Förderungen

Der Künstler als junger Mann

Max Beckmann, Große Buhne, 1905, 80 × 159,5 cm; Museum der bildenden Künste Leipzig; © VG Bild-Kunst, Bonn 2016
Max Beckmann, Große Buhne, 1905, 80 × 159,5 cm; Museum der bildenden Künste Leipzig; © VG Bild-Kunst, Bonn 2016

Trübsinn und Schaffensdrang gingen während Max Beckmanns Paris-Aufenthalt 1903/04 eine Allianz ein: „Wenn ich nicht im Café oder im Bett bin male ich Bilder von 5,5 × 4 m Größe. Kurzum benehme ich mich wie es für einen ge­nialen Menschen recht und billig ist.“ Inspiration durch die Großen der französischen Malerei inklusive. Nach Umwegen richtet der 21-Jährige 1905 in Berlin ein Atelier ein und erlebt ein Jahr später mit dem Gemälde „Junge Männer am Meer“ bei der Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes den Durchbruch: „Signorellisch und mit Qualitäten von Courbet und Cézanne, aber doch von starker Eigenheit im Rhythmus der Akzente und in der Tonalität, die eine bewundernswerte Einheit hat. Mich Beckmann vorgestellt und ihm gratuliert“, schrieb der legendäre Kunstsammler und Publizist Harry Graf Kessler. Mit der „Großen Buhne“ war 1905 bereits ein Meeres­motiv entstanden: Pastos der Farbauftrag, rhythmisch die Pinselhiebe – Beckmann inszeniert das extreme Querformat als bildnerische Konfrontation zwischen dem zivilisatorischen Eingriff des Menschen und der Natur, mit dem Menschen als winzigem Statisten. Die „Große Buhne“ markiert Beckmanns Entwicklung zum eigenständigen Künstler. Das Museum der bildenden Künste Leipzig konnte das wichtige frühe Werk nun dauerhaft erwerben, nachdem es zuvor als Leihgabe die Sammlung bereicherte.

Förderer dieser Erwerbung:
Kultur­stiftung der Länder, Ernst von Siemens Kunststiftung, Gerhard und Margit Merkel

Kartons voller Poesie

Eine Leier im Arm schreitet die geflügelte Poesie über eine Wolke, entblößt dabei anmutig ihr linkes Bein. Mütterlich beäugt sie drei Putti zu ihren Füßen, die, versehen mit Architekturmodell, Farbpalette und antiker Theatermaske, nebst der übergroßen Poesie für die weiteren Künste Architektur, Malerei und Theater stehen. Die Nähe zwischen Lyrik und Musik unterstreichend, führt die engelsgleiche Dichtkunst liebevoll einen vierten Putto mit Geige und Schalmeien an der Hand. Moritz von Schwind (1804 –1871) entwirft seine Personifikation der Poesie als ein empyreisches Wesen, das er in Kohle und Kreide erdet: In Größe und Schönheit lässt er sie die anderen Kunstformen überragen, zeichnet sie jedoch zugleich als Mutter der Künste und somit als einendes Element. Der bedeutende Spätroman­tiker Schwind legte seine Allegorie der „Poesie“ wie die gleichfalls großformatige Kohle- und Kreidezeichnung „Erzengel Michael“ als Karton an – eine Entwurfszeichnung, die dem eigentlichen Werk vorausgeht: Während der Karton, der Michael als Bezwinger des Teufels darstellt, nachgewiesenermaßen als Vorlage für ein verschollenes Ölbild diente, skizziert die Interpretation der Poesie mutmaßlich die Grundidee für ein Fresko. Mit dem Anspruch, selbst Vorzeichnungen zu eigen­ständigen Kunstwerken zu erheben, führte der in Wien geborene Maler und Zeichner Schwind die beiden Kartons mit größter Sorgfalt aus. Über die Jahre haben die fragilen Papier­bögen, die zum Kernbestand der Graphischen Sammlung des Kultur­historischen Museums Magdeburg gehören, stark gelitten: Schwinds zarte Linien und Schraffuren verblassten unter Verschmutzungen und Wasserflecken, frühere Reparaturen von Rissen im Bildträger hinterließen auf den Motiven störende Makel. Mit Hilfe des von der Kulturstiftung der Länder mitgetragenen Restaurierungsbündnisses „Kunst auf Lager“ fanden „Die Poesie“ und „Erzengel Michael“ zu ihrer einstigen Wirkungskraft zurück: Dank aufwendiger Reinigungen, sorgfältiger Retuschen und einer Neuspannung der Papierbögen können Schwinds großformatige Kartons nun in Magdeburg wieder öffentlich präsentiert werden.

