Förderungen

Morgenglühen und Abendrot

Cornelis Lieste, Abendlandschaft mit Bergsee und Mondsichel, ca. 1853 –1861, 54,8 × 78,5 cm; B. C. Koekkoek-Haus Kleve © B. C. Koekkoek-Haus Kleve / Foto: Erno Kiljan
Cornelis Lieste, Abendlandschaft mit Bergsee und Mondsichel, ca. 1853 –1861, 54,8 × 78,5 cm; B. C. Koekkoek-Haus Kleve © B. C. Koekkoek-Haus Kleve / Foto: Erno Kiljan

Einen Sommertag im Grünen – vom Morgenglühen mit duftigem Dunst zur erhabenen Abendröte und schließlich zum zarten Verglimmen des letzten Sonnenstrahls – können Besucher des B. C. Koekkoek-Hauses in Kleve fortan durchschreiten. Gleich vier ganz vom Licht bestimmte Landschaften des 19. Jahrhunderts erhält das Museum als Dauerleihgabe vom Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. Das qualitätvolle Quartett besticht mit minutiös gemalten Ideallandschaften: Hügel, Heide, Wald und Wiesen, bevölkert mit rastenden Schäfern und grasendem Vieh. Dass die aus der Sammlung Ursula und Jef Rademakers erworbenen Gemälde von Gehalt und Stil verwandt sind, ist kein Zufall: entstammen doch alle den Ateliers von Weggefährten und Schülern Barend Cornelis Koekkoeks und verbildlichen den Einfluss des einst in Kleve ansässigen Malerfürsten der niederländischen Romantik. Höhepunkt der Vierergruppe ist eine „Abendlandschaft mit Bergsee und Mondsichel“ des Haar­lemer Malers Cornelis Lieste (1817–1861), der 1840 in die Kurstadt am unteren Niederrhein kam und sich intensiv mit der Kunst Koekkoeks auseinandersetzte. Virtuos bannte Lieste das flüchtige Zwielicht in fein abgestimmter changierender Farbigkeit auf eine Holz­tafel: Erlöschendes Abendrot und aufsteigender Neumond werfen Licht­reflexe auf eine Heidelandschaft mit einsamem Wandersmann, malerisch meisterhaft wabert Nebel über eine ruhige Wasserober­fläche. Zum Hauptwerk Liestes gesellen sich Arbeiten von Hendrik Lot, Willem Bodemans und ein Gemeinschaftswerk von Pieter Abels und Jacobus Theodorus van Os. Im ­Koekkoek-Haus finden die Gemälde als Zeugnisse der Koekkoek’schen Schule nun genau den richtigen Ort, ergänzen sie in Kleve doch die bereits umfangreiche Spezialsammlung zur niederländischen Landschaftsmalerei der Romantik, die sich besonders dem Werk Koekkoeks, dessen Familie und Zeit­genossen widmet.

Förderer dieser Erwerbung:
Kultur­stiftung der Länder, Ernst von Siemens Kunststiftung, Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e. V.

 

Seine Spuren im Sand

Günther Uecker, Sandspirale, 1970, Durchmesser 400 cm; Staatliches Museum Schwerin © VG Bild-Kunst, Bonn 2016
Günther Uecker, Sandspirale, 1970, Durchmesser 400 cm; Staatliches Museum Schwerin © VG Bild-Kunst, Bonn 2016

In einem Moment der Stille kann man es hören: ein leises, schleifendes, sich stetig wiederholendes Geräusch, das aus dem Obergeschoss des Neubaus der Galerie Alte & Neue Meister in Schwerin dringt. Die „Sandspirale“ ist ganz in ihrem Element, wenn Bindfäden, die an einem Holzbalken drapiert sind, Runde um Runde ihre Muster in den darunter liegenden Sand zeichnen. Die Handschrift des Künstlers Günther Uecker – Jahrgang 1930 und Mitglied der avantgardis­tischen Künstlergruppe ZERO – ist unverkennbar. Mit einfachsten Ma­terialien schafft der Objektkünstler ein eindrucksvolles Abbild der treuen Begleiterin jeglichen Seins: der Vergänglichkeit. Denn kaum entstanden, verwischt die „Sandspirale“ die eigenen Kreationen wieder und bringt unentwegt neue Sand­bilder zum Vorschein: eine Verbild­lichung des ewig währenden Lebenskreislaufes. Simpel in der Erscheinung, tiefgreifend in der Bedeutung, zieht die „Sandspirale“ den Betrachter in ihren Bann. Umrahmt von den kürzlich entstandenen „Wustrower Tüchern“ und Ueckers weltbekannten Nagel­reliefs, findet das kinetische Memento mori nun eine dauerhafte Präsentation in der Moderne der Schweriner Sammlung, die das deutschlandweit größte Ensemble Ueckers beherbergt.

