifizieren und sie fand zahlreiche Nachfahren der nach Deutschland gereisten Samoaner. In Tonaufnahmen schilderten diese ihre Sicht auf die Geschehnisse und konnten so ihre Gewichtung der Ereignisse beisteuern. Deutsche und samoanische Perspektiven wurden in der Ausstellung schließlich aufeinander bezogen bzw. kontrastiert. Die Besucher konnten erkennen, dass sich die Samoaner keineswegs nur als Opfer der „machtvollen“ deutschen Völkerschau-Rekrutierer betrachten. Vielmehr zeichnet Thode-Arora ein differenziertes Bild der kolonialen Verbindung im Sinne der Herkunftsgesellschaften: Hohe samoanische Titelträger entschieden selbst über die Mitreisenden zu den Völkerschauen. In Deutschland wurden von den Samoanern strategische Beziehungen geknüpft, die Samoaner zuhause nahmen Einfluss auf die Gestaltung der Vorstellungen in Deutschland. Te’o Tuvale und Tupua Tamasese Lealofi, zwei Würdenträger aus Samoa, trafen in Deutschland auch Kaiser Wilhelm II. und den bayerischen Prinzregenten Luitpold. Überreichte Gaben werden auch heute noch im Sinne eines reziproken Austausches gesehen.
Thode-Arora konnte durch ihre behutsame Zusammenarbeit mit den wichtigsten samoanischen Häuptlingsfamilien das samoanische Staatsoberhaupt Tupua Tamasese Efi als Schirmherr für ihre Ausstellung gewinnen, der 2014 die Ausstellung in München eröffnete. Er ist der Enkel des unter Vorspiegelung eines diplomatischen Besuchs nach Deutschland gelockten Häuptlings Tamasese, der am Rande einer Völkerschau damals auch Mitglieder der königlichen bayerischen Familie getroffen hatte. „Die Wünsche der samoanischen Delegation, die zur Ausstellung nach München kamen, bezogen sich nicht auf Restitution, sondern auf die Wiederaufnahme der Wirtschaftsbeziehungen zwischen Bayern und Samoa. Vielfältige andere Wünsche gab es, etwa nach Hilfe beim Aufbau von Museen, die Wirbelstürmen standhalten, Unterstützung bei der Ausbildung junger Museumsmitarbeiter, aber auch die Teilung von Wissen, die Wiederbelebung von verlorenen Fertigkeiten“, sagt Thode-Arora. Das Museum organisierte für die Delegation die gewünschten Treffen mit bayerischen Wirtschaftsvertretern, sie begegneten unter würdigen Bedingungen erneut Mitgliedern der bayerischen Königsfamilie.
Schon vor einigen Jahren untersuchte das Münchner Museum einen anderen problematischen Bestand: Thode-Aroras Kollegin Karin Guggeis erforschte, welche Verbindungen die in Kolonialzeiten, aber auch danach äußerst aktive Hamburger Handelsfirma Umlauff zum Münchner Völkerkundemuseum unterhielt. Das Handelsunternehmen verschiffte en gros die Sammlungen deutscher Kolonialisten aus Übersee nach Deutschland. Johann Friedrich Gustav Umlauff beauftragte auch direkt Matrosen, Händler, Reisende und Wissenschaftler. Er handelte aber auch noch nach dem Ende der Kolonialzeit mit später aufgekauften Sammlungen. Der Bundesrats-Beschluss des Deutschen Reichs von 1889, wodurch alle offiziell abgelieferten ethnographischen Sammlungen zunächst an das Berliner Völkerkundemuseum gingen, eröffnete Handelsfirmen wie Umlauff neue Kunden im Kreis der anderen Museen. Doch das Münchner Völkerkundemuseum kaufte erst spät Objekte von Umlauff, nämlich zwischen 1932 und 1935: insgesamt 318 Werke, vor allem aus den früheren deutschen Kolonien Togo, Kamerun und Namibia, dem damaligen „Deutsch-Südwestafrika“. Man interessierte sich besonders für Sammlungen, die von in der Völkerkunde angesehenen Besitzern stammten – und vor allem kurz vor oder nach Beginn der Kolonisierung gesammelt worden waren. Denn nach der herrschenden Wissenschaftsauffassung galten diese Objekte als authentische Zeugnisse der Kulturen vor einer „Europäisierung“ bzw. Missionierung.
