Förderungen

Punkten mit Klee

Paul Klee, Pastor Kohl, 1932, 50 × 65 cm; Pinakothek der Moderne, München © Bayerische Staatsgemäldesammlungen München, Pinakothek der Moderne
Paul Klee, Pastor Kohl, 1932, 50 × 65 cm; Pinakothek der Moderne, München © Bayerische Staatsgemäldesammlungen München, Pinakothek der Moderne

In wenigen schwungvollen Linien entwarf   Paul Klee (1879 –1940) die Physiognomie eines Geistlichen mit Kragen und Hut und knüpfte mit seiner überzeichneten Porträtdarstellung an die ironischen, karikaturhaften Arbeiten seines Frühwerks an. Indem er „Pastor Kohl“ aus einem rechteckigen, leicht verzogenen Raster kleinster Farbfelder zusammensetzte, ließ Klee die Farb­struktur vibrieren. Durch Tiefe und Transparenz entfaltet sich ein lebendiger Bildraum, aus dem sich der Pfarrer zu lösen und beinahe zu schweben scheint. Nannte Klee selbst seine Malweise „pointillieren“, waren es doch weniger die Einflüsse der französischen Maler des Pointillismus, sondern mehr die kurz zuvor besuchten byzantinischen Mosaiken von Ravenna, die ihn inspirierten: Klee erprobte die Zusammenklänge der Farben, ihre Wirkung und Kontraste. Ohne Farbverlauf grenzte er in „Pastor Kohl“ die Farben sorgsam gegeneinander ab, legte sie in winzigen Formen mosaikengleich neu aus. Von den Nationalsozialisten aus seinem Amt als Professor der Düsseldorfer Kunstakademie vertrieben und als „entarteter“ Künstler gebrandmarkt, verließ Klee Ende des Jahres 1933 Deutschland in Richtung Schweiz; ab 1937 wurden seine Arbeiten aus den Museen entfernt. Klees 1932 entstandenes Pastorenbildnis verblieb auch während des Exils und nach dem Tod des Künstlers 1940 im Besitz der Familie Klee. Die Bayerischen Staatsgemäldesamm­lungen erwarben mit „Pastor Kohl“ aus dem Nachlass des Künstlers ein wertvolles Hauptwerk, das in der Pinakothek der Moderne München auf gute Gesellschaft trifft: Die erlesene Sammlung der Klassischen Moderne zählt bereits über 20 Arbeiten des Malers.

Förderer dieser Erwerbung:
Kulturstiftung der Länder, Ernst von Siemens Kunststiftung, PIN. Freunde der Pinakothek der Moderne e.V.

Schweriner Schatz

Planausschnitt für Gartenanlagen und ein Lustschloss, 26,5 × 42 cm; Staatliches Museum Schwerin © Staatliches Museum Schwerin
Planausschnitt für Gartenanlagen und ein Lustschloss, 26,5 × 42 cm; Staatliches Museum Schwerin © Staatliches Museum Schwerin

