Gefährdete Südsee-Schönheiten
Der intensiv rot-orange glühende Sonnenball leuchtet durch das üppige Grün der exotischen Landschaft. Eine nur mit einem gelben Grasrock bekleidete Frau sitzt auf einem Hocker, ihr zugewandt eine Kniende, ebenfalls im gräsernen Rock, zu ihrer Linken und eine gänzlich unbekleidete Südsee-Schönheit zu ihrer Rechten. Zu ihren Füßen kriechen Schlange und Eidechse. Ein Mann bewegt sich von der Gruppe weg in Richtung eines kleinen blauen Sees hinter ihr. Umrahmt und geschützt von palmenartigen Bäumen und hohen Gräsern, zwischen denen immer wieder große rote exotische Blüten hervorleuchten, baden hier zwei weitere Frauen.
Die Tempera-Malerei „Drei Palauerinnen nach dem Bad“ von Max Pechstein (1881–1955) aus dem Jahr 1949 nimmt allein durch ihre Größe eine besondere Stellung innerhalb des Œuvres des Künstlers ein. Der in Zwickau geborene Maler gilt als einer der bedeutendsten Vertreter des deutschen Expressionismus. Für ihn wurde 2014 das Max-Pechstein-Museum mit einer großen, 50 Werke umfassenden Dauerausstellung in den Kunstsammlungen seiner Geburtsstadt eingerichtet.
Das 232 ×189 cm große, auf Karton ausgeführte Gemälde zeigt eine Südsee-Interpretation, die für Pechsteins späte Schaffensphase typisch ist. Sie wurzelt in einem damals bereits 35 Jahre zurückliegenden, den Künstler nachhaltig prägenden Aufenthalt auf den Palau-Inseln im Südpazifik.
Gleichermaßen fasziniert wie inspiriert war Max Pechstein seit seiner Studienzeit in Dresden ab 1900 von der reduzierten Formensprache afrikanischer und ozeanischer Kunst. Jene Leidenschaft teilte er auch mit seinen „Brücke“-Kollegen. Besonders die Palau-Sammlung im dortigen Völkerkundemuseum, darunter ein mit Schnitzereien und Malereien verzierter Hausbalken, hatte es den jungen Künstlern angetan. In seinen Memoiren erinnert sich Pechstein, dass dieser Balken in ihm den Entschluss geweckt habe, in die Südsee zu reisen. 1914 war es soweit. Die Reise von Max Pechstein und seiner jungen Ehefrau Lotte war vom Wunsch motiviert, „allem Gezwungenen und Kultivierten“ zu entfliehen. Rückblickend vom Künstler als großes Abenteuer beschrieben, war der Aufenthalt voller Strapazen und nahm mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs einen unvorhergesehenen Verlauf. Kriegsgefangenschaft und der mehrheitliche Verlust seiner vor Ort geschaffenen Werke gingen damit einher.
Ungeachtet dessen wurde die in der deutschen Kolonie verbrachte Zeit für Pechstein zunächst ab 1917 und verstärkt nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem Schlüsselmotiv seiner Kunst. In Hunderten von Gemälden und in einer Lithographie-Mappe übermittelt er ein romantisiertes Bild der Südsee, das natürlich von seinem eigenen Ideal getragen wurde: der Einheit von Mensch und Natur, Leben und Kunst. Die Klischees vom unberührten Wilden waren gemeinhin noch allgegenwärtig. Pechsteins Palau-Erfahrung wurde Teil seiner Identität. Bis an sein Lebensende dachte er nostalgisch an das „Paradies seines Lebens“ zurück. In einer von Zerstörung und Elend bestimmten Zeit nach 1945 verleiht er seiner Hoffnung und Erinnerung mit hellen, strahlenden Farben Ausdruck. Gerade in seinen letzten Schaffensjahren lässt Pechstein einige seiner durch Flucht, NS-Diffamierung oder Krieg verlorenen Bilder wieder neu entstehen. Dabei bemüht er sich nicht um Authentizität, sondern interpretiert und kombiniert exotisch Anmutendes: So sitzt das den Betrachter anblickende Modell auf einem aufwendig geschnitzten Hocker aus dem afrikanischen Kamerun (der sich in Pechsteins eigener Sammlung befand), wohingegen Kleidung, zum Teil Frisur, Hals- und Haarschmuck typisch für die palauische Kultur sind. Die als verschollen geltende erste Ausführung des Motivs in einem Gemälde ist durch eine historische Fotografie in die Zeit um 1930 zu datieren. Eine vorbereitende kleinformatige Tuschpinselzeichnung („Drei Akte“, 1930) existiert noch heute. Ein weiterer Glücksfall: Zu entdecken ist das Bild im 1950 gedrehten Dokumentarfilm von Hans Cürlis, der den knapp 70-jährigen Künstler bei der Arbeit in seinem Atelier zeigt.
Das Werk, das sich bis zu Pechsteins Tod im Jahr 1955 in seinem Atelier befand und 2016 direkt aus dem Nachlass von der Familie an die Kunstsammlungen Zwickau übergeben wurde, ist leider in einem schlechten, nicht ausstellungsfähigen Zustand. Der stark wellige Bildträger führte zu großen Schäden, wie etwa zu Rissen, Knicken, Fehlstellen und lockeren Malschichten. Im Rahmen einer Restaurierung müssten zudem unsachgemäße Retuschen, aber auch Wasser- und Leimflecken professionell entfernt werden. Wir hoffen, dass mit Ihrer Hilfe die „Drei Palauerinnen nach dem Bad“ wieder in ihrer ursprünglichen Schönheit erblühen und unsere Besucher erfreuen können.