Deutsches Literaturarchiv Marbach erwirbt Archiv des Verlags Philipp Reclam jun.

Dazu Prof. Dr. Frank Druffner, stellvertretender Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder: „Mit dem Erwerb des Reclam-Archivs erweitert das Deutsche Literaturarchiv Marbach seine umfangreiche Sammlung von Verlagsarchiven, die unter anderem Bestände der Verlage Cotta, Insel und Suhrkamp umfasst, um einen weiteren, wichtigen Bestand. Das DLA Marbach ist die deutschlandweit führende Archiveinrichtung für Handschriften, Autoren- und Verlagsbestände und somit der passende Ort, das Verlagsarchiv Reclam aufzubewahren und zu erschließen. Das bislang kaum zugängliche Archiv kann nun erstmals umfassend untersucht werden.“

1828 hatte Anton Philipp Reclam den Verlag in Leipzig gegründet, zunächst noch unter dem Namen „Verlag des Literarischen Museums“. 1837 benannte er den Verlag in „Philipp Reclam jun.“ um. 30 Jahre später, 1867, gründete Reclam die Universal-Bibliothek des Reclam-Verlags, sie zählt heute zu den bekanntesten und ältesten Buchmarken Deutschlands. Mit dem Ankauf erwirbt das DLA Marbach 55.000 Bände der Universal-Bibliothek, die gesamte Produktion von 1867 bis 1963. Die Universal-Bibliothek Reclams prägte die Epoche, die nach dem Auslaufen des Klassikerprivilegs anbrach. Die Klassikerausgaben Reclams, einheitlich in ihrer Gestaltung und im Taschenbuchformat, wurden dank ihres günstigen Preises für nahezu jeden erschwinglich. Der Verlag wurde damit zum Nachfolger der J.G. Cotta’schen Buchhandlung, deren Archiv ebenfalls in Marbach aufbewahrt wird.

Das erworbene Verlagsarchiv umfasst Einzelautographen und Konvolute unter anderem von Otto von Bismarck, Friedrich Gerstäcker, Gerhart Hauptmann, Hugo von Hofmannsthal, Gottfried Keller, Thomas Mann, Ilse Aichinger, Heinrich Böll, Bertolt Brecht, Günter Grass, Hermann Hesse, Erich Kästner und Christa Wolf. Einen Großteil der Sammlung bilden in ihrer Zeit viel gelesene deutsche und österreichische Lyriker, Erzähler, Dramatiker und Unterhaltungsschriftsteller.

Im Zuge der deutschen Teilung spaltete sich der Verlag 1947 auf. Das DLA Marbach erwirbt sowohl die Unterlagen der Stuttgarter Nachkriegsfirma als auch die des Leipziger DDR-Verlags. Zahlreiche prominente DDR-Autorinnen und Autoren veröffentlichten im Reclam-Verlag. Teil des Archivs sind Autographen und Konvolute der DDR-Literatur sowie Briefe von Staats- und Parteivertretern wie Erich Honecker oder Kurt Hager.

Das DLA Marbach erwirbt mit dem Verlagsarchiv auch einen Teilnachlass der Sopranistin Marie Reclam, Schwägerin des Verlagsgründers Anton Philipp Reclam. Sie stand in den 1840er- und 1850er-Jahren in Kontakt mit prominenten Musikern und Komponisten wie Felix Mendelssohn-Bartholdy und Robert Schumann. Im Nachlass befindet sich ein Widmungsexemplar von Robert Schumanns Das Paradies und die Peri (1843) für Marie Reclam und ihr Gästebuch mit zahlreichen handschriftlichen Einträgen.

Weitere Förderer: Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg