Von Glück für Bonn und Hilfe für Köln
Liebe Leserin, lieber Leser,
wenn Musik „höhere Offenbarung“ ist „als alle Weisheit und Philosophie“, wie Beethoven meinte, dann erlauben Notenhandschriften wie kaum etwas anderes den Blick hinter solche Offenbarungen: Entwerfend, verwerfend zeigt die Handschrift der Komponisten die Dramen des Denkens, das Hören nach innen – und schließlich die vollendete Idee. Noten und Kleckse, Bemerkungen und Streichungen – man vermeint, gleichsam dabeigewesen zu sein, als Musik entstand, dem Komponisten noch immer über die Schulter zu schauen, wenn er mit sich und der Kunst zu ringen scheint. Immer wieder habe ich es im Bonner Beethoven-Haus erlebt, wie tief bewegt Musiker aus aller Welt doch sind, wenn sie nach Jahren oder Jahrzehnten der Auseinandersetzung mit einem Stück oder einem Komponisten vor dessen Originalhandschriften stehen und in diesen blättern dürfen. Ungeachtet der so wichtigen musikwissenschaftlichen Einblicke in die Werkgenese, die solche Manuskripte bieten – einen Musiker (und nicht nur ihn) kann ein Autograph von Bach, Mozart oder Beethoven berühren und beglücken wie andere eine Zeichnung Michelangelos. Und so freut es mich besonders, dass wir Ihnen in der Frühlingsausgabe von Arsprototo einen großen Erfolg vermelden können, der auch Anlass für unseren Themenschwerpunkt ist: Dank einer beispiellosen Unterstützung durch Privatpersonen, durch Stadt, Land und Bund, durch Stiftungen, Banken, die Industrie und zahlreiche international bekannte Musiker ist es gelungen, das weltweit wichtigste noch in Privatbesitz befindliche Autograph Beethovens zu erwerben: die „Diabelli-Variationen“. Und mit dem Beethoven-Haus in Bonn gelangt diese Handschrift nun in eine Institution, die sich seit Jahrzehnten um die systematische Erschließung und Veröffentlichung von Werken des Komponisten bemüht – mit dem „digitalen Beethoven-Haus“ auf vorbildliche Weise auch für viele Benutzer. Wer den Wert der Autographen für das kulturelle Gedächtnis unseres Landes kennt, der weiß, wie ungeheuerlich die Katastrophe ist, die nur wenige Kilometer rheinabwärts entfernt die Stadt Köln getroffen hat. Nach dem ersten Schock über die zu beklagenden Menschenleben wurde langsam klar, was hier mit dem Einsturz des Stadtarchivs noch zugrundegegangen ist: jahrhundertealte Unikate, die nirgends auf der Welt mehr zu ersetzen sind; weit schlimmer als der Brand der Herzogin Anna Amalia Bibliothek, so hat deren Leiter selbst bekannt. Die Kulturstiftung der Länder hat noch am Abend des Einsturzes Soforthilfe zugesagt, und auch ein Mitglied unseres Kuratoriums hat sich entschlossen, die Riesenaufgabe der Restaurierung des Geborgenen mit zu unterstützen. Nun möchten wir auch Sie, liebe Leserinnen und Leser, herzlich um Ihre Hilfe bitten. Mir bleibt, Ihnen und Ihren Familien einen schönen Frühlingsanfang und eine ebensolche Osterzeit zu wünschen – und Ihnen in diesem Heft ab Seite 52 Cathrin Elss-Seringhaus’ Reise durch das Saarland zu empfehlen, das Land, das wir in dieser Ausgabe porträtieren möchten.
Ihre Isabel Pfeiffer-Poensgen