Welten auf Papier

Liebe Leserin, lieber Leser,

dass ein Museum seinen Namen ändert, dafür braucht es triftige Gründe. Noch dazu, wenn es sich um eine Institution mit einem solchen Namensträger handelt wie im Fall des Wilhelm-Busch-Museums in Hannover. Kaum ein zweiter Künstler ist im kollektiven humoristischen Gedächtnis der Deutschen so verwurzelt wie der Schöpfer der „Frommen Helene“, von „Max und Moritz“ und der „Witwe Bolte“. Doch längst hat das Haus mit idyllischer Lage im Georgengarten mehr zu bieten als seine einzigartige Wilhelm-Busch-Kollektion: Mit zahlreichen Erwerbungen wie etwa einer Auswahl wichtiger Arbeiten von Erich Sokol oder dem Nachlass des kongenialen F. K. Waechter ist das Haus längst zum „Deutschen Museum für Karikatur und Zeichenkunst“ geworden, als welches es nun firmiert – allerdings nicht ohne „Wilhelm Busch“ als Zusatz in seinem Schriftzug zu belassen. Mit seinem jüngsten Coup nun weist das Haus über die Grenzen der deutschsprachigen Länder hinaus: Der Vorlass des großen britischen Zeichners und Karikaturisten Ronald Searle kommt nach Hannover. So sehr waren der über neunzigjährige Künstler und seine Ehefrau – seit Jahren in einem Dorf in Südfrankreich lebend – von dem Museum angetan, dass sie diesem den Vorzug etwa vor britischen Museen gaben.

Ein weiterer, auch für die Kulturstiftung der Länder ungewöhnlicher Fall von Internationalität tat sich mit dem Angebot eines römischen Kunsthändlers auf, der etwas Spektakuläres offerierte: vier Panoramen Roms, gezeichnet von zwei französischen, einem englischen und einem deutschen Künstler, darunter das größte Blatt mit einer Länge von 2,30 Metern! Minutiös schildern sie die Topographie der Ewigen Stadt zur Goethezeit, als Künstler aus aller Welt nach Italien strömten, sich dort ausbilden ließen, an der Antike schulten – und mitunter für immer dort blieben. Kein Wunder, dass die Casa di Goethe, das deutsche Museum in Rom, diese Blätter gerne erwerben wollte: Wie ein frühes Google Earth erlauben sie einmalige Einblicke in Vergangenes und laden zum Vergleich mit Gegenwärtigem ein. Denn die römische Silhouette hat sich seitdem weniger verändert als man annehmen mag.

Schließlich rundet ein wahrer Buchkünstler das Titelthema „Zeichenkunst“ unserer Frühjahrsausgabe von Arsprototo ab: Otto Rohse, dessen Werkarchiv das Mainzer Gutenberg-Museum nun für seine Sammlung sichern konnte. Rohses Kupferstiche kennen viele – ihren Schöpfer, den Hamburger Graphiker, Typographen und Pressendrucker, dagegen nur wenige. Über vier Jahrzehnte gestaltete der Künstler zahlreiche Briefmarken für die Deutsche Post. Doch nicht nur das: Was die „Otto Rohse Presse“ seit 1962 an Büchern publizierte, gehört zweifelsohne zu den größten bibliophilen Kostbarkeiten der deutschen Nachkriegszeit. Kaum jemand hat die Möglichkeiten der höchsten Druckkunst derart ausgereizt wie Rohse – so freut sich das Mainzer Gutenberg-Museum als „Weltmuseum der Druckkunst“ zu recht über diese Bereicherung seines Hauses.
In unserer neuen Künstler-Serie besuchen wir Bayern und stellen den Impressionisten Heinrich von Zügel vor, der mit seiner Freilichtmalerei um 1900 einen wahren Boom ausgelöst und eine ganze „Zügel-Schule“ begründet hat.

Mir bleibt, Ihnen einen schönen Frühlingsanfang zu wünschen und Sie – wie immer – ganz herzlich um Spenden für unsere Restaurierungsaufrufe zu bitten. Es ist und bleibt für die Bewahrung unseres kulturellen Erbes viel zu tun! Helfen Sie bitte mit.

Ihre Isabel Pfeiffer-Poensgen