Förderer dieser Erwerbung:
Kulturstiftung der Länder, Verein der Freunde des Staatlichen Museums Schwerin e.V.

 

Unter Schwestern

Georg David Matthieu, Bildnis der Magdalena Charlotte Stegemann geb. Olthoff als Vestalin, mit ihrer Tochter Anna Magdalene (li.), Bildnis der Anna Regina Olthoff als Bacchantin (re.), 1762/63, je 152 × 115 cm; Stralsund Museum © Hansestadt Stralsund/Stralsund Museum / Foto: Nils Kinder
Georg David Matthieu, Bildnis der Magdalena Charlotte Stegemann geb. Olthoff als Vestalin, mit ihrer Tochter Anna Magdalene (li.), Bildnis der Anna Regina Olthoff als Bacchantin (re.), 1762/63, je 152 × 115 cm; Stralsund Museum © Hansestadt Stralsund/Stralsund Museum / Foto: Nils Kinder

Georg David Matthieu, Bildnis der Magdalena Charlotte Stegemann geb. Olthoff als Vestalin, mit ihrer Tochter Anna Magdalene (li.), Bildnis der Anna Regina Olthoff als Bacchantin (re.), 1762/63, je 152 × 115 cm; Stralsund Museum

Im reizvollen Gegensatz porträtiert, sind die Schwestern einander dennoch zugewandt: 1762 inszenierte der aus Berlin stammende Georg David Matthieu (1737–1778) Magdalena Charlotte Stegemann (geb. Olthoff) und ihre jüngere Schwester Anna Regina Olthoff als Pendants in präch­tiger allegorisch-mythologischer ­Kostümierung. Die bereits verheiratete Schwester Magdalena Charlotte stellte er nebst Tochter als Vestalin dar. Wie eine der Opferpriesterinnen der römischen Göttin Vesta hütet sie das Feuer, das in einem reichverzierten Altar lodert – eine allegorische Anspielung auf die häusliche Mutterrolle. Die jüngere Anna Regina dagegen tritt als lebenslustige Bacchantin auf: In einem schimmernden Seidenkleid mit Pantherfellapplikation lehnt sie an einem Podest, auf dem üppige Weintrauben und ein goldener Weinpokal glänzen. In ihrer Rechten hält sie ein Tamburin, der Putto am vorderen linken Bildrand scheint ihrer Tanzaufforderung nach­zukommen. Matthieu betonte in seiner Darstellung der jüngeren, noch unverheirateten Schwester den verspielten Gegensatz zur Älteren: Als Bacchantin – eine Anhängerin des Weingottes Bacchus – verbildlicht sie das heitere Temperament der Junggesellin. Die im Auftrag des Bruders entstandenen sogenannten portraits historiés der Schwestern – Adolf Friedrich von Olthoff (1718 –1793) leitete zu jener Zeit als Oberregierungsrat und einflussreicher Unternehmer die Geschicke der Stadt Stralsund – demonstrieren den Beginn von Matthieus Tätigkeit als Auftragsmaler und lassen den franzö­sischen Stil des Berliner Rokokos erkennen. Aus dem Besitz Olthoff’scher Nachkommen gelangten die Gemälde nun in das Stralsund-Museum, wo sie in ihren vergoldeten Rocaille-Rahmen ein Stück Stralsunder Geschichte erzählen.

