Olympische Sieger gekürt
Als sich der Premierenvorhang von „Mein Name ist Mensch“ unter tosendem Beifall im Stralsunder Theater zum letzten Mal schloss, fiel die Anspannung von den beteiligten Schülern und alle jubelten. Ihre anfängliche Skepsis war längst dem Gefühl gewichen, gemeinsam Großartiges vollbracht zu haben: Für diesen Glücksmoment trainierten die achtzig Achtklässler der Integrierten Gesamtschule Grünthal ein ganzes Schuljahr – bis zu sieben Stunden täglich wirbelten, sprangen oder schwebten sie über die Bühne und probten mit Tanzprofis aus Brasilien, Portugal und der Türkei für ihr Bühnenstück über die Band „Ton Steine Scherben“. Angeschoben haben das Projekt die Choreographen von Perform[d]ance, die mit ihren Projekten Kinder und Jugendliche in Vorpommern seit langem für die Tanzkunst faszinieren; im Theater Vorpommern und unter den Lehrern der Stralsunder Gesamtschule, die für das kulturelle Experiment großzügig Freiraum im Stundenplan fanden, hatte der Stralsunder Verein tatkräftige Partner für sein Tanztheaterstück. Zusammen verfolgten sie ein Ziel: die Schüler ihrer strukturschwachen Region fernab der kulturellen Zentren Deutschlands für Kultur zu begeistern.
„Mein Name ist Mensch“ ist nur eines von 28 phantasievollen Gewinnerprojekten des bundesweiten Kinder zum Olymp!-Wettbewerbs „Schulen kooperieren mit Kultur“, den die Bildungsinitiative seit 2004 mit Unterstützung der Deutsche Bank Stiftung jährlich auslobt. Seit nunmehr zehn Jahren prämiert die Kulturstiftung der Länder Kooperationen zwischen Schulen und Kulturpartnern und zollt damit Anerkennung: den vielen Künstlern, die sich – häufig ehrenamtlich – für mehr Kunst an Schulen engagieren, den Kultureinrichtungen, die den Kindern und Jugendlichen ihrer Region die Vielfalt der Kultur vermitteln, den Schulleitern und Lehrern, die von den Lerneffekten kultureller Bildung überzeugt sind, sowie den Schülern, die sich in künstlerische Abenteuer stürzen.
Die beigefügte PDF-Dokumentation verzeichnet alle diesjährigen Gewinner in Kurzporträts nach Bundesländern sortiert.
675 Projekte – bei denen insgesamt 31.500 Schüler beteiligt waren – bewarben sich in diesem Jahr um die begehrten Auszeichnungen. Die Auswahl fiel den Experten der Jurys nicht leicht, denn wie in den letzten Wettbewerben war die Qualität der Einsendungen sehr hoch. Am 19. September 2014 wird im Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie der Jubel bei Schülern, Lehrern und Kulturschaffenden groß sein, wenn in Anwesenheit von Schirmherr Bundespräsident Joachim Gauck die Preise in einem Gesamtwert von 34.000 Euro an die Preisträger überreicht werden. Dann steigt noch einmal die Spannung bei der Verkündung des Gewinners des mit 5.000 Euro dotierten Hauptpreises.
Brechts „Dreigroschenoper“ goes Hiphop: Augsburger Schüler reimten, rappten und tanzten im Streetstyle zu ihrer Neuinszenierung „MC Messer“; gestern Hipster, heute Punk: Bremer Schüler plünderten ihre Kleiderschränke, schlüpften in verschiedene Jugendkulturen und inszenierten hochprofessionelle Fotografien, mit denen mittlerweile drei Ausstellungen bestritten wurden; Leerstand künstlerisch bekämpft: Münchner Schüler eroberten ein verwaistes Haus und bespielten die Räume mit eigenen bildnerischen Werken – drei Beispiele von prämierten Projekten, die von vielen Künstlern flankiert wurden, so Architekten, Klangkünstler, Rapper, Choreographen, Breakdancer, Maler und Medienkünstler. Auch engagierten sich erneut viele Kultureinrichtungen wie Archive, Museen, Theater, Kunst- und Musikschulen sowie ein Konzerthaus.
Das erfolgreichste Land ist in dieser Wettbewerbsrunde wie bereits im Vorjahr Nordrhein-Westfalen mit sechs Preisträgern, gefolgt von Bayern und Berlin mit jeweils vier und Baden-Württemberg, Bremen, Hamburg, Hessen sowie Rheinland-Pfalz mit je zwei Gewinnern. Zudem geht je ein Preis nach Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Luxemburg. Vielfältig sind auch die beteiligten Schultypen. Nicht nur Gymnasien haben qualitätsvolle Kulturkooperationen vorzuweisen; ebenso originelle Gewinnerprojekte kommen aus Grund-, Gesamt- und Hauptschulen sowie Förderschulen für Kinder mit körperlicher und geistiger Behinderung. Die Auszeichnungen – für die sich alle allgemeinbildenden Schulen Deutschlands und deutschsprachige Projekte aus dem Ausland bewerben können – werden in den sieben Sparten „Bildende Kunst/Architektur/Kulturgeschichte“, „Musik“, „Musiktheater“, „Film/Fotografie/Neue Medien“, „Tanz“, „Theater“, „Literatur“ jeweils für die Klassen 1-4, 5-9, 10-13 und „altersübergreifend“ mit einem Preisgeld von je 1.000 Euro vergeben. In der mit 2.000 Euro dotierten achten Sektion „Kulturelles Schulprofil“ werden Schulen prämiert, die kulturelle Schwerpunkte fächerübergreifend und dauerhaft im Schulbetrieb integrieren.
