Hilfe für Köln

Hilfe für wertvolles Kulturgut: Ein Jahr nach dem tragischen Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln läuft damit eine großangelegte Restaurierungsinitiative der Kulturstiftung der Länder mit einem benötigten Gesamtvolumen von zunächst 1 Million Euro an.

Mit großer Bestürzung reagierten im März 2009 nicht nur Kulturinteressierte in aller Welt auf den tragischen Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln. Man befürchtete, dass ein großer Teil des wertvollen Archivguts – das kulturelle Gedächtnis der Stadt Köln – unrettbar im Krater der Einsturzstelle verlorenging. Ein Jahr nach dem Unglück und nach einer monatelangen konzertierten Rettungs- und Bergungsaktion vieler beteiligter Institutionen, professioneller Helfer und zahlloser Freiwilliger aus ganz Deutschland steht fest: Ein großer Teil – etwa 85 Prozent – der verschütteten Bestände des bedeutendsten kommunalen Archivs nördlich der Alpen konnte bis jetzt, wenn auch vielfach stark beschädigt, geborgen werden. Der Anblick ist allerdings erschütternd: Risse, Knicke, Quetschungen, Fehlstellen, Staub, massive Verschmutzungen, Wasser­schäden, Schimmel und Mikrobenbefall bedrohen weiterhin die wertvollen Zeug­nisse der europäischen Kultur aus über 1.000 Jahren. Das Historische Archiv beherbergte vor dem Einsturz rund 30 Regalkilometer Archivgut, vom Kölner „Verbundbrief“ von 1396, mit dem sich Köln erstmals eine Verfassung gab, bis hin zu Nachlässen bedeutender Künstler wie beispielsweise des Literatur-Nobelpreis­trägers Heinrich Böll. Die Gesamtkosten für die notwendigen Restaurierungs­arbeiten am beschädigten Kölner Bestand werden momentan auf 300 Millionen Euro geschätzt.

Die Kulturstiftung der Länder hatte bereits unmittelbar nach dem Einsturz im März 2009 eine Soforthilfe von 50.000 Euro bereitgestellt, mit der das Historische Archiv eine Gefriertrocknungmaschine erwerben konnte: Feucht geborgene Archivalien wurden nach ihrer Bergung eingefroren, um weitere Beschädigungen zu stoppen. Die neue Maschine entzieht den Stücken nun das Wasser, anschließend kann die Restaurierung beginnen.

Die Kulturstiftung der Länder will das Historische Archiv der Stadt Köln weiterhin bei der Restaurierung seiner beschädigten Schätze unterstützen. Dazu stellt sie jetzt aus eingeworbenen Drittmitteln 200.000 Euro zur Verfü­gung. Damit beginnt eine großangelegte Restaurierungsinitiative der Kulturstiftung der Länder mit einem benötigten Gesamtvolumen von unge­fähr 1 Million Euro, die sich in den kommenden Monaten einigen der wertvollsten Stücke des Archivs widmet, dem Bestand Wallraf, einer Sammlung kostbarer Handschriften: Ohne die rastlose Sammel­tätigkeit des letzten Rektors der Alten Universität Ferdinand Franz Wallraf († 1824) wäre unser Bild vom historischen Köln unschärfer und seine Überlie­ferung in den Museen, Bibliotheken und Archiven um einiges ärmer. Seine umfang­reiche Samm­lung aus den säkularisierten Klöstern Kölns bildet den Kern der kost­baren Hand­schriften­sammlung des Historischen Archivs. Karolingische und otto­nische Codices sind ebenso darunter wie mit zahlreichen Miniaturen versehene und goldverzierte spätmittel­alterliche Stundenbücher. National wertvolles Kulturgut wie das vor 1000 entstan­dene Evangeliar aus St. Gereon gehört dazu, dessen Miniaturen die Porträts von Otto III., seiner Mutter Kaiserin Theophanu und von Adelheid – der Gemahlin Kaiser Ottos des Großen – überliefern. Weltliche Handschriften befin­den sich ebenso in dem Bestand wie ein bebilderter Codex mit Gottfried von Straßburgs „Tristan und Isolde“ (frühes 14. Jh.) oder diverse Arzneibücher. Genau­so aber ein romanischer Speculum virginum – ein „Spiegel der Jungfrauen“, der in Wort und Bild Begründungen und Rechtfertigungen des jungfräulichen Lebens im Kloster lieferte, oder eine rare Sammlung päpstlicher Schreiben aus dem 13. Jahr­hundert. Der Bestand Wallraf umfasste fast 400 Handschriften, das Archiv besaß insgesamt etwa 1.500 Handschriften­bände aus Pergament und Papier. Die Kulturstiftung der Länder will für die Restau­rierung der zahlreichen Handschriften im Lauf des Jahres 2010 weitere Mittel zur Verfügung stellen.

Die Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder, Isabel Pfeiffer-Poensgen, sagte zum Start der Restaurierungshilfe in Berlin: „Die Restaurierung der beschä­digten Archivbestände ist eine nationale Aufgabe, die das Engagement nach dem Brand der Weimarer Herzogin Anna Amalia Bibliothek bei Weitem übersteigen wird. Ich appelliere an die Ländergemeinschaft, den Bund, die Kommunen, die Kirchen, Stiftungen und an Sponsoren, sich dieser großen Aufgabe gemeinsam und unbürokratisch zu widmen, damit die unwiederbringlichen kulturellen Zeugnisse gerettet werden können.“

Auch der Freundeskreis der Kulturstiftung der Länder und die Adolf Würth GmbH & Co. KG haben in einer Weihnachts­aktion im vergangenen Dezember die Restaurierung wichtiger Urkunden wie beispielsweise des Kölner „Verbundbriefs“ durch Spenden ermöglicht. Weitere Stücke sollen folgen. In der Zeitschrift „Arsprototo“, dem Magazin der Kultur­stiftung der Länder, startet mit der März­ausgabe ein mehrteiliger Spenden­aufruf, um dadurch auch mög­lichst viele private Mäzene und unter­nehmerische Förderer für die Rettung des wertvollen Kulturguts zu gewinnen.