Frischer Fisch

Schieferplatte mit einem Exemplar der seltenen Fischsaurierart Stenopterygius uniter (die frühere Bezeichnung Stenopterygius crassicostatus ist heute wissenschaftlich nicht mehr gültig), 182 Millionen Jahre alt (Jurazeit), 372 × 152 cm, Fundort: Holzmaden, Baden-Württemberg; Staatliches Museum für Naturkunde Stuttgart; © Staatliche Museen für Naturkunde Stuttgart / Foto: U. Stübler
Schieferplatte mit einem Exemplar der seltenen Fischsaurierart Stenopterygius uniter (die frühere Bezeichnung Stenopterygius crassicostatus ist heute wissenschaftlich nicht mehr gültig), 182 Millionen Jahre alt (Jurazeit), 372 × 152 cm, Fundort: Holzmaden, Baden-Württemberg; Staatliches Museum für Naturkunde Stuttgart; © Staatliche Museen für Naturkunde Stuttgart / Foto: U. Stübler

Dass wir heute die Überreste von Fischsauriern bestaunen können, die vor 182 Millionen Jahren die Erde bevölkerten, haben wir den Konservierungskräften der Natur zu verdanken. Im Jura durch Faulschlamm entstanden, gehören Fossilplatten aus Posidonienschiefer deshalb zu den wertvollsten Objekten der Sammlung des Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart. Umso ärgerlicher, dass die Fossilien häufig Opfer des gefährlichen sogenannten Pyrit-Zerfalls werden: Bei Kontakt mit Wasser und Sauerstoff – schon zu hohe Luftfeuchtigkeit reicht aus – entsteht aggressive Schwefelsäure, die sich in das Fossil frisst. Ganze Knochen können so aus den Fossilplatten herausbrechen. Um diesen Prozess aufzuhalten, wurden nun sieben besonders angegriffene Fisch­saurier­fossilien fachmännisch gereinigt und imprägniert. Die Kulturstiftung der Länder unterstützte die Restaurierungsarbeiten im Rahmen des Bündnisses „Kunst auf Lager“. Die urzeitlichen Bewohner der Schieferplatten können nun wieder gefahrlos der Öffentlichkeit präsentiert werden und uns die Welt vor unserer Zeit veranschaulichen.

„Doch lächle nur!“

Heinrich Heine, Autograph des Sonettenkranzes an Friederike Robert, geb. Braun, 1824; © Heinrich-Heine-Institut, Düsseldorf
Heinrich Heine, Autograph des Sonettenkranzes an Friederike Robert, geb. Braun, 1824; © Heinrich-Heine-Institut, Düsseldorf

Hegel schickte ihr Pralinen in die Loge, Heinrich Heine schwärmte von der „Cousine der Venus von Milo“, Alexander von Humboldt lag der jungen Frau zu Füßen: Friederike Robert, geb. Braun (1795 –1832) galt als „schönste Schwäbin ihrer Zeit“ und verzauberte zahlreiche Geistesgrößen in den Berliner Salons des Biedermeier. Doch den erfreulichen Jahren Friederike Roberts in Berlin waren düstere vorangegangen: Obwohl der Vater ihr noch eine für die damalige Zeit ungewöhnlich gute Schul­bildung ermöglicht hatte, gab er Friederike 17-jährig dem italienischen Schmuckhändler Giambattista Primavesi zur Frau. Jahrelang tingelte sie mit ihm über die Jahrmärkte. Als die Geschäfte immer schlechter liefen, soll der skrupellose Primavesi seine Gattin Friederike sogar zur Prostitution gezwungen haben. Aus den Fängen des Zuhälter-Ehemannes kaufte die verzweifelte Friederike schließlich ihr zukünftiger, zweiter Mann frei, der Schriftsteller und Journalist Ludwig Robert, Bruder der romantischen Schriftstellerin Rahel Varnhagen, die viele Jahre einen berühmten Salon in Berlin führte. Kurz nach der Eheschließung zog das Paar 1824 nach Berlin, Friederike Robert avancierte innerhalb weniger Wochen zur vielverehrten Protagonistin im gesellschaftlichen Leben der Metropole, über die Heinrich Heine (1797–1856) in dieser Zeit schreibt: „Berlin ist gar keine Stadt, sondern Berlin gibt bloß den Ort dazu her, wo sich eine Menge Menschen, und zwar darunter viele Menschen von Geist, versammeln, denen der Ort ganz gleichgültig ist.“ Über die alle begeisternde „Rike“ schreibt der junge Dichter: „Sie vereinigt in sich die Jokaste und die Julia, das Antikste und das Modernste!“ Und schwärmt: „Madame, Sie sind die Schönste aller Frauen!“ Der Student widmet der Angehimmelten den „Sonettenkranz an Friederike Robert, geb. Braun“ und übersendet im Mai 1824 eine eigenhändige Fassung des Gedichts in sorgfältiger Schönschrift. Den aus drei Sonetten bestehenden „Kranz“ veröffentlichte Heinrich Heine in einer überarbeiteten Version erst 12 Jahre später unter dem Titel „Friedrike“ in seinen „Neuen Gedichten“. Im Urtext besingt der Dichter Friederike mit christlicher Metaphorik: „… Doch lächle nur! Denn wenn du lächelst, greifen / Die Engel droben nach der Harf, und singen / Des Halleluja dröhnenden Choral.“ Nun kommt das einmalige biographische Dokument aus der Frühzeit seines Schaffens in das Archiv des Düsseldorfer Heinrich-Heine-Instituts, der Forschungseinrichtung, die die weltweit umfangreichste Sammlung an schriftlichen Zeugnissen des „letzten Dichters der Romantik“ bewahrt. Die Handschrift schließt nicht nur eine Lücke in der historisch-kritischen Werkedition, sondern illustriert mit ihren zahlreichen Anspielungen auf Personen, Moden und Geistesströmungen Heines enge Verbindungen zum Varnhagen-Kreis und seine enge Verflechtung mit den Protagonisten der deutsch-jüdischen Kultur, mit der jüdischen Aufklärung und Assimilation.

