„Doch lächle nur!“
„Cousine der Venus von Milo“ schwärmte Heinrich Heine über sie, Georg Wilhelm Friedrich Hegel schickte Pralinen in ihre Theaterloge, Alexander von Humboldt lag der jungen Frau zu Füßen: Friederike Robert geb. Braun (1795–1832) – sie gilt als die schönste Schwäbin ihrer Zeit – verzauberte zahlreiche Geistesgrößen in den Berliner Salons des Biedermeier. Doch den erfreulichen Jahren Friederike Roberts in Berlin waren düstere vorangegangen: Hatte der Vater ihr noch eine für die damalige Zeit ungewöhnlich gute Schulbildung ermöglicht, gab er Friederike trotzdem 17-jährig dem italienischen Schmuckhändler Giambattista Primavesi zur Frau, mit dem sie die folgenden Jahre auf Jahrmärkten gastieren musste. Als die Geschäfte immer schlechter liefen, soll der skrupellose Primavesi schließlich sogar seine Gattin Friederike zur Prostitution gezwungen haben. Aus den Fängen des Zuhälter-Ehemannes kaufte die verzweifelte Friederike schließlich ihr zukünftiger, zweiter Mann frei, der Schriftsteller und Journalist Ludwig Robert, Bruder der romantischen Schriftstellerin Rahel Varnhagen, die viele Jahre einen berühmten Salon in Berlin führte. Nach der Eheschließung 1822 zog das Paar 1824 nach Berlin, Friederike Robert avancierte innerhalb weniger Wochen zur vielverehrten Protagonistin im gesellschaftlichen Leben der Metropole, über die Heinrich Heine in dieser Zeit schreibt: „Berlin ist gar keine Stadt, sondern Berlin gibt bloß den Ort dazu her, wo sich eine Menge Menschen, und zwar darunter viele Menschen von Geist, versammeln, denen der Ort ganz gleichgültig ist.“
Über die alle begeisternde „Rike“ schreibt der junge Dichter: „Sie vereinigt in sich die Jokaste und die Julia, das Antikste und das Modernste!“ Und schwärmt: „Madame, Sie sind die Schönste aller Frauen!“ Der Student widmet der Angehimmelten 1923 den „Sonettenkranz an Friederike Robert, geb. Braun“ und übersendet im Mai 1824 eine eigenhändige Reinschrift des Gedichts in sorgfältiger Schönschrift. Das aus drei Sonetten bestehende Gedicht veröffentlichte Heinrich Heine (1797–1856) in einer überarbeiteten Version erst 12 Jahre später unter dem Titel „Friedrike“ in seinen „Neuen Gedichten“. 1865 wird der Urtext des Gedichts nach der Reinschrift veröffentlicht, in dem Heine Friederike im Unterschied zu der von ihm veröffentlichten Version noch mit christlicher Metaphorik besingt: „… Doch lächle nur! Denn wenn du lächelst, greifen / Die Engel droben nach der Harf, und singen / Des Halleluja dröhnenden Choral.“
Die kostbare Handschrift war 1955 in einer Berliner Auktion wieder aufgetaucht, dann allerdings für Jahrzehnte, unzugänglich für die Heine-Forschung, in anonymem Privatbesitz verschwunden. Nun konnte das Düsseldorfer Heinrich-Heine-Institut das seltene Manuskript auf einer Berliner Auktion ersteigern. Die Kulturstiftung der Länder und die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien unterstützten den Ankauf.
Damit kommt ein einmaliges biographisches Dokument aus der Frühzeit des Schaffens Heinrich Heines in das Archiv der Forschungseinrichtung, die die weltweit umfangreichste Sammlung an schriftlichen Zeugnissen des „letzten Dichters der Romantik“ bewahrt. Die Handschrift schließt nicht nur eine Lücke in der historisch-kritischen Werkedition, sondern illustriert mit ihren zahlreichen Anspielungen auf Personen, Moden und Geistesströmungen Heines enge Verbindungen zum Varnhagen-Kreis und seine enge Verflechtung mit den Protagonisten der jüdischen Kultur, mit der jüdischen Aufklärung und Assimilation.