Die Sammlung des Forschungsreisenden Leonhard Schultze-Jena (1872 –1955), 1934 angeboten von der Handelsfirma Umlauff, erregte das besondere Interesse des neuen Münchner Direktors Heinrich Ubbelohde-Doering. 193 Objekte kamen schließlich nach München, von Leonard Schultze-Jena überwiegend bei den San, den Khoikhoi-Gruppen in Namibia, den Tswana, Ovambo und Herero erlangt. Besonders attraktiv wurden die Gegenstände für München auch, da Schultze-Jena die Gegenstände teilweise bereits 1907 in einem „Bericht an die Königlich Preussische Akademie der Wissenschaften zu Berlin“ veröffentlicht hatte. Aus eurozentristischer Perspektive und mit einem paternalistischen Blick beschrieb Schultze-Jena dort u. a. die Khoikhoi und ihre Kultur. Brisant macht den Ankauf insbesondere, dass Schultze-Jenas Aufenthalt im südlichen Afrika zeitlich mit den Vernichtungskriegen der deutschen Kolonialmacht zusammenfiel. Der Forscher, der neben ethnologischen, zoologischen, botanischen und geographischen Studien auch anthropologische Untersuchungen machte, war 1904 als „Kriegsberichterstatter“ an der Seite des für den Genozid an den Herero in Namibia verantwortlichen Kommandeurs Lothar von Trotha. Schultze-Jena schrieb von dort: „Ich konnte Gebrauch von den Opfern des Krieges machen und Teile von frischen Körpern von Eingeborenen, welche eine willkommene Ergänzung der Studien am lebenden Körper bildeten, standen mir häufig zur Verfügung.“ Das Münchner Museum Fünf Kontinente bilanziert: „Heute, aus postkolonialer Sicht, sind die Objekte der Herero aus der Sammlung Schultze-Jena wie auch weitere Erwerbungen aus der Zeit ihrer Vernichtung keineswegs nur als Dokumente, sondern auch als Mahnmale dieses erschütternden Kapitels deutscher Kolonialgeschichte zu betrachten.“
Das rastlose Sammeln und der Ausverkauf der ethnographischen Objekte befiel die Deutschen in besonderem Maße auch in den pazifischen Inselgruppen von Melanesien. Nordöstlich von Australien bestand als sogenanntes Schutzgebiet Deutsch-Neuguinea. Dazu gehörte auch das Bismarck-Archipel mit den beiden Hauptinseln New Britain (Neu Pommern) und New Ireland (Neu Mecklenburg). Wissenschaftler der Museumsexpeditionen, Händler, Forscher, Abenteurer, Beamte, viele von ihnen sammelten auch dort exzessiv. Der Marinearzt Augustin Krämer, der spätere Direktor des Stuttgarter Linden-Museums, schrieb nach dem Besuch der Südsee-Kolonien über die Ausbeutung: „Ich fand die Besucher ethnographisch völlig ausgeplündert, und überdies […] dezimiert und die schönen Häuser im Verfall. Krankheiten hatten die alten Leute hinweggerafft. Wenn man aber sieht, dass solche Sammlungen den Museen zugeführt werden und überdies gut erläutert sind, blickt man milder auf solch Zerstörungswerk. […] Die ethnographische Sammelwut hat sich epidemisch in unseren Südseekolonien ausgebreitet und vom Gouverneur bis zum Koprahändler raffen alle, was zu ergattern ist, zusammen.“
Der Gouverneur des Schutzgebiets, Albert Hahl, sammelte Ethnographica und schmückte damit gern sein beeindruckendes Anwesen am Regierungssitz in Kokopo (Herbertshöhe) auf New Britain (Neu Pommern). Angesichts der grassierenden Sammelwut forderte er im Berliner Völkerkundemuseum „sachverständige Sammler“ an, um zu „retten, was der Rest einer vergangenen Zeit und Kultur ist“. Der Direktor des Münchner Völkerkundemuseums Lucian Scherman wiederum bat Hahl angesichts des Ausverkaufs um Unterstützung. So verschickte der Gouverneur 1908 an alle Missionsgesellschaften und Stationsleiter der Kolonie ein Rundschreiben mit der Bitte, für das Münchner Museum Ethnographica zu sammeln.
