Faszination Stadt. Die Urbanisierung Europas im Mittelalter und das Magdeburger Recht
Die Ausstellung „Faszination Stadt“ im Kulturhistorischen Museum Magdeburg reflektiert die Entwicklung der Städte im Mittelalter und die Faszination, die städtisches Leben damals ausübte. Ausgehend von Magdeburg verbreitete sich mit dem Magdeburger Recht eine Rechtsform in Mittel- und Osteuropa, die den Status der Städte festigte, das Leben der Stadtbewohner regelte und zahlreiche Menschen in die Städte zog. Städte in elf verschiedenen heutigen Staaten, darunter Krakau, Breslau, Danzig, Leipzig, Dresden und Vilnius orientierten sich am Magdeburger Recht und an den Ratschlägen des Magdeburger Schöffenstuhls.
Die Ausstellung zeigt erstmals gemeinsam an einem Ort versammelte Exponate aus Mittel- und Osteuropa, die einen historischen Einblick in die Entwicklung der Städte mit der Anwendung des Magdeburger Rechts geben. Unter den Exponaten sind beispielsweise das Zepter (Anfang 16. Jh.) und der Siegelring (1590) des Krakauer Bürgermeisters und das Abzeichen der Breslauer Ratswache (um 1540). Das Hochmittelalter war geprägt von einer Welle von Stadtgründungen und –Erneuerungen. In den Städten prallten verschiedene Interessen auf engstem Raum aufeinander, das Stadtrecht half, diese Konflikte zu lösen. Nachdem das Magdeburger Recht sich bewährt hatte, wurde es von anderen Siedlungen übernommen und weitergegeben.
Über 250 Exponate, darunter kostbare Gemälde, Siegel, Münzen und Textilien, veranschaulichen Innovationen, die erst durch das Stadtrecht und die damit entstandene neue Gesellschaftsschicht – das Bürgertum – möglich wurden. Durch das Recht stand den Bürgern der Status „frei“ zu, sie schlossen sich zu Stadtgemeinden zusammen, bestimmten Bürgermeister, Rat und Schöffen und somit die Geschicke ihrer Stadt selbst. Das Magdeburger Recht schuf die wichtigsten Voraussetzungen für einen aufblühenden Handel und die Bildung von Vermögen. Reiche Bürger griffen zu Formen der Selbstdarstellung wie Wappenschilde, bürgerliche Turniere und repräsentative Häuser und förderten somit die Wirtschaft, Architektur und das Kunsthandwerk der Stadt. So finden sich in der Ausstellung ein farbenprächtiges Passionsgemälde aus der Pfarrkirche St. Jakob im polnischen Toruń oder ein von der Danziger Kaufmannsgilde gestiftetes Reliquiar der Hl. Barbara von 1490.
In „Faszination Stadt“ werden erstmals seit 25 Jahren und zum zweiten Mal überhaupt vier Manuskripte des bedeutendsten Rechtsbuch des Mittelalters – dem Sachsenspiegel – gemeinsam gezeigt. Gezeigt werden vier Bilderhandschriften, die ansonsten in Bibliotheken in Dresden, Heidelberg, Oldenburg und Wolfenbüttel aufbewahrt werden. Mit zahlreichen Darstellungen und Bezügen zum Rechts- und Alltagsleben der Menschen im Mittelalter versehen, zählt der aus diesen vier Büchern bestehende Sachsenspiegel zu den bekanntesten erhaltenen Exemplaren. Mit der Verbreitung des Magdeburger Rechts nach Mittel- und Osteuropa wurde auch der Sachsenspiegel weitergetragen. Er enthält das in der Region um den Harz geltende Recht, aufgezeichnet von Eike von Repgow (zwischen 1180-1190 – nach 1233) in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Das Rechtsbuch wurde weit verbreitet, fast 500 Exemplare und Fragmente sind bis heute entdeckt worden.
Weitere Förderer: Land Sachsen-Anhalt, Ostdeutsche Sparkassenstiftung gemeinsam mit der Stadtparkasse Magdeburg, Ernst von Siemens Kunststiftung, Kloster Bergesche Stiftung, Lotto Sachsen-Anhalt