Förderer dieser Erwerbung:
Kultur­stiftung der Länder, Land Mecklenburg-Vorpommern, Ernst von Siemens Kunststiftung

 

Glückliche Heimkehr

Elfenbeinkästchen, 14. Jh., Frankreich, 6,6 × 22 × 11 cm; Stiftung Schloss Friedenstein Gotha © Stiftung Schloss Friedenstein Gotha / Foto: Lutz Ebhardt
Elfenbeinkästchen, 14. Jh., Frankreich, 6,6 × 22 × 11 cm; Stiftung Schloss Friedenstein Gotha © Stiftung Schloss Friedenstein Gotha / Foto: Lutz Ebhardt

Szenen aus Ritterromanen und christ­liche Motive wie die Anbetung der Heiligen Drei Könige zieren Deckel und Seitenwände dieses gotischen Schmuckstücks: Im Frankreich des 14. Jahrhunderts von einem unbekannten Meister aus edlem Elfenbein gefertigt, war die kostbare Kassette vermutlich einst das Geschenk eines verliebten Bräutigams an seine auserwählte Herzensdame. Das wertvolle Minnekästchen bereicherte seit den 1920er Jahren die Sammlung des Gothaer Museums auf Schloss Friedenstein, ehe es in den Wirren der Nachkriegszeit 1945/46 – wie zahlreiche andere Gothaer Kunstschätze – verschwand. Ob durch russische Besatzungskräfte verkauft oder mithilfe ame­rikanischer Militärs in Richtung Westen transportiert und dort veräußert: Auf bisher ungeklärte Weise strandete das zierliche Objekt im westdeutschen Kunsthandel und wurde dort 1957 vom Aachener Sammler Franz Monheim in gutem Glauben erworben. Durch die Schenkung seiner Tochter Irene und ihres Mannes Peter Ludwig gelangte das reich verzierte Kästchen schließlich 1977 als herausragendes Zeugnis spätmittel­alterlichen Kunsthandwerks in die Sammlung des Suermondt-Ludwig-­Museums. Als das Aachener Museum von der Vorgeschichte der Kassette erfuhr, reagierte es sofort und übergab das nur 6,6 × 22 × 11 cm große Objekt 2001 als Dauerleihgabe nach Gotha. Doch dabei sollte es nicht bleiben: Ungeachtet der bislang ungeklärten Umstände folgte 2014 der einstimmige Beschluss der Direktion des Suermondt-Ludwig-Museums und des Aachener Stadtrats, die Schatulle an die Stiftung Schloss Friedenstein zurückzugeben.

Sich mit der Geschichte der eigenen Sammlung auseinanderzusetzen und gewonnene Ergebnisse zu vernetzen: Die beiden Museen in Aachen und Gotha demonstrieren auf vorbildliche Weise, welche fruchtbaren Wege die systematische Erforschung von Sammlungsbeständen nehmen kann. So veröffentlichten sowohl das Suermondt-Ludwig-Museum als auch die Stiftung Schloss Friedenstein Dokumentationen ihrer jeweiligen Sammlungsverluste und gelangten auf diesem Wege nicht nur zu wichtigen Erkenntnissen über den Verbleib verschollen geglaubter Kunstwerke, sondern schufen darüber hinaus Grundlagen für manche Rückführung. Dass sich der Fokus jedoch nicht nur auf die eigenen Verluste richten muss, hat nun das Aachener Museum mit seiner großzügigen Geste gezeigt: Von seiner moralischen Verpflichtung überzeugt, trennte es sich nach rund 40 Jahren vom elfen­beinernen Kästchen und ermöglichte so seine glückliche und endgültige Rückkehr in die Gothaer Heimat.

 

„Mit einem überall zerrissenen Herzen“

Ludwig van Beethoven, Brief an Maria Eleonora Gräfin Fuchs, Wien, Januar 1813, 21 × 12,3 cm; Beethoven-Haus Bonn © Beethoven-Haus Bonn
Ludwig van Beethoven, Brief an Maria Eleonora Gräfin Fuchs, Wien, Januar 1813, 21 × 12,3 cm; Beethoven-Haus Bonn © Beethoven-Haus Bonn

Nagende materielle Ängste, sein stetig nachlassendes Hörvermögen, die Tuberkuloseerkrankung seines Bruders Kaspar Karl und eine Schaffenskrise: nicht die beste Zeit in Ludwig van Beethovens Leben. Mit seinem „überall zerrissenen Herzen“, voll Kummer und Scham ob seines desolaten Gemüts- und Finanzzustands schreibt er Anfang des Jahres 1813 an Maria Eleonora Gräfin Fuchs, geborene von Gallenberg (1786 –1842), um eine Einladung auszuschlagen. Vertrauensvoll und ungeschönt berichtet der berühmte Komponist der Gräfin seine Befürchtungen und die prekären Umstände seines Lebens. Nach dem Tod seines Förderers Ferdinand Fürst Kinsky im vorangegangen Jahr war Beethoven – obschon im Zenit seiner Berühmtheit angekommen – darauf angewiesen, sein Auskommen mit Gelegenheitswerken zu bestreiten: Kompositorisch weniger herausfordernde Stücke, die vor allem patriotischen Zwecken dienten, sowie die Überarbeitung von Volksliedern für einen Verleger in Edinburgh zur Sicherung seines Broterwerbs ließen wenig kreativen Freiraum. Aus Geldnot müsse er dringend etwas erarbeiten, bedauert der Komponist und ergänzt, er sei momentan sowieso nicht aufgelegt, unter Menschen zu sein. Die Adressatin Gräfin Fuchs war mit Giulietta Guiccardi (1782 –1856) verschwägert, in die sich Beethoven rund elf Jahre zuvor verliebt hatte – eine Verbindung, die ihm damals über eine ähnliche Krise hinweghalf.