Bilanz zu zehn Jahren Wettbewerb und Bildungsinitiative
Als die Kulturstiftung der Länder 2003 ihre Bildungsinitiative Kinder zum Olymp! u. a. mit dem Ziel ins Leben rief, kulturelle Aktivitäten fest im Lehrplan zu verankern, waren schulische Kulturangebote nur spärlich gesät und viele Kulturpolitiker und Institutionen noch nicht von der Relevanz des Themas eingenommen. Heute, da Deutschland beinah flächendeckend Programme zur kulturellen Bildung aufweist, schaut die Bildungsinitiative Kinder zum Olymp! unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Joachim Gauck zurück auf zehn Jahre erfolgreiches Engagement für mehr ästhetische Bildung an Schulen unter dem Motto: Der Zugang zu kultureller Bildung für Kinder und Jugendliche darf kein Hürdenlauf sein.
7.800 Kooperationen, in denen 301.000 Schülerinnen und Schüler in kulturelle und künstlerische Welten eintauchten, 295 ausgezeichnete Kooperationsprojekte, 374.000 Euro ausgeschüttete Preisgelder – eindrucksvolle Zahlen aus zehn Jahren Wettbewerb „Schulen kooperieren mit Kultur“ – Zahlen, die den Enthusiasmus von Künstlern, Lehrern, Eltern für kulturelle Bildung überall in Deutschland beweisen. Mit dem von der Kultusministerkonferenz empfohlenen Schulwettbewerb, der von Beginn an von der Deutsche Bank Stiftung unterstützt wird, würdigt Kinder zum Olymp! das große Engagement aller Beteiligten und spornt Schulen weiter zu nachhaltigen künstlerischen Projekten an, fernab der Angebote einzelner Projekttage.
Kulturelle Bildung wirkt: Das zeigen die vielen Bildungseinrichtungen – von Förderschulen über Hauptschulen bis zu den Gymnasien überall im Land –, die Kooperationen eingingen und Kulturpartnerschaften nicht zur Ausnahmeerscheinung degradieren, sondern zur festen Einrichtung in ihren Lehrplänen machen. Denn die Effekte kultureller Bildung – Begeisterung der Schüler bei der Entdeckung ihrer vielleicht noch unbekannten Talente, ein gesteigertes Selbstbewusstsein, ein besseres Lehrer-Schüler-Verhältnis und ein gestärkter Klassenzusammenhalt – überzeugen oft alle Schulvertreter zu weiteren Projekten. Auch eine
2014 erschienene von der Kulturstiftung der Länder und der Deutsche Bank Stiftung beauftragte Studie zur Wirkung des Wettbewerbs belegt diese Resultate. Die Studie weist u. a. nach, dass die beteiligten Schüler auch später häufiger Kulturangebote nutzen und öfter als Gleichaltrige selbst zu Pinsel, Stift, Instrument oder Kamera greifen: ein Erfolg der Wettbewerbsprojekte, die die Kinder stärker als im üblichen Schulunterricht für Kultur interessieren helfen, sie ihre Kreativität entdecken lassen und zu eigenen künstlerischen Leistungen anspornen (Download der Studie unter: www.kinderzumolymp.de/cms/Aktuelles.aspx).
Ausführliche Informationen zu den Wettbewerbsprojekten bilden das Fundament der Kinder zum Olymp!-Datenbank „Praxisbeispiele“ auf www.kinderzumolymp.de. Über 3.700 Kooperationsprojekte von Preisträgern und Endrundenteilnehmern aus den zehn Wettbewerben bieten Inspiration für alle Interessierten, die selber ein Projekt planen. Die Datenbank dokumentiert den Entstehungsprozess aller Projekte, zeigt Fallstricke bei der Projektdurchführung auf und vermittelt Kontakte zu Künstlern, Kultureinrichtungen und Lehrern.
Gipfeltreffen kultureller Bildung sind die Kinder zum Olymp!-Kongresse. Über 3.000 Protagonisten der kulturellen Bildung – Lehrer, Macher aus den Museen, Theatern und Orchestern, aber auch Vertreter aus Bildungsministerien, Schul- und Kulturverwaltungen – trafen sich bisher in Leipzig, Hamburg, Saarbrücken, München, Dessau und Hannover. In Workshops und Symposien diskutierten sie neue kulturelle Bildungskonzepte, trafen sich zum Erfahrungsaustausch, ließen sich zu neuen Projektideen inspirieren und verbreiteten anschließend das Signal für mehr kulturelle Bildung in ihren Regionen. Maßgebliche Unterstützer dieser Veranstaltungen sind die PwC-Stiftung Jugend-Bildung-Kultur, die Bundeszentrale für politische Bildung und die Kulturstiftung des Bundes.
Weitere Informationen zu den Preisträgern erhalten Sie bei:
Dr. Margarete Schweizer, Projektleiterin Kinder zum Olymp!, E-Mail: ms@kulturstiftung.de, Telefon 030-893635-17; Alle Preisträger im Überblick und weiterführende Informationen zur Bildungsinitiative finden Sie unter: www.kinderzumolymp.de.