Förderer dieser Erwerbung:
Kulturstiftung der Länder, Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien

Bissiges Buch

Es beeinflusste die politische Ideologie des 20. Jahrhunderts wie kaum ein anderes Werk und war doch zunächst ein Ladenhüter: 1883 und 1884 im Chemnitzer Verlag E. Schmeitzner erschienen, verkauften sich die ersten drei Bände von Friedrich Nietzsches (1844 – 1900) „Zarathustra“ gerade einmal in 60 bis 70 Exem­plaren. Sein aufwühlendes philosophisches Traktat über den Übermenschen Zarathustra stieß auf Unverständnis – selbst bei seinen ihm sonst gewogenen Lesern. Den vierten und letzten Teil empfand Nietzsche als noch radikaler und so entschied er sich 1885 für einen ­Privat­druck des Manuskripts – in einer Auflage von nur 40 Stück. Ergänzt durch den Hinweis „Für meine Freunde und nicht für die Öffentlichkeit“ – und teilweise mit handschriftlichen Widmungen wie „Ein verbotenes Buch, Vorsicht es beißt!“ versehen –, erfolgte die Verteilung des vierten Bandes unter strikter Geheimhaltung. Heute ist nur noch der Verbleib weniger verschenkter Drucke bekannt. Schon deshalb handelt es sich bei dem jüngst von der Klassik Stiftung Weimar erworbenen Handexemplar des – unter dem Pseudonym Peter Gast tätigen – Komponisten und Schriftstellers Heinrich Köselitz (1854 –1918) um ein spektaku­läres Zeugnis. Einzigartige Bedeutung aber gewinnt dieser Druck durch ein beiliegendes Blatt mit bislang unbekannten eigenhändigen Korrekturen Friedrich Nietzsches, die den im Text vorgenommenen Veränderungen seines Freundes zugrunde liegen. Das kostbare Ensemble aus der Sammlung Max Dregers ergänzt somit künftig nicht nur Nietzsches wie Gasts Nachlass im Goethe- und Schiller-Archiv der Klassik Stiftung Weimar, sondern verspricht darüber hinaus wertvolle Aufschlüsse über die Entstehung eines der wichtigsten philosophischen Werke des 19. Jahrhunderts.

Förderer dieser Erwerbung:
Kulturstiftung der Länder, Beauftragte der Bundes­regierung für Kultur und Medien

Eisern gesammelt

König Friedrich Wilhelm III. von Preußen (1770 –1840) und seine Gemahlin Luise von Preußen (1776 –1810) erstrahlen in neuem Glanz: Die lebensgroßen eisernen Büsten – aus dem Besitz des Dessauer Zahnarztes Ewald Barth (1898 –1968) – rücken nach aufwendiger Restaurierung wieder in das Licht der Öffentlichkeit. Während des Zweiten Weltkriegs im Zerbster Schloss in Sicherheit geglaubt, wurde die einst 1.800 Objekte umfassende Privatsammlung 1945 unter Schutt und Asche begraben. Erst Jahre später gelang Ewald Barth die Rettung seiner Schätze aus den Ruinen des Schlosses. Die Restaurierung aus­gewählter Exemplare des mit großer Leidenschaft zusammengetragenen Konvoluts gelang mit Unterstützung des Freundeskreises der Kultur­stiftung der Länder im Rahmen der Initiative „Kunst auf Lager“. Über die königlichen Modelle hinaus legt die Ausstellung die Vielseitigkeit des Materials überzeugend dar: Neben Schmuck, Statuetten und Büsten nach Entwürfen bedeutender Künstler wie Christian Daniel Rauch oder Karl Friedrich Schinkel gehören auch Gebrauchs- und Ziergegenstände wie Vasen und Plaketten aus Eisen dazu. In Umfang und Vielfalt ohne Vergleich, galt Ewald Barths Eisenkunstguss-Sammlung bereits zu ihrer Entstehungszeit als die bedeutendste ihrer Art in Deutschland. Die unikale Sammlung wird nun im Dessauer Museum für Stadtgeschichte präsentiert.