Der Gouverneur sammelte, und ebenso sammelte auch ein Nachbar des Gouverneurs: der bereits erwähnte Leiter der methodistischen Mission auf Papua-Neuguinea, Heinrich Fellmann, mein Urgroßvater. Der Gouverneur kam aus Bayern und gab Teile seiner Sammlung später ins Münchner Völkerkundemuseum. Heinrich Fellmann kam aus Stuttgart und schickte kistenweise Objekte an Graf von Linden für das dortige Museum. Tanzkopfschmuck, Tanzkeulen, Masken, anthropomorphe Skulpturen, 276 Objekte insgesamt. Graf von Linden dankte zwar zunächst mit den üblichen Lobeshymnen, beschwerte sich dann aber: „Wäre diese Sendung meinem […] Wunsch entsprechend von einigen Zeilen aus Ihrer freigebigen Hand begleitet gewesen, so wäre mir dies allerdings äusserst angenehm gewesen und hätte mir manches Kopfzerbrechen erspart. Wie Sie ja selbst wissen, trugen die einzelnen Gegenstände keine Herkunftsbestimmung, und ich war daher bestrebt, vorbehältlich ihrer späteren Berichtigung, den etwaigen Herkunftsort der einzelnen Gegenstände auszumitteln […].“ Heinrich Fellmann kam wohl später tatsächlich ins Museum und korrigierte die Beschreibungen von Lindens. Doch kein Wort von den einstigen Besitzern. Die Menschen und ursprünglichen Eigentümer scheinen wie ausgelöscht. Lediglich seitenlange detaillierte Beschreibungen über Materialien und Wirkung der Objekte finden sich in Stuttgart. Im Fall Heinrich Fellmann ist also mit der schnellen Klärung der Herkunft der Sammlung die Frage nach der Herkunft der Exponate keinesfalls geklärt. Wie kam er an die Objekte? Fast kein Wort findet sich dazu in seinen Tagebüchern, Briefen, den Tagebüchern seiner Frau Johanna, die im Nachlass noch vorhanden sind. Der Südseeforscher Dieter Klein vermutet, dass Heinrich Fellmann die Gegenstände geschenkt bekam, nachdem diese nach der Missionierung für die ursprünglichen Eigentümer bedeutungslos wurden. Zwei dünne Bemerkungen finden sich dann doch in den Tagebüchern: Heinrich Fellmann, viel unterwegs zwischen seinen Missionsstationen, bekam von einem Kolonialbeamten ethnologische Gegenstände geschenkt, er selbst verschenkte Speere an einen deutschen Offizier. Das lässt zumindest vermuten, dass die Beschaffungswege vielfältig waren, was die Aufklärung umso komplexer gestalten wird.
Der Kontext der Aneignungen muss bei der wenig tiefgehenden Recherche für diesen Text ungeklärt bleiben. Eine Frage scheint einfacher zu beantworten zu sein: Wie stark war Heinrich Fellmann verstrickt in das koloniale System während seiner Tätigkeit als Missionar im Bismarck-Archipel von 1897 bis 1912? Ab 1902 Missionsleiter, war er enger Berater des Gouverneurs, Mitglied im Gouvernementrat, Mitglied des Kaiserlichen Obergerichts, 1904 wurde er für das Bismarck-Archipel Vorstandsmitglied der Deutschen Kolonialgesellschaft. Er bekehrte die Menschen zum christlichen Glauben, bewirtschaftete Plantagen zur Finanzierung der Missionsstationen, beschäftigte dazu Arbeiter, gründete 600 Missionsschulen, kümmerte sich um die Krankenversorgung, übersetzte das Neue Testament in die Tuna-Sprache, unterstützte den Ethnologen des Berliner Völkerkundemuseums Richard Thurnwald bei seinen Forschungen. Sein Einfluss – kulturell, religiös, aber eben auch politisch – dürfte erheblich gewesen sein.
Ein kurzer zeitgenössischer Bericht findet sich schließlich noch zwischen den Briefen und Objektlisten in der schmalen Fellmann-Akte im Linden-Museum, fast hätte ich ihn achtlos beiseitegelegt: „Land und Leute im Bismarckarchipel“ nannte mein Urgroßvater Heinrich Fellmann einen Vortrag, den er auf Einladung Karl von Lindens am 21. Oktober 1903 in Stuttgart hielt. Die knappen Zeilen über den Lichtbildabend treffen mich unvorbereitet, mit Wucht: „Der Vortrag bot besonders dadurch Interessantes, dass die Urteile des Redners auf eigener Anschauung beruhen. Um die Zukunft dieses Schutzgebietes braucht es uns nicht bange zu sein. Der kaiserliche Gouverneur leitet die Geschäfte mit grosser Sachkenntnis; Handel und Mission bemühen sich erfolgreich um die Hebung der Eingeborenen. Freilich gibt es hier viel zu überwinden. Die Charaktereigenschaften dieser so vielfach zersplitterten Stämme bezeichnet der Redner als durchweg schlechte; Faulheit, Verlogenheit, Habsucht und diebischer Sinn überwiegen, und die schlimmste Eigenschaft, die Menschenfresserei, ist erst im eigentlichen Küstengebiet zurückgedrängt.“