Die Sammlung Prinzhorn

Das Leben des Schweizers Adolf Wölfli (1864–1930) begann nicht eben glücklich: Aufgewachsen in bitterer Armut, fristete er später als Bauernknecht ein hartes Dasein. Nachdem er eine Haftstrafe wegen versuchter Vergewaltigung abgesessen hatte, wies man ihn nach einem Rückfall schließlich mit der Diagnose Schizo­phrenie im Jahr 1895 in die Irren­anstalt Waldau ein. Dort begann Adolf Wölfli im Jahr 1899 zu zeichnen und zu schreiben. Mit den wenigen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln – meist hatte er nur Blei­stifte zur Hand – kreierte Wölfli in seinem Werk außergewöhnliche Bild­welten: Er schuf fantastisch-figürliche Darstellungen fiktiver autobiographischer Bege­ben­heiten, umrahmt von orna­mentalen, netzwerkartigen Strukturen von hoher zeich­nerischer Dichte.

Zwei besonders rare Werke Wölflis aus dem Frühwerk – „Ramonion=Schlange und Wigger“ (1904) und „Braut-Ring“ (1905, beide 75 x 100 cm) – befanden sich bereits seit 2004 als Dauerleihgaben in der Sammlung Prinzhorn in Heidelberg und konnten nun vom Heidelberger Museum mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, der Ernst von Siemens Kunststiftung, der Stadt Heidelberg, der Manfred Lauten­schläger Stiftung sowie von Dr. Dr. h.c. Manfred Fuchs aus Mann­heim dauerhaft für die Sammlung gesichert werden. Die Sammlung Prinz­horn – benannt nach dem Begründer der Sammlung, dem Arzt und Kunst­historiker Hans Prinzhorn ­(1886–1933) – präsentiert u. a. Zeichnungen, Ge­mälde, Collagen, Textilien, Skulpturen, aber auch eine Fülle unterschiedlicher Texte, die zwischen 1840 und 1930 in deutschsprachigen psychiatrischen Anstalten ent­stan­den sind.

Wölflis Entdeckung als Künstler ist dem Arzt Walter Morgenthaler zu verdanken: Er förderte die künstlerische Begabung seines Patienten, indem er ihn mit Papier und Farbstiften versorgte – was dazu führte, dass Wölflis Zeichnungen fortan viel­farbig erstrahlten. Außerdem widmete Morgenthaler Wölfli 1921 eine Mono­graphie mit dem Titel „Ein Geisteskranker als Künstler“: Damit setzte er Wölfli einem pro­fessionellen Künstler gleich – seinerzeit revolutionär in der psychia­trischen Fach­welt. Wieder­entdeckt von Jean Dubuffet für dessen Idee der „Art Brut“, erlangten Wölflis Wer­ke zunehmend internationale Beachtung. 1972 zeigte Harald Szeemann sie bei der Documenta. Heute gilt Wölfli als einer der bekanntesten Vertreter der „Outsider Art“. Ausstellungen mit seinen Werken fanden u. a. im Kunstmuseum Basel, im Museum Kunstpalast Düsseldorf und dem American Folk Art Museum New York statt.