Prominenz statt Provinz: Der zufällige Fund eines einzigartigen Plankonvoluts bewertet die höfische Architektur Mecklenburg-Vorpommerns neu. Fast 200 Jahre war der sogenannte Mecklenburgische Planschatz unangetastet geblieben. Bei Recherchen zur Baugeschichte von Schloss Ludwigslust im Landeshauptarchiv Schwerin entdeckte die zuständige Kunsthistori­kerin 2011 auf der Rückseite eines Dokuments den entscheidenden Verweis. So konnte ein wertvoller Schatz gehoben werden, der all die Jahre unentdeckt in einer Kiste in der Landesbibliothek Mecklenburg-Vorpommern „Günther Uecker“ lagerte: Rund 600 unerforschte Architekturpläne des 18. Jahrhunderts aus der herzoglichen Plankammer – darunter Skizzen des Ludwigsluster Schlosses, die als verschollen galten. Die Blätter umfassen Zeichnungen geplanter und realisierter Hofbauten, Entwürfe für Garten­anlagen, Ländereien und Kirchen sowie Gouachen, Kupfer­stiche und Lithografien schönster Schlossfassaden. Die fortlaufende wissenschaftliche Aufarbeitung des Fundes verdeutlicht, dass das mecklenburgische Bauwesen zu Unrecht unterschätzt wird: Im Konvolut enthalten sind Blätter von bedeutenden französischen Architekten wie Jean Laurent Legeay (1710 –1786) und Jean de Bodt (1670 –1745), die den Bauherren Mecklenburg-Vorpommerns offensichtlich als Inspiration dienten. Der Planschatz setzt die Architektur des Gebietes in prominenten Bezug, offenbart die ambi­tionierte Planung und Ausrichtung an internationalen Baukunstzentren wie Paris, Rom oder Wien. Im Rahmen des Bündnisses „Kunst auf Lager“ fördert die Kulturstiftung der Länder nun die Restaurierung bedeutender Blätter aus dem Schweriner Museum, die im Zusammenhang mit dem Planschatz stehen – darunter seltene und unikale Blätter. Die Erhaltung von 163 beschädigten Werken er­möglicht die für 2018 geplante Aus­stellung des Planschatzes, die schließlich jedweden Verdacht des Provinziellen im mecklenburgischen Bau­wesen verfliegen lassen dürfte.

Augen-Blicke des Theaters

Eine Schauspielerin auf dem Gipfel ihres Erfolgs: Die Fotografie von Heinz Köster zeigt Marianne Hoppe (1909 – 2002) an der Seite von Gustaf Gründgens (1899 –1963) Anfang der 50er Jahre in der Inszenierung von T. S. Eliots „Die Cocktail Party“ in Düsseldorf. Kraftvoll und distanziert, zerbrechlich und differenziert spielte sie in ihrer über 70-jährigen Karriere am Theater, begeisterte ihr Publikum aber auch im Film. Hoppe, die bereits 1927 ein Engagement am Deutschen Theater in Berlin erhielt, erlebte die Theaterarbeit der Weimarer Republik, im Dritten Reich sowie in der Nachkriegszeit. Von Max Reinhardt und Gustaf Gründgens, mit dem sie von 1936 bis 1946 verheiratet war, über Heiner Müller bis hin zu Robert Wilson reicht die Riege der Regisseure, mit denen sie zusammengearbeitet hat. Ihr überaus reicher, theater- sowie zeitgeschichtlich gewichtiger Nachlass, den das Deutsche Theatermuseum jetzt erwerben konnte, macht die große Kunstleistung der Schauspielerin Marianne Hoppe in unterschiedlichsten Zeugnissen ihrer beruflichen wie privaten Vergangenheit greifbar. Den schönsten Rückblick auf das Gelebte und Geleistete erlaubt der lückenlos erhaltene fotografische Nachlass. Die über 1.500 Auf­nahmen bewahren eindrucksvolle Augenblicke der überaus wandelbaren Mimin. Hoppes Nachlass hält mit geradezu virtuos geschriebenen Tagebüchern sowie Notizen ihre persönliche Weltanschauung facettenreich fest. Handschriftlich bearbeitete Rollen­manuskripte spiegeln ihren künstlerischen Duktus ebenso wie die zahlreichen Briefe, die Hoppe von prominenten Kollegen der Theaterwelt empfing. Das Deutsche Theatermuseum verfügt nun über einen umfassenden Quellenfundus zur Film- und Theatergeschichte des vergangenen Jahrhunderts, der das lebhafte Bild einer der großen Schauspielerinnen ihrer Zeit bewahrt.