Der Brief, in dem Beethoven in ehrlichen Worten seine Befürchtungen und die prekären Umstände formuliert, wie die Sorge „vor Hunger um[zu]kommen“, ist ein ergreifendes Zeugnis jener Lebensphase, in der sich, aus der Krise heraus, die Charakteristika von Beethovens Spätwerk zu formieren beginnen. Aus dem Jahr 1813 ist nur eine Handvoll Briefe des großen Komponisten erhalten geblieben. Unter ihnen sticht das jüngst durch das Beethoven-Haus erworbene Schriftstück besonders hervor: Kaum einer der Briefe birgt vergleichbar Emotionales, lässt derart tief in die Seele des musikalischen Genies blicken. Die Autographen gelten in der Forschung um Beethoven als intime Zeugnisse seines Lebens, seines Charakters und seiner Arbeitsweise. Über 700 Beethoven-Briefe – jeder für sich eine aufschlussreiche biographische Quelle – umfasst die Sammlung des Beethoven-Hauses in Bonn. Die persönliche Nachricht Beethovens gesellt sich dort unter anderem zu ebenfalls durch die Kulturstiftung der Länder geförderten Autographen Beethovens, wie den berühmten Diabelli-Variationen oder einem Brief an den Grafen Brunsvik.

 

Förderer dieser Erwerbung:
Kulturstiftung der Länder, Beauftragte der Bundes­regierung für Kultur und Medien, Land Nordrhein-Westfalen

 

Außenflügel

Spätgotischer Hochaltar, um 1510/20, Höhe ca. 7 m; Gertrudiskirche Saalfeld-Graba © TLDA / Foto: Werner Streitberger
Spätgotischer Hochaltar, um 1510/20, Höhe ca. 7 m; Gertrudiskirche Saalfeld-Graba © TLDA / Foto: Werner Streitberger

Die Außentafeln des Altars in der Gertrudiskirche in Saalfeld-Graba haben eine bewegte Geschichte: 1510/20 gestiftet, wurden sie 1773 demontiert und auf dem Dachboden der Kirche eingelagert, 1866 an das Haus Sachsen-Meiningen veräußert, 1939 als Leihgabe der Familie nach Graba zurückgegeben, 1945/49 enteignet, 2008 restituiert und der Kirche zum Nießbrauch überlassen, 2015 dann endgültig für die Kirche zurückerworben.

Durch die von der Kulturstiftung der Länder moderierten Verhandlungen zwischen der Erbengemeinschaft und der Evangelischen Kirche Thüringen können die beiden eindrucksvollen Flügel dauerhaft an dem Ort verbleiben, für den sie einst geschaffen wurden: Ihr Stifter, der Saalfelder Abt Georg von Thuna, hatte mit dem spätgotischen Chor auch das architektonische Gehäuse für den Hochaltar schaffen lassen. Die beiden Flügel flankieren den Mittelschrein mit der Kirchenpatronin Gertrudis und den Heiligen Benedikt und Anno. Sie zeigen im geöffneten Zustand vier reich vergoldete Skulpturen: die Heiligen Sebastian und Jakobus sowie Katharina und Barbara – Märtyrer also und Symbolfiguren des standhaften Glaubens. Im geschlossenen Zustand sah die Gemeinde die Darstellungen der Marienkrönung sowie die Gregorsmesse, bei der dem zelebrierenden Papst der leibhaftige Christus als Schmerzensmann erschien.

Förderer dieser Erwerbung:
Kulturstiftung der Länder, Evangelische Kirche in Mitteldeutschland, Freistaat Thüringen, private Spenden