Förderer dieser Erwerbung:
Kulturstiftung der Länder, Freistaat Bayern, Deutsche Forschungsgemeinschaft

Vorausschauender Rückblick

Nur gegen erhebliche Widerstände der DDR-Zensur gelangte sein Werk „Großer Frieden“ 1979 auf die Bühne, Gedichte wie „Das Eigentum“ (1990) entfachten zur und nach der Wende heftige Debatten, sein Stück „Iphigenie in Freiheit“ (1992) wurde als „höhnisches Pamphlet auf das vereinte Deutschland“ betitelt (Die Zeit): Immer wieder stellte der 1939 in Dresden geborene Schriftsteller Volker Braun etablierte Verhältnisse in Frage und entwickelte sich so schon früh auch für das internationale intellektuelle Publikum zu einer festen gesellschaftskritischen Instanz und Größe. Heute gehört der Lyriker, Dramatiker, Prosaautor und Essayist zu den künstlerischen Schlüsselfiguren des literarischen Lebens in der DDR; seine Arbeiten gelten als Spiegel der historisch-sozialen Entwicklungen jener Zeit. Mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder konnte die Akademie der Künste in Berlin nun das vollständige Archiv des Georg-Büchner-Preisträgers erwerben. Die rund 150 Kästen aus den Jahren 1960 bis 2014 enthalten neben Tage- und Arbeitsbüchern, Entwürfen, Druckbelegen, Kritiken und Theaterplakaten die ca. 20.000 Blatt umfassende Korrespondenz mit einem breiten Spektrum bedeutender Namen aus Literatur und bildender Kunst. In seinem sorgfältig angelegten Vorlass dokumentiert Braun, der von 2006 bis 2010 als Direktor der Sektion Literatur an der Akademie der Künste tätig war, die zahlreichen Entstehungsstufen seiner berühmten Werke mit einer Fülle von kommentierten Unterlagen, Zeitungsausschnitten und Fotos. Doch auch die Bibliothek des Autors mit Widmungs­exemplaren und annotierten Büchern ebenso wie rund 50 Notizbücher mit Gedicht­entwürfen, unveröffentlichten Texten und Notaten werden die Forschung zu Werk und Wirken des Schriftstellers, aber auch zum literarischen Leben in Deutschland bereichern.

Förderer dieser Erwerbung:
Kulturstiftung der Länder, Deutsche Forschungsgemeinschaft

Der Vergäng­lichkeit entgangen

Aus der Schule des Joos van Cleve, Heiliger Hieronymus im Gehäuse, um 1510, 38,4 × 29 cm; Museum Kurhaus Kleve © Annegret Gossens, Kleve 2015
Aus der Schule des Joos van Cleve, Heiliger Hieronymus im Gehäuse, um 1510, 38,4 × 29 cm; Museum Kurhaus Kleve © Annegret Gossens, Kleve 2015

Hieronymus‘ knorriger Zeigefinger, entschlossen auf den Totenschädel vor ihm deutend, lässt keinen Zweifel an der Mahnung des Alten: Bedenke, dass du sterben musst! Eine Mahnung, die im Gemälde „Hieronymus im Gehäuse“ aus der Schule des Joos van Cleve (1485 –1541) in Gestalt verschiedener Vergänglichkeitssymbole widerhallt und das gesamte Studierzimmer erfüllt. Nebst Sinnbildern der stetig verrinnenden Zeit – wie die erloschene Kerze und die prächtige goldene Wanduhr – vergegenwärtigt ein konkretes Memento Mori die düstere Conditio des Seins: Das Schriftstück, an die Rückwand des Zimmers geheftet, erinnert sinngemäß daran, dass das Wissen um die eigene Endlichkeit ein sündenfreies Leben birgt. Das Zitat entspringt der sogenannten Vulgata, Hieronymus‘ eigener Übersetzung der Bibel aus dem Gelehrtenlatein in ein volksnahes Latein. Versunken in Kontemplation, sitzt der Heilige vor einem offenen Buch, das eben jene Bibelübersetzung enthält. Zusammen mit dem breitkrempigen, scharlachroten Kardinalshut weist sie den studierten Hieronymus als einen der vier westlichen Kirchenväter aus. Das auf die Zeit um 1510 datierte Tafelbild – eine von 13 Variationen desselben Bild­themas – zitiert in der Verwendung der Attribute die für die Renaissance typische Bild­tradition um den Heiligen. Inspirieren ließ sich Joos van Cleve, der „Leonardo des Nordens“, von Albrecht Dürers ikonischen Darstellungen des Hieronymus. Trotz der hohen Relevanz für die Sammlung des Kurhaus Kleve konnte das Museum das Gemälde bisher nicht präsentieren: Der im Bild so prominent thematisierten Vergänglichkeit war das Werk im Laufe der Zeit selbst unterlegen. Abgeplatzte Malschichten und Holzwurmbefall hatten dem Motiv zugesetzt, ein Ausstellen schien unmöglich. Dank des Bündnisses „Kunst auf Lager“ konnte mit Hilfe der Kulturstiftung der Länder der „Hieronymus im Gehäuse“ restauriert werden. Von den Zeichen der Zeit befreit, wird das Bild fester Bestandteil der Sammlungsschau und mahnt dort nunmehr lediglich metaphorisch die Endlichkeit des Seins an.

Ein Schiff wird bleiben

Hans Ludwig Kienlin d. Ä., Trinkgefäß in Form eines Schiffes, um 1650, Silber, teilweise vergoldet, 20,5 × 18 × 7 cm; Ulmer Museum © Ulmer Museum / Foto: Karl-Friedrich Mühlensiep, Neu-Ulm
Hans Ludwig Kienlin d. Ä., Trinkgefäß in Form eines Schiffes, um 1650, Silber, teilweise vergoldet, 20,5 × 18 × 7 cm; Ulmer Museum © Ulmer Museum / Foto: Karl-Friedrich Mühlensiep, Neu-Ulm

Dekorativer Tafelschmuck und Spielerei für gesellige Runden zugleich, unterhielt das auf 1650 datierte Trinkschiff aus ziseliertem, größtenteils vergoldetem Silber als exquisites Kuriosum große Tischgesellschaften: Beim Festmahl füllte man den mit Rädern versehenen Rumpf mit Wein und rollte das Schiffchen zur allgemeinen Erheiterung über den Tisch; derjenige Gast, vor dem das Gefährt stehenblieb, musste es in einem Zug durch das am Bug angebrachte Rohr leeren. Seit fast 80 Jahren gehört das Trinkschiff zum Sammlungsbestand des Ulmer Museums, wo es die Kunstfertigkeit seines Schöpfers, des Ulmer Silberschmiedemeisters Hans Ludwig Kienlin d. Ä. (1591–1653), dokumentiert. Das Jahr 1937, in dem das Werk ins Ulmer Museum gelangte, verweist jedoch auf die tragischen Hintergründe des Ankaufs: Das Trinkschiff war Teil der Kunstsammlung des in Hamburg ansässigen jüdischen Ehepaars Budge. 1937 wurden die rund 2.000 Objekte an den Erben vorbei durch den Kunstauktionator Hans W. Lange in Berlin versteigert. Das Trinkschiff erstand der damalige Ulmer Kulturbeauftragte Carl Kraus für das Ulmer Museum. Auf der Basis der Washingtoner Erklärung von 1998 entschied sich das Ulmer Museum nun zur Rückgabe des Trinkschiffs an die Erbengemeinschaft nach Emma Budge, mit der auch eine Einigung über den Ankauf des Werkes erzielt werden konnte. Das kostbare Trinkschiff, das die rare Gattung der Scherzgefäße aus Ulmer Produktion aufs Schönste illustriert, bleibt somit der Sammlung des Ulmer Museums erhalten.

Förderer dieser Erwerbung:
Kulturstiftung der Länder, Ernst von Siemens Kunststiftung, Stadt Ulm